Vor 25 Jahren beschritt der Caritasverband Hochrhein neue Wege. Er übernahm die Geschäftsführung des traditionsreichen Heilpädagogischen Förderzentrums Hochrhein-Hotzenwald des Provinz- und Missionshauses Heilig Kreuz in Altötting.

Doch was genau bedeutet das? Der Caritasverband widmet sich damit einem sozialpädagogischen Betreuungsangebot für Kinder und Jugendliche in Rickenbach, Bad Säckingen, Lauchringen und Bonndorf. Seit 2004 wird die Jugendhilfe unter dem Namen der Pro Juve Caritas Jugendhilfe Hochrhein geführt.

Betreuung für junge Menschen schon seit über 100 Jahren

Das seit 1916 unter dem Namen Haus Marienwald in Rickenbach bestehende Kinderheim wurde bereits 1999 vom damaligen Träger aufgrund fehlender personeller und finanzieller Mittel geschlossen – 32 Kinder mussten in das ebenfalls noch von den Schwestern vom Heiligen Kreuz getragene Kinderheim St. Fridolin in Bad Säckingen umziehen.

Unter der Caritas als neuem Träger blieben in Rickenbach zunächst die Schule für Erziehungshilfe St. Fridolin, eine Tagesgruppe und eine Einrichtung für Mädchen unter dem Namen Haus Sarah erhalten. In Bad Säckingen, Lauchringen und Bonndorf entstanden aus dem bereits 1857 in der Trompeterstadt gegründeten Kinderheim St. Fridolin heraus ein modernes Jugendhilfezentrum mit stationären Angeboten, Tagesgruppen, Erziehungshilfen sowie der Schule St. Fridolin mit sonderpädagogischem Schwerpunkt (SBBZ) – nicht zu vergessen das Inklusionsprojekt des Hotels St. Fridolin.

Martin Riegraf ist Vorsitzender der Caritas Hochrhein in Waldshut-Tiengen.
Martin Riegraf ist Vorsitzender der Caritas Hochrhein in Waldshut-Tiengen. | Bild: Alexander Jaser

Neue Grundlagen für die Jugendarbeit am Hochrhein

Für Martin Riegraf, Geschäftsführer der Pro Juve Caritas Jugendhilfe, war bereits im Jahre 2000 klar, dass die Fürsorge für Kinder und Jugendliche am Hochrhein an den Erfordernissen der Zeit neu ausgerichtet werden müsse. „Wir haben damals gesagt: Wir machen das – aber nicht blind. Vielmehr haben wir uns die damit verbundenen Aufgaben sehr genau angesehen, um die Übernahme der Trägerschaft vorzubereiten.“ So sei es gelungen, die pädagogische Arbeit der Schwestern vom Heiligen Kreuz zu sichern und fortzuschreiben.

Auch aufgrund eindeutiger Vorgaben aus der Politik galt es, an die Stelle des bisherigen überregionalen Versorgungsangebotes ein an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen in den Landkreisen Waldshut und Lörrach orientiertes Angebot zu erarbeiten.

Aufgrund stark rückläufiger Schülerzahlen wurde die Schule für Erziehungshilfe in Rickenbach 2023 geschlossen.
Aufgrund stark rückläufiger Schülerzahlen wurde die Schule für Erziehungshilfe in Rickenbach 2023 geschlossen. | Bild: Alexander Jaser

Konkret bedeutete dies die Entwicklung eines neuen Konzeptes für den Ausbau der Erziehungshilfeschulen mit einer Konzentration auf das Förderzentrum St. Fridolin in Bad Säckingen – bei einer gleichzeitigen Bewahrung von Förderangeboten in Rickenbach. Es gelang, trotz stark rückläufiger Schülerzahlen, die dortige Schule für Erziehungshilfe für lange Zeit zu erhalten. Erst 2023 wechselten die letzten vier Schüler in die Schule St. Fridolin in Bad Säckingen, während die stationäre Betreuung für Mädchen im Haus Sarah bis heute in Rickenbach fortbesteht.

Immer wieder neue Herausforderungen für die Jugendarbeit

„Damit ist der wichtige Wandel von einer überregional orientierten Einrichtung zu einem Anbieter für die Region erfolgreich vollzogen“, erklärt Riegraf gegenüber dem SÜDKURIER. Eine Aufgabe, in die sich Riegraf und seine Mitarbeiter akribisch einarbeiten mussten, „um das Wesen einer stationären Erziehungseinrichtung kennenzulernen. Der Weg zu einer absolut verlässlichen Betreuung und Fürsorge für die jungen Menschen ist sehr lange und es ist ein Prozess, der weiter fortdauert“, ergänzt er.

Pro Juve müsse jederzeit in der Lage sein, auch auf neue Situationen und Aufgaben zu reagieren. Beispielhaft verweist Riegraf hier auf die Einrichtung von Wohngemeinschaften für unbegleitete Jugendliche, die Gründung von ‚Pro Autismus Hochrhein‘ im Jahre 2024 oder die aktuelle Entwicklung bei der Inobhutnahme. „Wir müssen hier auf eine dramatische Situation in der Jugendhilfe reagieren, da zunehmend Kinder akut untergebracht werden müssen.“

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Zugleich habe Pro Juve mit einem systemischen Ansatz eine neue Herangehensweise an die Jugendarbeit gewählt. „Wir dachten von Anfang an über das Kind hinaus durch eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Stellen wie den Jugendämtern. Denn wir wollten genau wissen, in welchen Beziehungsgeflechten und Systemen das einzelne Kind lebt“, führt er weiter aus.

Ziel sei es hier gewesen, die Arbeiten der staatlichen Institutionen und von Pro Juve zum Wohl des Kindes stärker aufeinander abzustimmen. Um so bedeutsamer sei es, dass hier eine sehr partnerschaftliche Zusammenarbeit entstanden sei, durch welche sich die einzelnen Akteure in der Jugendfürsorge „den jeweiligen Aufgaben für die Menschen vor Ort gemeinsam stellen.“

Jugendarbeit bedeutet auch immer Selbstkritik

Eine Verantwortung, die für Riegraf auch immer die Bereitschaft zur Selbstkritik beinhaltet. „Wir fragen uns immer wieder selbst, ob wir den berechtigen Ansprüchen der Menschen gerecht werden und in der Vergangenheit schnell genug gehandelt haben. Wer sich nicht selbstkritisch hinterfragt, sollte die Finger von der Jugendhilfe lassen, denn es ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.“

Um so wichtiger sei es, dass Pro Juve „heute wirtschaftlich in einer guten Verfassung und somit voll handlungsfähig ist“. Eine Tatsache, die nicht zuletzt den rund 100 engagierten Mitarbeitern und ihrem großen Engagement zu danken sei.