Wie lässt sich die medizinische Versorgung im ländlichen Raum dauerhaft sicherstellen? Diese Frage beschäftigt die Kommunen bereits seit Längerem. Ein vielversprechender Lösungsweg könnte das genossenschaftliche Hausarztmodell sein. Die Gemeinderäte von Grafenhausen und Ühlingen-Birkendorf haben der Gründung eines genossenschaftlichen Medizinischen Versorgungszentrums „MVZ Rothauser Land eG“ bereits zugestimmt (wir berichteten). Auch Bonndorf will dem MVZ beitreten.
Bürgermeister Michael Scharf hatte das Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung zur Diskussion gestellt. Noch sei die Ärzteversorgung in Bonndorf vergleichsweise gut. Nichtsdestotrotz müsse man auch in Bonndorf davon ausgehen, dass es immer schwieriger werden wird, Nachfolger für eine Arztpraxis zu finden. Die Gründe dafür seien bekannt. Junge Medizinerinnen und Mediziner wünschen sich geregelte Arbeitszeiten, Teamarbeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Damit wird der aktuell praktizierte Hausarztberuf in Einzelpraxen den Ansprüchen der folgenden Ärztegeneration nicht mehr gerecht.
Lösung für ländlichen Raum
Nach den Worten Scharf hat der Gemeindetag das Problem des Hausärztemangels im ländlichen Raum erkannt. Er biete nun gemeinsam mit den Projektpartnern einen für Baden-Württemberg neuen Lösungsweg an: die genossenschaftlichen Hausarztmodelle. Durch dieses Modellprojekt sollen vor allem Anstellungsverhältnisse für Ärztinnen und Ärzte sowohl in Teil- als auch Vollzeit geschaffen und weitere Anpassungen der beruflichen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Entlastung von administrativen Tätigkeiten, umgesetzt werden. Seit September 2018 wurde in 21 Städten und Gemeinden geprüft, ob medizinische Versorgungszentren in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (MVZ eG) umsetzbar sind. Das Ergebnis: Eine MVZ eG ist tatsächlich eine mögliche Option. Wie Scharf weiter informierte, seien derzeit zwei Hausarztpraxen in Bonndorf an diesem Modell interessiert.
„Das System ist gut, um Ärzte aufs Land zu locken“, meinte Bruno Kalinasch (SPD). Er sah allerdings auch Gefahren. Es könnte eine Verdrängung anderer Ärzte stattfinden, so Kalinasch, der vor einer Zustimmung noch weitere Informationen einforderte. Ingo Bauer (CDU) hingegen war der Ansicht, dass man das genossenschaftliche Modell unterstützen sollte, „es ist eine Variante mehr, da gibt es nichts dagegen einzuwenden.“ Ähnlich sah das auch Monika Spitz-Valkoun (Grüne). „Das MVZ ist zwar kein Allheilmittel, Probleme sehe ich aber nicht“, sagte die Stadträtin, die auch noch darauf hinwies, dass eine Entlastung in den administrativen Tätigkeiten durchaus hilfreich wäre.
Das ganze Management sei sehr erdrückend, meinte die Ärztin. Angesichts der Tatsache, dass es schwierig ist, Nachfolger für eine Praxis zu finden, sprach sich Tilman Frank (SPD) dafür aus, dem „MVZ Rothauser Land eG“ beizutreten. Es solle ein Netzwerk entstehen, das Vorteile verspricht, so Frank, der aber dennoch eine direkte Nachfolge in einer Arztpraxis favorisierte. Gernot Geng (Bürgerliste) war ebenfalls dafür, sich der Genossenschaft anzuschließen, schließlich sei die ärztliche Versorgung essenziell. Wenn es über diese Lösung einfacher wird, junge Ärzte nach Bonndorf zu kriegen, sollte man die Chance nutzen, so Geng. Letztendlich sprach sich der Gemeinderat dafür aus, dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Rothauser Land eG beizutreten.
Wie die Verwaltung weiter informierte, wird das Projekt von der GT-Service, einer Tochtergesellschaft des Gemeindetages Baden-Württemberg, dem Genossenschaftsverband (BWGV) sowie dem Hausärzteverband geführt und durch das Land finanziell unterstützt. Im April soll die formale Gründung der Genossenschaft erfolgen, bei der auch die Kommunen mit einer Einlage von jeweils 1000 Euro mit dabei sind. Bei einer Bewilligung durch das Land kann die „MVZ eG“ Fördermittel für die Bausteine „Weitere Beratung, Infrastruktur und Nachfolge“ beantragen. Hier gehen die politisch Verantwortlichen von Mitteln in einer Höhe von 150.000 Euro aus.