Deutliche Kritik üben einige Eltern am städtischen Konzept für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern. Eine solche muss die Stadt ab dem Schuljahr 2026/27 zunächst für Erstklässler und dann sukzessive bis Klasse vier verpflichtend anbieten. Eine Betreuung soll es in Bad Säckingen an der Anton-Leo- und an der Weihermattenschule von Montag bis Donnerstag jeweils acht Stunden lang geben.
Einigen Eltern ist dies zu unflexibel. Sie verlangen ein Betreuungsangebot auch an nur einzelnen Tagen und werfen der Stadt unter anderem mangelnde Wertschätzung für Familien vor. Sie haben im Internet unter www.openpetition.de eine Petition für ein flexibleres Angebot gestartet. Diese wurde bis Donnerstagnachmittag von rund 190 Personen unterzeichnet. Der Bad Säckinger Bürgermeister Alexander Guhl weist die Kritik zurück.

„Es wäre gut gewesen, erst einmal miteinander zu reden, bevor eine Online-Petition gestartet und die Presse eingeschaltet wird“, kommentiert Bürgermeister Alexander Guhl dieses Vorgehen. Einige Eltern seien am Montag wegen eines Gesprächs an ihn herangetreten. Weil er wegen einer Dienstreise derzeit im Rathaus abwesend sei, habe ein Termin erst nach Pfingsten vereinbart werden können.
Die Stadt hatte die Eltern am 20. und 27. Mai auf zwei Informationsabenden über den Stand der Vorbereitungen zur Ganztagsbetreuung informiert. Nicht alle waren mit den Plänen zufrieden. Katrin Maurer und Andreas Richter, deren Kinder gegenwärtig Kindergärten in Bad Säckingen besuchen, initiierten auf www.openpetition.de die Onlinepetition „Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern – flexible Ganztagsbetreuung auch in Bad Säckingen“.
Grundlage ihrer Kritik bildet ein Beschluss des Gemeinderates vom 31. März. Durch diesen sollen die Weihermattenschule und die Anton-Leo-Schule ab dem Schuljahr 2026/2027 als offene Ganztagsgrundschulen an vier Tagen in der Woche montags bis donnerstags für jeweils acht Stunden Betreuung und ein Mittagessen anbieten. Die Petition fordert demgegenüber ein „flexibles Ganztagsmodell, das heißt Ganztagsschule an 3 Schultagen über 7 Stunden (3x7), kombiniert mit flexiblem Hort nach Bedarf“.
„Die Einladungen zu den Infoveranstaltungen über dieses Modell waren sehr kurzfristig. Eltern mancher Kindergärten wurden sogar zu spät, manche gar nicht eingeladen“, erklärt Richter. „Es wäre sehr gut gewesen, wenn die Stadt vor diesen Terminen mit uns Eltern gesprochen hätte, um zu erfahren, welche Bedürfnisse in den Familien bestehen“, stellt Maurer hierzu dar.

Zudem seien bei einer vorangehenden Bedarfsumfrage der Stadt lediglich das vom Gemeinderat beschlossene Modell oder eine Halbtagesbetreuung zu Wahl gestanden. „Es war eine Alibi-Bedarfsumfrage, bei der wir nicht das Gefühl hatten, dass unsere Rückmeldungen von Bedeutung waren. Sie orientierte sich stark an dem von der Stadt vorgeschlagenen Modell – alternativ sollen die Eltern mit einer Halbtagsschule und einer Kernzeitbetreuung zufrieden sein“, kritisiert Richter. „Es gibt Eltern, die Schicht arbeiten, die zur Arbeitsstelle pendeln oder alleinerziehend sind. Ihnen ist mit der angebotenen Zeit für die Ganztagsbetreuung nicht geholfen“, erläutert Maurer.
„Wir wünschen uns, dass die Stadt ihr Modell auf den Prüfstand stellt, mit den Betroffenen spricht und eine neue Bedarfsumfrage durchführt“, erklärt Richter. Weiter fordert er auch ein Mittagessen für Schüler, die lediglich bis zur Kernzeit in der Schule blieben. Darüber hinaus reiche es nicht aus, dass eine Ganztagsbetreuung nur an zwei Grundschulen angeboten werde – hierdurch fehle nach ihrer Ansicht ein wohnortnahes Angebot für Harpolingen, Rippolingen, Wallbach und Obersäckingen.

Guhl weist den Vorwurf zurück, dass die Stadtverwaltung die Eltern bei der Konzipierung zu wenig einbezogen habe. Bereits 2022 sei unter den Eltern eine Umfrage vorgenommen worden, um zu erfahren, welche Form der Betreuung sie sich wünschten. Bei den Gesprächen mit den örtlichen Grundschulen und Kindergärten seien ebenfalls immer die Elternbeiräte einbezogen gewesen.
Bürgermeister Guhl spricht von unterschiedlichen Erwartungen
„Die Erwartungen sind natürlich sehr unterschiedlich“, sagte Guhl im Hinblick auf die Haltung der Elternschaft. Bei der Umfrage 2022 habe die Hälfte der Eltern eine verpflichtende Betreuung gewünscht, die andere Hälfte sie abgelehnt. Eine flexible Betreuung bis zu acht Stunden an vier bis fünf Schultagen hätten 40 Prozent gewünscht, an nur drei Schultagen 23 Prozent, an ein bis zwei Schultagen 26 Prozent. Diesen unterschiedlichen Haltungen versuche das vom Gemeinderat beschlossene Konzept Rechnung zu tragen. „Ich finde das ein sehr großes Angebot“, sagte der Bürgermeister und betonte, er sei zur Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses verpflichtet.
Die Grundschulen in den Stadtteilen seien zu klein für Betreuungsangebote, so Guhl weiter. An den Grundschulen in den Stadtteilen komme die zur Bildung einer Klasse erforderliche Zahl an Grundschülern zusammen, würden diese in Betreute und Unbetreute gesplittet, sagte Guhl. Deshalb könne das freiwillige Betreuungsangebot nur an den beiden großen Grundschulen in der Kernstadt mit ihrer großen Zahl an Grundschülern zuverlässig gemacht werden.