Ist die Demokratie in den Vereinigten Staaten gefährdet? Driften die USA in Donald Trumps zweiter Amtszeit in eine Oligarchie? Über diese brandaktuellen Fragen der Weltpolitik referierte Professor Torben Lütjen von der Europa-Universität Flensburg auf Einladung der Volksbank (Gestalterbank) in Bad Säckingen. „Die gespaltenen Staaten von Amerika: Trump 2.0 und die Zukunft der US-Demokratie“ lautete der Titel des Vortrags, der auf großes Interesse bei Vertretern aus regionaler Wirtschaft und Politik traf.

Doch zunächst hatte Alexander Müller, Vorstandschef der fusionierten Regionalbank, gute Nachrichten für die geladenen Kunden. „Wir wollen weiter in der Region Präsenz zeigen“, trat er Befürchtungen entgegen, der Raum Rhein-Wehra spiele bei der Gestalterbank nur eine untergeordnete Rolle. „Wir stehen zu unseren Filialen, daran werden wir auch nichts ändern.“ Um Kontaktpunkte zwischen Kunden und Bank zu schaffen, seien nach dem Jahresauftaktvortrag weitere Veranstaltungen geplant.

Hat Trumps Politik auch Folgen fürs Sisslerfeld?

Doch zurück zum Thema „USA unter Trump“, das auch Folgen für die regionale Wirtschaft haben könnte: Ist beispielsweise zu befürchten, dass Großkonzerne aus der Pharmabranche auf geplante Investitionen auf dem Sisslerfeld verzichten und stattdessen in den USA Produktionsstätten errichten? Einerseits um drohende US-Zölle zu vermeiden, andererseits um Konflikten mit der Trump-Administration aus dem Weg zu gehen, wie es teilweise schon in der Automobilbranche zu beobachten war? Volksbank-Chef Alexander Müller sieht dieses Risiko aktuell nicht sehr hoch: Die Pharmabranche sei ein extrem aufstrebender Markt und aktuell nicht von der Zolldiskussion betroffen.

„Ich gehe nicht davon aus, dass sich diese Diskussion bei der Entwicklung des Sisslerfelds signifikant auswirken wird“, so Müller auf Anfrage unserer Zeitung. Noch seien ohnehin viele Fragen beim Sisslerfeld offen, für die Volksbank stünden auch weniger die internationalen Großkonzerne im Fokus als viel mehr die mittelständischen Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die sich auf der größten zusammenhängenden Landreserve der Nordwestschweiz ansiedeln sollen. Gleichwohl sind es natürlich die internationalen Pharma-Konzerne, die dem Sisslerfeld – und damit der ganzen Grenzregion, einen Schub bringen sollen.

Spaltung der USA begann nicht erst mit Trump

Der Flensburger Politikwissenschaftler und USA-Experte Torben Lütjen zeichnete in seinem Vortrag nach, wie sich die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahrzehnten zusehends polarisierten und die gesellschaftlichen Milieus immer weiter auseinanderdrifteten. Die Entwicklung begann keineswegs erst mit der Kandidatur Trumps im Jahr 2016, sondern schon in den 1960er-Jahren.

Während die beiden amerikanischen Parteien in den 50er-Jahren inhaltlich kaum zu unterscheiden waren, begann die Polarisierung der Politik durch drei Konfliktlinien: Die ethnische Zugehörigkeit, die Religion und das Stand-Land-Gefälle. Diese drei Konfliktlinien haben sich nach Lütjens Ansicht immer tiefer verschärft – teilweise auch durch Echokammern: Heute sei der Medienkonsum von Demokraten und Republikanern völlig unterschiedlich. Sogar unterschiedliche Dating-Apps gibt es heute, um möglichst ähnlich denkende Partner zu finden.

Wie Trump den Staat umbaut

„Durch Trump kam der Populismus hinzu“, so Lütjen. Dieser sei zwar nicht per se antidemokratisch, aber gegen die Institutionen und das Establishment gerichtet bereite nun autoritären Strömungen den Boden: Der vermeintliche „Volkswille“ manifestiere sich in einer Person, in der sich die gesamte Macht zentralisiert und so auch die Gewaltenteilung ausgehebelt wird.

Und was ist nun der Unterschied zwischen Trumps erster Amtszeit und der jetzigen? In Trumps ersten Amtszeit zeigten sich zwar autokratische Tendenzen, doch er blieb innerhalb der Grenzen des politischen Systems. Jetzt ist Trump besser vorbereitet, um den Staat, die Verwaltung und die Justiz umzubauen – nach Vorbild von Victor Orbán in Ungarn.

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Hoffnung hat Lütjen aufgrund des starken Gegengewichts durch die Bundesstaaten – also durch den amerikanischen Föderalismus. Und nach wie vor sieht Lütjen eine extrem fragile Wählerbasis. Schon bei den Zwischenwahlen 2026 könnte Trump deutlich gebremst werden.