Sie lebten in Karlsruhe, doch ihr Hilferuf in den sozialen Netzwerken hatte auch den Hochrhein erreicht: Das Ehepaar Toni und Carina Bechtold, beide 37 Jahre, machte in sozialen Netzwerken auf sein Schicksal aufmerksam. Toni Bechtold war an dem seltenen, sehr gefährlichen Klatskintumor erkrankt. Das Ziel der Internet-Aktion: Er wollte, dass Ehefrau und Kinder im Alter von zwei, vier und sechs Jahren nach seinem Tod nicht mittellos dastehen. Als Ehefrau Carina Bechtold das erste Mal mit der SÜDKURIER-Reporterin sprach, wusste sie nicht, wie viel Zeit ihrem Mann noch bleibt. Eine Woche war es schließlich. Am Sonntag, 13. April, ist er im Kreis seiner Familie verstorben.
Toni Bechtold war an einem bösartigen Krebs der Gallengänge erkrankt, ob er je wieder gesund hätte werden können, war lange ungewiss. Er hatte bis zuletzt Angst, dass seine Familie aus dem noch nicht abbezahlten Haus in Karlsruhe ausziehen muss. Toni Bechtolds Blutwerte waren in den vergangenen Wochen sehr schlecht gewesen, sagt Carina Bechtold: „Seine Ärzte sagten, dass sie nicht wissen, wie lange er noch hat.“
Von Bad Säckingen zur Feuerwehr nach Karlsruhe
Vor 14 Jahren zog es die gebürtige Bad Säckingerin Carina Bechtold – da hieß sie noch Keller mit Nachnamen – ihrer neuen Arbeit wegen nach Karlsruhe. Das Elternhaus mit Küchenstudio und die Säckinger Narrenzunft ließ sie hinter sich. Weil sie damals in Bad Säckingen in der Freiwilligen Feuerwehr war, stellte sie sich in Karlsruhe ebenso für Einsätze bei der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg zur Verfügung. „Wir engagierten uns stets dafür, Leben zu retten. Leider ging das aufgrund von Tonis Krebs die letzten Monate nicht mehr“, sagt Carina Bechtold.

In der Freiwilligen Feuerwehr in Karlsruhe-Mühlburg trifft sie dann auf ihren späteren Ehemann. „Hier lernten Toni und ich uns 2012 kennen, kamen aber erst drei Jahre später zusammen. Die Hochzeit folgte dann 2017“, schildert Carina Bechtold. Da wusste sie bereits, dass ihr Ehemann an der Autoimmunerkrankung PSC leide. Im Jahr 2008 hatte er dafür die Erstdiagnose erhalten. Die nicht heilbare sogenannte Primär Sklerosierende Cholangitis, kurz PSC, wird als Gallen- und Darmentzündung zusammengefasst und tritt eigentlich häufiger bei älteren Männern auf.
Der Projektleiter für Hubrettungsfahrzeuge, Toni Bechtold, wollte mit seiner Erkrankung PSC vor Jahren eine Lebensversicherung für sich abschließen.
Versicherungen lehnten ihn wegen Vorerkrankung ab
Bei den Angaben war der Karlsruher ehrlich, doch die Versicherungen lehnten ihn als Versicherten ab, wie Carina Bechtold ausführt. Er habe deshalb keine Lebensversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlte in seinem Fall nicht. Finanzielle Absicherung für die Familie nach seinem Tod gebe es daher nicht, sagt die Ehefrau.
Durch den Tumor wurde die Gallenblase riesig
Der 1. Juli 2024 war ein Schicksalstag für Toni Bechtold. Bei einem EM-Fußballspiel spürte er in seinem Bauch etwas ungewöhnlich Hartes, hatte keinen Appetit. War es nur Stress? Doch der Arzt stellte eine „riesige Gallenblase“ fest, „die zwei bis dreimal größer als normal war“, erzählt Bechtold. Ihr Ehemann wurde untersucht und erhielt die Diagnose Klatskintumor. Am Leberzentrum im Universitätsklinikum Heidelberg folgten eine Risikooperation des Gallenweg-Karzinoms, mit einer fast 80-prozentigen Entfernung der Leber und drei Monate stationäre Behandlung.

Carina Bechtold erzählt, dass der Tumor in Heidelberg weitestmöglich entfernt wurde. Für eine Chemotherapie war ihr Mann körperlich nicht fit genug gewesen, führt sie weiter aus. Metastasen hätten sich ihrer Kenntnis nach keine weiter gebildet: „Trotz 25-maliger Bestrahlung im Dezember wurde Toni dennoch nicht als krebsfrei bescheinigt.“
Die Krankheit: Das sagen Experten


Für eine palliative Betreuung schon angemeldet
Toni Bechtold war für eine Transplantation körperlich nicht in der Verfassung, die Krankheit schritt immer weiter voran. „Jeden Tag – morgens, Mittag, abends – musste mein Mann viele Medikamente nehmen.“ Für eine palliativ medizinische Betreuung hatten sich Bechtolds bereits lange angemeldet.
Im Internet sammelt er Spenden für seine Familie
Im Februar hatte Toni Bechtold eine Spendenaktion im Internet auf gofundme.com gestartet und ganz offen über seinen Gesundheitszustand geschrieben. Ziel: Geld für seine Ehefrau und seine Kinder zu sammeln. Dann folgten Benefizkonzerte, ein Kuchenverkauf der evangelischen Gemeinde und die Karlsruher Feuerwehr spendete Geld. Es gab Medienberichte und Postings auf Facebook, auch auf der Seite der Bad Säckinger Feuerwehr. Das alles brachte eine Summe von rund 175.000 Euro. Online könne man weiter spenden. Von der bisherigen Hilfsbereitschaft war das Ehepaar „überwältigt und unendlich dankbar“ gewesen. Dies habe beiden ein wenig die Angst vor dem Tod genommen – und vor dem, was noch kommen könnte, sagt Carina Bechtold.