Stadtführungen sind informativ und effektiv: Man lernt in kürzester Zeit die Geschichte eines fremden Ortes und kann die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten bestaunen. Gut zu erkennen an den Menschentrauben, die sich um eine Person mit hochgehobener Fahne versammeln, stellen Stadtführungen von außen betrachtet auch eine komische Szenerie dar. Dieses Potenzial hat Stefan Danziger entdeckt. Als ehemaliger Berliner Stadtführer gibt er auf den Bühnen der Republik Führungen über Stadtführungen. Und das ist sehr witzig.
Danziger gastierte mit seinem Programm „Was machen Sie eigentlich tagsüber?“ im Gloria-Theater in Bad Säckingen – viel weiter weg von zu Hause kann er als Berliner gar nicht sein. Trotzdem: Danziger schien sich bei den Badenern und Schweizern wohlzufühlen und das nicht nur, weil er sich über uns im Süden lustig machen kann. Mit seinen Anekdoten und Theorien über historische Entwicklungen brachte er sein Publikum dazu, herzhaft zu lachen. Darum ging es, auch wenn die Reihen des Theaters deutlich besser hätten besetzt sein können.
Aber was tut denn nun ein Stadtführer den ganzen Tag? Er schlägt sich mit verpeilten Amerikanern herum, trifft auf besserwisserische Deutsche und wagt sich an die Königsdisziplin: pubertäre Schulklassen. Dabei erklärt er Berlin auf seine Art. Schon Friedrich II. war ein Lebemann, sagt Danziger mit seiner Berliner Schnauze. Friedrichs kostspieliger Machtanspruch und seine Vorliebe für ausschweifende Feste erklären nicht nur die Entstehung des Königreichs Preußen parallel zum Kurfürstentum Brandenburg. Friedrich II. war wohl der Erste im Berghain und gründete zwei Berliner Traditionen, nämlich Partystadt und pleite zu sein.
Manchmal driften dem Stadtführer die Gedanken weit ab. Zum Beispiel am Checkpoint Charlie – „Joa, dat is ‚ne Kreuzung und dit war‘s“. Da denkt er darüber nach, wie sich wohl ein deutscher Geheimagent so machen würde. Bond, Wolfgang Bond oder sein DDR-Kollege Ronnie Bond. Das Verhältnis Ost-West beschäftigt Danziger ziemlich. Immerhin ist er überzeugt, dass sein Vater bei der Flucht aus der DDR falsch abbog und er deshalb in der Sowjetunion landete. Beide Staaten sind mittlerweile verschwunden – unheimlich, findet Danziger. Vielleicht ist er nicht nur Comedian, Stadtführer und Vater, sondern auch Magier? Man weiß es nicht.