Bonndorf Das Erkennen von Vogelstimmen ist eine faszinierende Möglichkeit, die heimische Natur intensiver wahrzunehmen. Viele Vogelarten lassen sich bereits anhand ihres Gesangs bestimmen – ganz ohne Sichtkontakt. Besonders im Frühling, wenn die Balz- und Brutzeit beginnt, ist die Vogelwelt aktiv und laut. Und diese Möglichkeit der intensiven Wahrnehmung nutzten am Samstagmorgen Naturliebhaber und trafen sich um 7 Uhr am Friedhof in Bonndorf, um von Jürgen Schumann bei einer 150-minütigen Exkursion entlang des Philosophenwegs interessante Einblicke zu erhalten.
„Es ist doch recht kalt heute Morgen. Ich habe sogar wieder die Autoscheiben freikratzen müssen“, begrüßte Schumann die Teilnehmer. Nicht nur er hatte sich mit Anorak, Mütze und Handschuhen vor der morgendlichen Kälte geschützt. Als Dozent der Universität Düsseldorf hat Schumann über 200 Studenten die Vogelstimmenkartierung beigebracht, jetzt wohnt er in Ebnet, fängt und beringt dort Vögel und ist weiterhin der Vogelwelt eng verbunden: „Sie liegt mir sehr am Herzen“.
Deshalb wünscht sich Schumann auch, dass so viele Naturliebhaber wie möglich an den jährlichen Vogelzählungen teilnehmen: „Nur so können wir erfahren, welche Vogelsorten es noch wo gibt und welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um aussterbende Arten zu schützen“. Noch ist der Buchfink der häufigste Vogel in Deutschland. In den Städten liegen Spatz und Amsel vorne. Aber: Feldvögel nehmen ab, der Kiebitz sterbe aus, bis 2100 würden durch den Klimawandel weitere Vogelarten verschwinden, anderen würden dagegen aus dem Süden in unser Land ziehen und hier eine neue Heimat finden. „Die Zone verschiebt sich von Süden nach Norden.“
Ein Klimaverlierer stehe jetzt bereits fest: der Girlitz, der sein Nest gerne in einem hohen Busch baut, von dem er eine gute Aussicht hat. „Sein Gesang klingt wie ein ungeölter Kinderwagen.“ Überleben Kleinvögel den ersten Winter, können sie bis zu zehn, maximal elf Jahre alt werden. Ein großer Feind sei allerdings die Katze. Jährlich würden durch sie bis zu zehn Millionen Kleinvögel getötet. Auch für Bodenbrüter wie die Feldlerche herrschen harte Zeiten. Denn sie bauen ihr Nest gerne auf Wiesen und Äckern, die aber oft bis zu fünf Mal pro Jahr gemäht werden.
Auf dem Friedhof zückten manche Teilnehmer ihr Fernglas, um die Vögel besser zu sehen. Und sie erfahren bei einem Blick über ein weites Feld, dass der Turmfalke ultraviolettes Licht erkennen kann und somit den Urin der Mäuse sieht, die er durch kräftiges Rütteln seiner Flügel aus dem sicheren Bau locken will. Der flötende, klare Gesang der Dohle, der monotone, rhythmische „Tschilp“-Laut des Spatzen, das Trillern des Finken, der zwitschernde Laut der Bachstelze – manche Laute ahmte Schumann eindrucksvoll nach.