Damit es bei einer Strommangellage nicht plötzlich zappenduster wird, plant der Bund fünf neue Reservekraftwerke. Sie sollen im Notfall einspringen und zusammen 583 Megawatt (MW) liefern – genug, um Hunderttausende Haushalte mit Licht und Wärme zu versorgen. Einen wichtigen Beitrag soll dabei das Fricktal leisten: Bis zu 237 Megawatt könnten von dort aus ins Stromnetz eingespeist werden.
Diese Anlagen sind auf dem Sisslerfeld geplant
Geplant sind drei Anlagen im Industriegebiet Sisslerfeld: Diejenige in Stein soll 44 MW erzeugen, die beiden in Eiken 13 beziehungsweise 180 MW leisten. Für den Betrieb der kleineren Reservekraftwerke ist die Firma Getec verantwortlich. Jenes in Eiken soll per Anfang 2027, jene in Stein im Jahr 2028 in Betrieb gehen. Das Unternehmen Sidewinder, das die größte der drei Fricktaler Anlagen betreiben wird, teilt auf Anfrage mit, dass das geplante Reservekraftwerk rund 130 Meter lang, 30 Meter breit und 25 Meter hoch werden soll.

So reagieren die betroffenen Gemeinden
Wie reagieren die betroffenen Gemeinden auf diesen Standortentscheid? Gemäß Stefan Grunder, Gemeindeammann von Eiken, sei der Gemeinderat über die Pläne frühzeitig und angemessen informiert worden. „Nun, dass es gerade zwei Reservekraftwerke in Eiken sind, mag auf den ersten Blick erstaunen“, sagt er, „allerdings ist die Lage im Sisslerfeld mit bestehender Bahninfrastruktur, Tanklager sowie den relevanten Sicherheitsstrukturen ausgezeichnet, es stärkt den Industriestandort.“
„Die Lage im Sisslerfeld mit bestehender Bahninfrastruktur, Tanklager sowie den relevanten Sicherheitsstrukturen ist ausgezeichnet, es stärkt den Industriestandort.“Stefan Grunder, Ammann von Eiken
Auch Beat Käser, Gemeindeammann von Stein, berichtet, dass das Projekt für ein Reservekraftwerk im Industriegebiet Stein von Getec dem Gemeinderat und dem Kanton eingehend vorgestellt worden sei. „Ein großes Anliegen ist dem Gemeinderat ein optimaler Lärmschutz“, so Käser. Er verweist darauf, dass es auf dem Steiner Industrieareal bereits heute große Notstromanlagen gebe – eine davon sei von außen gut einsehbar. „Diese Anlage hat nie Anlass zu Klagen gegeben“, sagt Käser.
„Ein großes Anliegen ist dem Gemeinderat ein optimaler Lärmschutz.“Beat Käser, Ammann von Eiken
Der Bund will die Kraftwerke CO₂-neutral betreiben
Positiv bewertet Käser zudem, dass der Bund die Reservekraftwerke CO₂-neutral betreiben will – mit hydriertem Pflanzenöl, einem nachhaltigen biogenen Brennstoff. „Dies kommt den Klimazielen des Bundes und des Kantons entgegen“, sagt er. Wie Amtskollege Grunder verweist auch Käser auf die Vorteile durch die im Sisslerfeld bereits vorhandenen Infrastrukturen: etwa Bahnanschluss, große Tankanlagen, Leitungsrouten, gesicherte Werkareale, Werkfeuerwehren und professionelle Betreiber.
Bestehen die Gemeinden auf eine Abgeltung?
Die Reservekraftwerke müssen das ordentliche Planungs- und Bewilligungsverfahren durchlaufen. Im Rahmen dieses Prozesses wird die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sorgfältig geprüft – auch durch die Gemeinden. Gemäß Stefan Grunder wird seitens der Gemeinde Eiken darauf geachtet, dass das Synergiepotenzial mit den bestehenden Infrastrukturanlagen bestmöglich genutzt wird. Zudem wolle man die Abgeltung erhalten, wie sie im Rahmen des kantonalen Energiegesetzes für Standortgemeinden von großen Energieerzeugungsanlagen vorgesehen sei.
Das Gesetz hält dazu fest, dass die Standortgemeinden mit dem Betreiber der Anlage eine Abgeltung vereinbaren können. Eine konkrete Aussage darüber, wie hoch diese auszufallen hat, macht der Gesetzesartikel nicht. Lediglich heißt es zur Abgeltung: „Diese muss angemessen und für den Betrieb wirtschaftlich tragbar sein.“
Auch die Bevölkerung soll einbezogen werden
Grunder sagt: „Der Gemeinderat wird sich von kompetenter Seite beraten lassen, um die Interessen der Gemeinde Eiken effektiv wahrnehmen zu können.“ Der Einbezug der Bevölkerung sei dem Gemeinderat ebenfalls wichtig. „Die Gemeindeversammlung hat im Planungsverfahren ein entscheidendes Wort mitzureden“, so Grunder.
Gemäß Käser werde man in Stein ein Auge darauf haben, ob das geplante Reservekraftwerk alle Anforderungen und Vorschriften erfülle. „Als örtliche Baubewilligungsbehörde ist es die Aufgabe des Gemeinderats, die rechtlichen Vorgaben durchzusetzen und das öffentliche Interesse bestmöglich zu berücksichtigen“, sagt er.
Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.