Hans-Walter Mark

Rund ein Viertel der Harpolingen Einwohner sind 65 Jahre alt und älter. Die meisten wohnen im eigenen Haus. Aber irgendwann kommt die Zeit, in der die steile Treppe ins Obergeschoss mühsam wird, der Einstieg in die Badewanne beschwerlich ist oder größere Reparaturarbeiten am Haus anfallen. Senioren, die aus Altersgründen nicht mehr im eigenen Haus leben können, sind gezwungen, wegzuziehen, weil im Dorf bisher seniorengerechte Wohnmöglichkeiten fehlen.

Bürgerverein „Daheim in Harpolingen„

Das hat den Bürgerverein „Daheim in Harpolingen“ dazu motiviert, Ideen zu entwickeln, wie Senioren möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können, berichtet die Vorsitzende des Bürgervereins Christine Oechslein. In der Rechtsform einer Wohnbaugenossenschaft sind maximal zwölf barrierearme Wohnungen plus Familienwohnung in der Dorfmitte auf dem Gelände unterhalb der Kapelle geplant. Ein geeignetes Grundstück ist bereits vorhanden. Den größten Teil der Fläche stellt der jetzige Besitzer in Form des Erbbaurechtes zur Verfügung.

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Alle Wohnungen sind ohne Stufen zugänglich. Sie haben bodengleiche Duschen, breite Türen, Hausnotruf und einen Balkon oder eine Terrasse. Im Dachgeschoss gibt es eine geräumige Familienwohnung für eine Hausmeisterfamilie, sowie ein Gästezimmer mit Dusche. Eine gemeinsame, sehr großzügige „Gute Stube“ im Erdgeschoss mit Küche und Sitzplatz im Freien, ist der tägliche Treffpunkt für alle. Hier können gemeinsame Veranstaltungen stattfinden oder der Raum kann für Familienfeiern gebucht werden.

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Das Haus wird nach modernsten energetischen Konzepten gebaut. Die Wärmeversorgung erfolgt umweltfreundlich und zuverlässig über eine ganz neue Nahwärmeanlage, die die Stadtwerke aktuell für Harpolingen plant. Die Wohnungen sind so großzügig gestaltet, dass Bewohner bei Bedarf für sich allein oder gemeinsam externe professionelle oder ehrenamtliche Unterstützungsleistungen organisieren können. Oechslein ist es wichtig zu erwähnen, dass es sich bei dem Gebäude nicht um ein Pflegeheim oder ein „betreutes Wohnen“ im Sinne des Gesetzes handelt, sondern jeder wohnt vollständig selbstbestimmt. Es werden von Haus aus keine speziellen Pflegeangebote organisiert.

Genossenschaftsmitgliedschaft als Voraussetzung

Damit sich auch Interessenten mit einer kleinen Rente es leisten können, werden die neuen Wohnungen als Genossenschaftswohnungen errichtet. Wer in eine solche Wohnung einziehen möchte, muss Mitglied in der Genossenschaft sein. Je nach Wohnungsgröße erwirbt der zukünftige Besitzer eine bestimmte Anzahl an Pflichtanteilen. Das ist erheblich billiger, als bei einer Eigentumswohnung und er hat damit lebenslanges Wohnrecht.

Wer aus der Wohnung wieder auszieht, bekommt seine Pflichtanteile zurückerstattet oder kann sie vererben. Die monatlichen Nutzungsgebühren einer Genossenschaftswohnung sind deutlich niedriger, als eine Miete: Sie entsprechen den tatsächlichen Kosten, ähnlich des Wohngeldes bei einer Eigentumswohnung, weil kein Investor an der Wohnung verdient.

Wer baut die Wohnungen?

Die Wohnungen in Harpolingen werden von einer neuen Wohnbaugenossenschaft gebaut, die noch 2020 mit Unterstützung und Beratung des Verbandes baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen gegründet wird. Die genaue Bauplanung und die Vergaberichtlinien für die Wohnungen werden danach gemeinsam von den Gründungsmitgliedern festgelegt.

Selbstorganisation und Selbstbestimmung sind auch später gefragt, wenn die Bewohner miteinander das Zusammenleben im Haus gestalten. Dabei hat jedes Mitglied genau eine Stimme und die gleichen Rechte und Pflichten – unabhängig von der Wohnungsgröße und der Anzahl der Anteile.