Fußball Sie fällt schon auf, wenn sie mit wehendem Haar durchs Mittelfeld marschiert. Mira Franzen läuft sich frei, bietet sich an, schubst auch mal den Gegenspieler, der in einer ganz anderen Körperklasse unterwegs ist. Im Derby des FC 08 Bad Säckingen II in der Kreisliga C-4 beim Lokalrivalen SV Obersäckingen II ist die 27-jährige Chemielaborantin die einzige Frau auf dem Spielfeld.
Mira Franzen hat zum Beginn dieser Saison den Sprung vom Frauenteam des Schwarz-Roten zu den Männern gewagt: „Als ich gehört habe, dass der Südbadische Fußballverband sich dem Pilotprojekt anschließt, war ich sofort dabei und habe Trainer Ralf Antol gefragt, ob sie mich aufnehmen.“ Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, die Jungs ließen sich – zwar neugierig und zunächst auch leicht befremdet – auf die Anfrage ein. Und heute redet zumindest bei der „Zweiten“ im Hochrheinstadion niemand mehr darüber, dass „selle Zähner jo e Frau isch.“
Ja, tatsächlich ist der „Zehner“ eine Frau – und was für eine. Mira Franzen weiß, was sie will und das ist, sich bei den Jungs durchzusetzen. Das hat sie als kleines Mädchen schon beim FC Wallbach gelernt. Dort spielte sie fast alle Altersklassen durch, bis die Regularien sie stoppten: „Mädchen sind nur bis zu den B-Junioren erlaubt“, bedauert sie und entschloss sich damals zum Wechsel. Zunächst spielte sie zwei Jahre bei den Juniorinnen des FC Basel, danach jeweils ein halbes Jahr bei den Frauen der SG Wittlingen/Wollbach und der SV Niederhof.

Schließlich fand sie zum FC 08 Bad Säckingen, zählt seit vielen Jahren zum Frauenteam des Vereins. „Ich gehöre weiterhin dazu, aber Priorität haben für mich die Jungs – dort trainiere ich auch mit“, erzählt sie. Bis zur Winterpause hatte sich auch hin und wieder Einsätze bei den Frauen, doch dann löste sich das Team aus Personalmangel auf. „Ein paar Spielerinnen sind geblieben, trainieren auch noch“, so Franzen: „Wir setzen alles dran, dass es in der nächsten Runde wieder eine Mannschaft gibt. Und wenn es dann terminlich passt, werde ich natürlich auch zur Verfügung stehen. Die Männer haben aber immer Priorität für mich.“

Clemens Bauer, ihr Trainer und Mitspieler, betont, dass es eine gute Idee war, Mira ins Team zu nehmen: „Für die Kreisliga C ist sie definitiv gut genug. Wir alle sind positiv überrascht, wie gut sie sich integriert hat.“ Es sei auch schnell klar gewesen, dass Mira nun dazu gehört. Die Infrastruktur im Stadion – was Umkleide und Duschen angeht – passt ja. Für uns ist das alles kein Thema.“ Was sich allerdings nicht geändert habe, gibt Clemens Bauer offen zu: „Anständiger sind die Jungs wegen Miras Anwesenheit sicher nicht geworden. Sie macht aber auch jeden Spaß mit und kann die Sprüche einschätzen.“
Dass sie nicht nur die erste sondern aktuell auch noch die einzige Spielerin bei den Männern ist, thematisiert Mira Franzen nicht: „Ich fühle mich nicht als etwas Besonders und möchte auch nicht, dass ich auf dem Platz anders behandelt werde“, lacht sie, denn gegendert werde beim Fußball nicht: „Wenn die „Männer“ brüllen, dann fühle ich mich auch angesprochen. Und das ist auch gut so.“

Und wie erlebt sie den Alltag – allein unter Männern? „Körperlich gesehen ist es anspruchsvoller. Bei den Männer werde ich allerdings weniger vors Schienbein getreten. Hier habe ich deutlich weniger blaue Flecken. Offensichtlich können es die Männer im Zweikampf besser einschätzen.“

Dass Spieler der gegnerischen Mannschaften noch immer überrascht schauen, lässt Mira Franzen kalt: „Sie werden sich schon daran gewöhnen, wenn das öfter vorkommt.“ Sie hat ihr Glück zwischen den Jungs gefunden: „Mein Herz liegt bei den Männern“, wischt sie lächelnd alle Zweifel zur Seite.

Was im Moment noch etwas schwer einzuschätzen ist, sind die sportlichen Ziele: „Wir wollen natürlich Meister werden“, gibt Mira Franzen den Takt für den Endspurt vor: „Das Restprogramm ist allerdings knackig“, verweist sie nicht nur aufs anstehende Spitzenspiel am Freitag, 20 Uhr, im Hochrheinstadion. Dann hat der Spitzenreiter aus Bad Säckingen seinen Lokalrivalen FC Wallbach II zu Gast. Der ist mit nur einem Punkt Rückstand der hartnäckigste Verfolger und hat das Hinspiel mit 5:3 gewonnen.

„Wir geben alles“, ist Mira Franzen heiß auf das Duell gegen ihren früheren Verein. Im Hinspiel fehlte sie aus gesundheitlichen Gründen. Ob es ihr ausgerechnet im Derby reicht, ihr Glück bei den Männern perfekt zu machen und das erste Tor zu erzielen, bleibt allerdings offen. Immerhin „steht in der Statistik bereits ein Tor für mich“, lacht sie: „Das stammt aus einem Freundschaftsspiel. Aber das Beste ist: Ich habe dieses Tor gar nicht geschossen.“