Görwihl Einen spannenden Dialog zwischen musikalischen Epochen hat das Ensemble Côté Jardin mit Miriam Klüglich (Violine), Mareike Peissner (Bratsche), Hanna Hesse (Cello) und Harald Sinot (Flügel) zum Konzert im Görwihler Pfarrsaal mitgebracht. In direkter Konfrontation erklangen Gustav Mahlers Klavierquartett in a-Moll und Alfred Schnittkes Auseinandersetzung mit dessen erhaltenem Scherzofragment. Vervollständigt wurde das Bild durch das Klavierquartett in c-Moll, op. 60, von Johannes Brahms.
Mahler verfasste sein Quartett während der Studienzeit von 1875 bis 1878 noch nicht einmal 20-jährig. Davon sind lediglich der noch stark vom romantischen Vorbild eines Brahms geprägte erste Satz sowie ein 17 Takte umfassendes Scherzofragment erhalten. Schnittke wiederum bezieht sich ausdrücklich im Scherzo seines 1988 entstandenen Klavierquartetts auf Mahlers Fragment. Mahlers Quartettsatz, überschrieben mit „Nicht zu schnell – Entschlossen“, beginnt mit einem hochromantisch-melancholischen Impetus, erzeugt von der Nervosität durchlaufender Tonrepetitionen im Klavier, gepaart mit einem weichen, vollen Streicherklang. Mit jäher Dramatik wechselt der Satz zu einem forsch-fordernden Charakter, der, in düster-sehnsüchtige Lyrik zurückverwandelt, den Satz doch leicht versöhnlich ausklingen lässt.
Alfred Schnittke grundiert sein Scherzo quasi mit Mahlers Tonfall, verpasst ihm aber durch seinen eigenen Kompositionsstil, der das Material in dissonanten Schichten leicht versetzt übereinanderlegt, ein ganz neues Gewand, das auch den Charakter vom Sehnsüchtigen zum Existenziellen hin überhöht. So wirkt der Beginn wie ein bedrohlich ansteigendes Summen, abgelöst von harten Schlägen im Klavier und dissonanten Glissandi der Streicher. In diese Vehemenz baut Schnittke schließlich die ursprünglichen Scherzotakte Mahlers am Ende als wörtliches Zitat ein wie den erinnernden Blick an eine vergangene Zeit.
Johannes Brahms begann sein Klavierquartett ursprünglich 1855, im Alter von 22 Jahren, in is-Moll, und vollendete es erst 20 Jahre später, dann in c-Moll. Seinem Verleger Simrock gegenüber benannte er dessen Gefühlswelt als die eines verzweifelten Selbstmörders in Anlehnung an Goethes Werther. Das spiegelt sich vor allem im düsteren Beginn und in den verzweifelten Ausbrüchen des ersten Satzes sowie in der Unruhe des Scherzos wider. Großartig umgesetzt wird diese Gefühlswelt von den vier in genialer Meisterschaft zusammenwirkenden jungen Instrumentalisten. Das Andante hingegen zelebrierten sie als perfektes Idyll, und bewiesen in den zart-behutsamen Pianissimostellen und dem aparten Wechselspiel von Klavier und Streichern im Finale nochmals eindrücklich ihre höchst differenzierte Spielweise.