Kaufen, entwickeln und das Land rasch innovativen, wertschöpfungsstarken Unternehmen zur Ansiedlung anbieten – so lautet der Plan des Regierungsrats für das Sisslerfeld in Stein. 21,5 Millionen Franken will er für den Erwerb von 67.500 Quadratmetern Land des größten zusammenhängenden Industriegebiets der Nordwestschweiz in die Hand nehmen. Nochmals mit rund sieben Millionen Franken rechnet er für die Erschließung dereinst.
Sofern der Große Rat dem Kauf zustimmt – die Beratung findet Ende 2021/Anfang 2022 statt –, wäre es das erste Mal, dass der Kanton in diesem Ausmaß Eigentum erwirbt, um als wirtschaftlicher Entwickler aufzutreten. Anfang 2020 lancierte der Kanton hierzu eine Testplanung für das Gebiet mit vier Teams, wie eine Vollüberbauung nach dem Jahr 2040 aussehen könnte.
Bis zu 15.000 Arbeitsplätze
Daniel Kolb, Leiter der Abteilung Raumentwicklung des Kantons, stellte an der Fricktalkonferenz des regionalen Planungsverbandes am Freitagnachmittag vier „Stoßrichtungen“ für die Gebietsentwicklung auf Grundlage der Testplanung vor. Hierzu gehört etwa, dass der Anteil des Autoverkehrs verringert werden müsse, denn: „Heute gibt es rund 5000 Arbeitsplätze – eine Verdopplung bis Verdreifachung ist realistisch.“
Primär sollen die Wege von den Bahnhöfen Stein und Bad Säckingen ins Sisslerfeld und das Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs verbessert werden, das Radwegenetz ausgebaut und die Ortsdurchfahrten attraktiver gestaltet werden. Noch zu Beginn, so Kolb, sei man davon ausgegangen, dass es im Sisslerfeld eine S-Bahn-Haltestelle brauche. Aber: „Es hat sich herausgestellt, dass bis zu einer absehbaren Frist die Frequenz hierfür nicht ausreicht.“
Die Idee, die im Raum steht, ist es, von der Kantonsstraße zwischen Eiken und Sisseln eine Abzweigung zu schaffen, die eine neue Verbindung südlich vorbei an der DSM durch das Sisslerfeld führt. Diese neue Straße soll aber für den privaten Autoverkehr nicht durchgehend bis nach Stein befahrbar sein. Stattdessen solle ein öffentliches Verkehrsmittel – Fachleute favorisieren derzeit einen Bus – die Angestellten im Sisslerfeld zur Arbeit und wieder auf den Weg nach Hause transportieren. Kolb sagte: „Vielleicht ist das mal in Zukunft ein Achterbus, der ohne Chauffeur oder Chauffeurin herumfährt.“
Eine zweite Stoßrichtung ist es, Orte mit Scharnierfunktion zu schaffen. „Attraktive Arbeitsplätze brauchen ein Umfeld, wo man sich treffen, verpflegen oder auch etwas in die Reinigung bringen kann“, sagte Kolb. Wichtig sei die Schaffung von Räumlichkeiten, die zufällige Begegnungen ermöglichte – nicht zuletzt, weil in diesen oftmals fruchtbare Ideen und Innovationen entstünden.
Die dritte Stoßrichtung trägt Sorge hinsichtlich der klimatischen Auswirkungen, die mit der Gebietsentwicklung einhergehen. Klar war für Kolb: „Der Zufluss von kühler Luft von den Hügeln und von den Landwirtschaftsflächen in die Siedlungsgebiete muss gewährleistet bleiben.“ Ermöglicht werden soll dies durch großzügige Klimaräume. Das sei ein zentraler Punkt, so Kolb, denn man müsse damit rechnen, dass die Hitze weiter zunehme. Es solle nicht das Image entstehen: „Im Sisslerfeld hältst du es im Sommer nicht aus. Das ist eine einzige Hitzeinsel.“
Eine vierte Stoßrichtung ist es, attraktive Areale zu entwickeln, in der Baufelder mit der Parzellierung übereinstimmen. Denn an den meisten Orten, so Kolb, habe man eine extrem zersplittere Parzellenstruktur, die einen potenziellen Investor verzweifeln ließe, wenn er mit fünf oder sieben Grundeigentümern eine Lösung für die Bebauung finden müsse. Kolb sagte: „Es ist eine goldene Regel, dass spätestens zwei bis drei Jahre nach dem Standortentscheid eine Institution das Gebäude beziehen können muss.“