Frau Hörder, Sie haben sich bereits mit 18 Jahren für ein Studium der Bildenden Künste entschlossen. War dies bereits eine bewusste Entscheidung für die Kunst?
Eigentlich wollte ich die schulische Laufbahn als Kunsterzieherin einschlagen. Mein Vater war Lehrer in Schluchsee, später in Alpersbach, einem abgelegenen Ortsteil von Hinterzarten. Ich erinnere mich noch sehr genau an junge Jahre in Alpersbach, wo ich Stunden und Tage verbrachte und mich malend und zeichnend beschäftigte. Da auch mein Großvater malte, liegt die Kunst wohl in der Familie.
Wie kamen Sie gerade auf die Kunst am Bau, die Sie ja vor Jahrzehnten für sich entdeckt haben?
In erster Linie ist es die Auseinandersetzung mit dem profanen, aber auch sakralen Raum, der mich bis heute reizt. Ein Krankenhaus, eine Justizvollzugsanstalt oder ein Münster durch die Kunst zu einem besonderen Raum zu verwandeln, ist eine besondere und eine schöne Aufgabe. Des Weiteren bot mir die Kunst am Bau die Möglichkeit, mein Studium und Leben zu finanzieren.
Ist das nicht ein hartes Brot, als Freie Künstlerin zu arbeiten?
Ich wusste damals nicht, was auf mich zukommt. Als Freie Künstlerin ist man auf sich selbst gestellt, muss eigene Ideen entwickeln und umsetzen. Dies erfordert Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und sehr viel persönliche Disziplin. Gleichzeitig ist die Vermarktung und die Akquise wichtig, um die persönliche Finanzierung zu sichern.
Hat sich da nicht viel geändert in den vergangenen Jahrzehnten?
Sicherlich. Die Zeiten der 80er und 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, in denen es hieß „Der Künstler muss vor der Leinwand sterben“, sind vorbei, und das ist sehr gut so.

Sie arbeiten viel als Künstlerin im öffentlichen Raum.
Über Wettbewerbe erhielt ich schon während des Studiums mein erstes Projekt. Das ist ein spannendes Genre, da ich als Künstlerin den öffentlichen Raum aufwerten und etwas Anspruchsvolles schaffen kann. Dies kann dazu führen, dass die Menschen ihre Wahrnehmung weiten, sich mit der Kunst befassen und sich damit identifizieren. Dies unterscheidet sich stark von der Kunst im musealen, elitären Raum.
Sie haben sich 2002 mit Ulrike Israel im „KunstUnternehmen“ zusammengetan.
Ja, das war nach Nine-Eleven, den Terroranschlägen auf das World Trade Center. Im „KunstUnternehmen“ geht es um die Verknüpfung unterschiedlicher Welten durch die Kunst. Damals brachten wir die drei Weltreligionen durch ein großes Kulturfest zusammen, später erarbeiteten wir Projekte mit der Wirtschaft, gemeinsam mit anderen Künstlern, und seit 2014 arbeiten wir im sozio-kulturellen Bereich. Geflüchtete mit hier Lebenden bringen wir durch spannende Kunstprojekte in einen Austausch. Themen wie Integration, Demokratie und Menschenrechte werden durch die Kunst in die Öffentlichkeit gesetzt, so dass positive Impulse und rege Auseinandersetzungen entstehen.
Wohin entwickelt sich Ihr Kunstschaffen?
Das kann man nie vorhersagen. Aus einer Idee heraus entstehen Veränderungen und – langsame – Entwicklungen. Ich bearbeite momentan im Atelier Linien, reduziert auf eine bestimmte Länge und drei unterschiedliche Breiten mit einem Skalpell. In dieser selbst auferlegten Reduktion ergibt sich – ähnlich einem Barcode – eine unerwartet große Vielfalt an Varianten. Es entstehen serielle und rhythmische Arbeiten.
Was verbindet Sie mit Ihrer Heimat, dem Schwarzwald?
Als eines von sieben Kindern in ländlicher Abgeschiedenheit hat mich der Schwarzwald unmittelbar geprägt. Die Kontinuität in meiner Arbeit, mein Wille und meine Beharrlichkeit, rühren – meine ich – daher. Ab und an besuche ich den Schwarzwald und genieße die einstige Heimat.