Überall wo Menschen leben, werden Grenzlinien gezogen. Sie werden vielfach mit Marksteinen versehen. Der älteste noch gültige Grenzstein Baden-Württembergs, und vermutlich weit darüber hinaus, befindet sich seit mehr als 555 Jahren auf dem Bad Säckinger Hundsberg.

Auf dem dortigen Geländerücken, auf 488 Metern Meereshöhe, steht er seit mindestens 1467 unverändert an seinem angestammten Platz. Er trennte einst drei Hoheitsgebiete voneinander: die der Stadt Säckingen, der Grafschaft Hauenstein und der Herren von Schönau. Jetzt aber, analog dazu, treffen dort die Gemarkungen Säckingen, Harpolingen und Rippolingen aufeinander.

Beim bereits 1467 nachgewiesenen Grenzstein auf dem Hundsberg treffen heute die Gemarkungen Säckingen, Rippolingen und Harpolingen ...
Beim bereits 1467 nachgewiesenen Grenzstein auf dem Hundsberg treffen heute die Gemarkungen Säckingen, Rippolingen und Harpolingen aufeinander. | Bild: Richard Kaiser

Weil das Grenzzeichen im Liegenschaftskataster noch immer seine Daseinsberechtigung hat, ist es der älteste, ununterbrochen gültige Grenzstein weit und breit. Obwohl ein Nachweis über das Jahr der Steinsetzung nicht erbracht werden kann, ist sein beachtliches Alter von mehr als 555 Jahren unumstritten.

Denn seine Existenz wurde authentisch und lagegenau in der Beschreibung über die Grafschaft Hauenstein von 1467 erläutert und in einer Urkunde vom 12. Oktober 1701 aufs Neue bestätigt.

Überaus wertvoll ist diese Abschrift, in der die südwestlichste Teilstrecke des Grenzverlaufs der Grafschaft Hauenstein anno 1467 ...
Überaus wertvoll ist diese Abschrift, in der die südwestlichste Teilstrecke des Grenzverlaufs der Grafschaft Hauenstein anno 1467 erläutert ist. Sie befindet sich im Stadtarchiv Bad Säckingen. | Bild: Richard Kaiser

Das Original der Beschreibung von 1467 ist trotz vielerlei Bemühungen nicht aufzufinden. Eine Abschrift von ihr, wenn auch nur auszugsweise, liegt indessen vor. Sie wird im Stadtarchiv Bad Säckingen aufbewahrt und stammt dem Vernehmen nach aus dem 18. Jahrhundert.

Die Überschrift ist allerdings leicht irreführend, denn es wird in der lediglich ein Blatt umfassenden Abschrift nicht die Grafschaft Hauenstein (der seinerzeitige Zusammenschluss der acht Einungen zwischen Wehra und Schwarza/Schlücht) definiert, sondern der Grenzverlauf der Grafschaft, und dieser auch nur im Abschnitt vom Rhein bei Murg-Rothaus bis oberhalb von Rippolingen.

Dass es zu dieser Abschrift kam, ist nicht verwunderlich, denn der Bann (vormalige Bezeichnung für eine Gemarkung) der Stadt Säckingen grenzte im Nordosten mit einer Länge von rund 700 Metern an das Gebiet der Grafschaft Hauenstein an. Daher interessierte man sich vonseiten der Stadt Säckingen ausschließlich für diesen Abschnitt.

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Die Anfertigung der Abschrift muss als ausgesprochener Glücksfall betrachtet werden, denn in ihr ist der geschichtsträchtige Markstein auf dem Hundsberg erstmals beschrieben. Durch gründliche Untersuchungen in der Örtlichkeit konnte er zweifelsfrei identifiziert werden.

Endgültiger Beweis für das Alter fehlt

Wenn auch der endgültige Beweis über das Alter des Grenzsteins durch eine eingemeißelte Jahreszahl fehlt, so verdeutlicht die Beschreibung dennoch, dass der Stein 1467 vorhanden war. Es hat den Anschein, dass er schon einige Jahre zuvor gesetzt wurde, eventuell 1431.

Denn für das Jahr 1467 selbst spricht nicht allzu viel als Steinsetzungszeitpunkt. Allenfalls die Bestätigung der Rechte der acht Einungen im Dingrodel von 1467. Ob darin Grenzverläufe enthalten sind, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

Auf eine frühe kartografische Darstellung des Hundsbergsteines kann man ebenfalls nicht hoffen, denn die ersten bekannten großmaßstäblichen Karten, in denen er enthalten ist, waren die drei vorderösterreichische Bannpläne von 1778 (für Rippolingen), 1780 (für Säckingen) und 1787 (für Harpolingen). Daher sind, wie auch in diesem Fall, die früher üblichen Grenzbeschreibungen in der Regel die ältesten Nachweise über das Vorhandensein von Marksteinen.

