Eigentlich ist es in einem Land, in dem Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit herrscht, kaum vorstellbar. Da sind zwei Menschen, die sich lieben, die gar nicht so weit voneinander entfernt wohnen, die sich aber nicht begegnen und in die Arme schließen dürfen. Schuld sind die geschlossenen Grenzen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Eine Beziehung zwischen Menschen diesseits und jenseits der Schweizer Grenze ist derzeit zum Stillstand verurteilt.
Zwei Bonndorferinnen, deren Partner in der Schweiz leben, erzählen im Gespräch, was diese erzwungene Trennung mit ihnen macht und wie sie damit umgehen. Seit zehn Monaten sind Jana Maier (Name geändert) aus Bonndorf und Yavuz (30) aus der Schweiz ein Paar. „Wir haben uns über das Internet kennengelernt“, erzählt Jana und ergänzt, dass für sie beide die Entfernung zwischen Bonndorf und dem Raum Schaffhausen kein Problem dargestellt hatte.
So viel Zeit wie möglich haben die Beiden miteinander verbracht und jetzt – jetzt steht die Landesgrenze unüberwindlich zwischen ihnen. Die Stimmung ist dementsprechend trübe bis traurig, oder wie Yavuz die Sache am Telefon beschreibt: „Mir geht es ehrlich gesagt sch.... Es ist eine blöde Situation, die wohl niemand so erwartet hätte.“
Kontakt halten die Beiden nun halt per Telefon, es wird geskypt und man greift auf WhatsApp-Telefonate zurück. Es sei schon toll, dass man mit den digitalen Technologien viele Möglichkeiten hat und sich dabei auch sehen kann, versucht Jana sich zu trösten. Ablenkung suchen die Zwei beim Spazieren gehen, mit Sport oder durch Kochen. Ein weiteres Phänomen, das beiden auffällt, ist: „Man putzt mehr und auch das Lesen hat wieder einen höheren Stellenwert.“ Hilfreich in der jetzigen Situation ist für die Beiden, dass sie beruflich noch voll eingespannt sind. Die Arbeit lenkt ab.
Es bleibt vorerst beim Träumen
Natürlich hoffen Jana und Yavuz, dass das Getrenntsein bald ein Ende hat und dementsprechend verfolgen sie die Entwicklung in Sachen Corona-Regelungen täglich mit Spannung und auch Hoffnung. Seit 15. März haben sie sich nicht mehr gesehen.
Jana erzählt: „Da war ich bei Yavuz in der Schweiz und habe dann in den Nachrichten gehört, dass die Grenzen dichtgemacht werden am nächsten Morgen. Meine Mutter hat mir extra noch geschrieben, dass ich vor acht Uhr über die Grenze fahren soll. Das hab ich gemacht. Seither warten wir auf ein Wiedersehen.“
Haben sie schon mal dran gedacht, sich heimlich an der grünen Grenze zu treffen? Natürlich träume man davon, sich endlich wieder in die Arme schließen zu können, sagt dazu die 30-jährige Bonndorferin. Beim Träumen bleibt es aber auch.
Diese Einsicht dürfte eine gute Entscheidung sein. Ein Grenzübertritt ist nämlich schlicht und einfach nicht möglich, Zollhubschrauber fliegen täglich die Grenzen ab, auch Drohnen werden eingesetzt. Wer erwischt wird, dem drohen saftige Strafen. Die Regelungen sind strikt und hart.
Urlaubspläne vom Tisch
Vom Tisch sind durch die Corona-Pandemie auch erst einmal alle Urlaubspläne. Jana: „Wir wollten eigentlich um Ostern rum nach London, vielleicht noch einen Städtetrip nach Barcelona machen, diese Pläne sind schon mal Makulatur. Und dann wäre da noch unser erster gemeinsamer Sommerurlaub ja, wir werden sehen, wie es weiter geht. Aber ehrlich gesagt glauben wir, dass es noch eine Weile dauert, bis sich die Lage wieder bessert.“
Eines ist für Jana und Yavuz aber klar: „Wir geben auf keinen Fall die Hoffnung auf, wir sind optimistisch und denken positiv. Es werden auch wieder andere Zeiten kommen, für unsere Beziehung ist das kein Problem – wir schaffen das. Und dank der vielen Witze und Filmchen über das Klopapier gibt es immer wieder was zu lachen – das wird uns bleiben.“
Auch zwischen Margot Müller (Name geändert) (59) und Francois (68) hat die Corona-Krise eine Grenze gezogen. Seit Mai 2019 ist die Bonndorferin mit dem Schweizer zusammen, nachdem es am Schluchsee zwischen den Beiden gefunkt hat. „Man muss mit der Situation einfach klar kommen, wir haben keine Wahl“, sagt Francois, und ergänzt, dass die täglichen Telefonkontakte schon helfen, eine gewisse Nähe zu waren.
Ablenkung durch Sport und Spiele
Gut essen, viel Lesen und Sport sind für den 68-Jährigen Mittel, um sich abzulenken und die 59-jährige Margot hält es mit spazieren gehen, Pilates und Seilhüpfen, außerdem habe sie ihre Leidenschaft für Puzzles wieder entdeckt.
Auch für Margot und Francois fiel der Grenzvorhang Mitte März, seitdem ist Francois in der Schweiz und Margot in Bonndorf. Da wohl niemand genau weiß, wie lange die Grenzen noch geschlossen bleiben, hat das Paar auch keine konkreten Pläne. „Wenn wir uns endlich wieder sehen können, entscheiden wir spontan“, sagt Margot, die dabei befürchtet, dass das noch eine ganze Weile dauern wird.
Abschließend hat sie noch einen Tipp für Pärchen in der gleichen Situation: „Immer positiv denken, die Hoffnung nicht aufgeben, Kontakt halten und genau die Dinge tun, zu denen man sonst nicht kommt.“