Wenn sich in diesem Jahr wieder der Vorhang auf der Narrenspiegelbühne hebt und sein Geheimnis preisgibt, ist es ein besonderer Moment: Denn mit dem diesjährigen Narrenspiegel von Mittwoch bis Freitag, 12. bis 14. Februar, feiert die Narrenzunft Bad Säckingen ein kleines Jubiläum: 70 Jahre Narrenspiegel und Narrenspiegelbühne.
Bis zum heutigen Zeitpunkt ist die Bühne und deren aufwendiger Aufbau einmalig in der Region. Wie die Bühnen damals bis heute ausgesehen haben, hat die Narrenzunft Bad Säckingen in einer Broschüre zusammengestellt, die es mit dem ersten Narrenspiegel am kommenden Mittwoch, zu kaufen gibt. Nach dem Narrenspiegel werden die Hefte auch Butz-Hobby und Kunstidee angeboten. Das Heft lässt noch einmal Erinnerungen der Narrenspiegel vergangener Jahre wach werden und ist ein Zeugnis darüber, wie sich Bad Säckingen in den vergangenen sieben Jahrzehnten verändert hat.
Wir haben schon mal eine Vorauswahl der unserer Meinung nach zehn tollsten Bühnenbilder der letzten 70 Jahre zusammengestellt. Mit diesem Klick geht‘s zur Hitliste:
Seit 70 Jahren wird beim Bühnenbild, ein enormer Aufwand betrieben. Nicht nur was die Zeit und das Material angeht. Immerhin rund 2000 Stunden Arbeit werden jedes Jahr allein in das Bühnenbild gesteckt. Vater des Narrenspiegels, aber auch der Bühnenbilder ist Walter Michel. Vom ersten Narrenspiegel 1950 an bis 1996 hat der heute 96-Jährige jedes Jahr das Bühnenbild geplant und entworfen.

Bereits Walter Michels Vater war von 1931 bis 1955 Präsident des Elferrates, wie der heutige Zunftrat damals noch genannt worden ist. Damit sich die Zunft damals noch besser präsentieren konnte, hatte Walter Michel die Idee, zu dem üblichen Zunftball, einen Abend mit Programm zu gestalten. Die Idee war eine Bühne mit einem Säckinger Motiv und die Besucher sollten sich verkleiden. 1950 fand dann der erste Zunftabend in Bad Säckingen statt. Gezeigt wurde das Programm damals Vereinshauses und die Bühne zierte die Frontansicht des Hotels „Goldener Knopf“, dass damals schon bis in den Saal hineingebaut worden ist. „So saßen die Zuschauer quasi mitten im Bühnenbild“, erzählt Walter Michel heute.
Mit dem Fotoapparat auf Motivsuche fürs Bühnenbild
Für die Ideen machte sich Michel mit seinem Fotoapparat auf den Weg durch die Stadt und fotografierte die Stadt aus verschiedenen Perspektiven. „Mir war es immer wichtig, dass die Bühne ein Bad Säckinger Motiv ziert“, erzählt der 96-Jährige. Anhand dieser Fotos baute Walter Michel ein kleines Modell maßstabsgetreu, dass der Bautrupp dann umgesetzt hatte. Als Bühnenmaler fungierte damals und weitere drei Jahrzehnte der Bad Säckinger Kunstmaler Werner Dietz.
Und um bei den Motiven, alles zeigen zu können, wurde das Bild Dreidimensional aufgebaut. Deshalb finden sich Blumenkästen an den Fenstern, hinter denen eine Lampe leuchtet. Die Schaufenster der Geschäfte werden mit den jeweiligen Waren ausgelegt. Ein Geschäft zeigte mal einen Optiker und ich habe mit Draht kleine Brillen gedreht, die im Schaufenster ausgestellt worden sind“, erklärt Walter Michel seinen Ehrgeiz, alles detailgenau zu zeigen. Nicht nur einmal hatte das Publikum das Gefühl, mitten im Original zu stehen.
1996 legte Walter Michel den Zollstock aus der Hand
Zu Beginn wurden noch fünf Narrenspiegelabende gezeigt, heute sind es drei. Auch als Walter Michel 1996 den Zollstock aus der Hand gelegt und seinen Nachfolgern Platz gemacht hatte, hat es an der Liebe zum Detail nichts geändert. „Ich freue mich, dass mich meine Nachfolger so gut ersetzt haben“, gratuliert Walter Michel dem heutigen Bautrupp, der aus Mitgliedern der Narrenzunft besteht. Heute noch besucht Walter Michel gemeinsam mit seiner Ehefrau den Narrenspiegel und jedes Jahr kommen die Verantwortlichen auf ihn zu und fragen ihn nach seiner Meinung. „Zwar machen sie es nicht schöner als ich, aber genauso gut“, zwinkert er.