Jahreszahlen erst ab dem 16. Jahrhundert

Obwohl es Marksteine zur Abgrenzung von Hoheitsgebieten bereits im 14. Jahrhundert gab (im Rodel des Immunitätsbezirks Zwing und Bann von St. Blasien aus dem Jahr 1328, der nachgewiesenermaßen die älteste deutsche Grenzbeschreibung enthält, ist ein solcher zwischen dem Farnberg bei Ibach und dem Blößling bei Bernau erwähnt), sind darauf angebrachte Jahreszahlen hierzulande erst ab dem 16. Jahrhundert zu finden.

Auf der Grafschaft-Hauenstein-Seite des Grenzsteines ist ein „M“ (für Markstein) und mit der Zahl 386 die in den 1840er ...
Auf der Grafschaft-Hauenstein-Seite des Grenzsteines ist ein „M“ (für Markstein) und mit der Zahl 386 die in den 1840er Jahren erhaltene fortlaufende Nummer der Säckinger Stadtwaldvermessung zu sehen. | Bild: Richard Kaiser

So trug nach einem Verzeichnis von 1646 ein früher vorhandener Kreuzstein, der die Abgrenzung des Hochgerichtbezirks der Stadt Waldshut aufzeigte, die Jahreszahl 1513. In Untereggingen stieß man auf den tief in der Erde vergrabenden abgeschlagenen Kopf eines ehemaligen Marksteins und war überzeugt, auf ihm die Jahreszahl 1517 zu erkennen. Als offizielles Grenzzeichen steht aber auch er längst nicht mehr an seinem angestammten Platz.

Älteste sichtbare Jahreszahl im Kreis aus 1562

Die älteste sichtbare Jahreszahl auf noch rechtskräftigen Marksteinen im Kreis Waldshut lautet 1562. Diese Steine stehen überwiegend in der Gemarkungsgrenze Waldshut/Gurtweil und Waldshut/Schmitzingen. Sie kennzeichneten vormals die Territorien der Stadt Waldshut und der Herrschaft von Heidegg beziehungsweise der Grafschaft Hauenstein.

Die Grafschaft Hauenstein hatte eine bewurzelte Tanne als Wahrzeichen. Sie wurde stilisiert auf einem Grenzstein mit der Jahreszahl 1562 (Waldshut/Schmitzingen) wahrgenommen. Die Tanne ist bereits in einem Markstein eingemeißelt, den es laut Nachforschungen seit mindestens 1557 gibt.

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Es ist jener Wächter, der die Grenze zur Herrschaft Wehr-Schönau darstellte und heute unweit der Landesstraße von Wehr nach Bergalingen die Gemeindegrenze Wehr/Rickenbach markiert. Er trägt keine Jahreszahl, dafür jedoch das Bild der bewurzelten Hauensteiner Tanne, und auf seiner Gegenseite das Wappen der Herren von Schönau.

Der Stein wurde in der Beschreibung der Wehrer Banngrenze von 1557 erwähnt, und, wie in „Wehr, Geschichte der Stadt“, ausgeführt, bereits lange zuvor gesetzt. Das könnte 1431 gewesen sein (dann wäre das Bildnis der Tanne allerdings frühestens 100 Jahre danach in den Stein eingehauen worden), denn in jenem Jahr wurde auch die Grenze zwischen dem Stadtbann von Säckingen und dem Territorium der Grafschaft Wehr unter Albrecht von Schönau festgelegt.

Vielleicht grenzten sich die Stadt Säckingen und die Grafschaft Wehr ebenfalls 1431 von der Grafschaft Hauenstein ab, und letztere nahm den Grenzverlauf daraufhin in ihre eingangs erwähnter Beschreibung von 1467 auf.

Anfang schmucklos, später folgen Symbole

Der anfangs schmucklose Hundsberg-Grenzstein, von der heimischen Gesteinsart Gneisanatexit, wurde nachträglich mit Symbolen ausgestattet. Und zwar mit dem Säckinger Wappen (dem Sack), das in dieser Form im 17. Jahrhundert immer mehr aufkam; doch vermutlich zuvor, mit dem auf Hauensteiner Seite eingemeißelten Buchstaben „M“ als Zeichen für einen Markstein, wie es sich auf etlichen Säckinger Bannsteinen des 16. Jahrhunderts zeigt.

Dies zur besseren Unterscheidung zu anderem mehr oder weniger großem Gesteinsmaterial, das entlang des Grenzverlaufs aufgeschichtet wurde. Mit einem solchen Steinwall, der teilweise noch gut erhalten ist, war die nordöstliche Stadtgrenze von Säckingen versehen.

Der Steinwall war dem Anschein nach abschnittsweise zugleich Bestandteil der alten Verteidigungslinie, die im 17. Jahrhundert errichtet beziehungsweise erneuert wurde und sich von Murg-Rothaus bis Daxlanden bei Karlsruhe hinzog.

Er wurde jedoch bereits lange zuvor als Befestigungsmauer zum Schutz vor eindringenden Feinden angelegt, wie einige Historiker berichten. Dies unterstreicht gleichermaßen die Grenzbeschreibung von 1467, in der mehrmals die „Linia“ erwähnt ist, in der die Marksteine stehen.

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