Dicke Luft in Görwihl: Nach unserem Bericht „Kritik an Ärzteversorgung„ vom Mittwoch, 1. Juli 2020, hat gestern der Arzt, der die Praxis von Gerhard Geis-Tyroller übernehmen wollte, Vorwürfe gegen Bürgermeister Carsten Quednow erhoben.
Mohamed Baker Jafar, ein aus dem Irak stammender Allgemeinmediziner, teilte per E-Mail an die Redaktion mit Bezug auf die nicht zustande gekommene Praxisübernahme mit: „Meiner Meinung nach ist der Bürgermeister verantwortlich für das Ergebnis.“
Quednow habe „am Anfang persönlich viel versprochen“. Aber: „Im Verlauf hat er immer wieder betont: Ich habe kein Sack voll mit Geld zu verschenken. Damit habe ich mich mehrmals beleidigt gefühlt, da ich nicht wegen Geld da bin, sondern einfach Unterstützung von der Gemeinde zum Überleben bräuchte“, so Mohamed Baker Jafar.
Sein Fazit: „Letztendlich bedauere ich es sehr, dass ich Görwihl nicht bedienen kann aufgrund fehlender Kooperation und Flexibilität des Bürgermeisters.“ Telefonisch war Jafar gestern nicht zu erreichen, er reagierte auch nicht auf die schriftliche Bitte um ein Gespräch. Der Arzt war zuvor am Krankenhaus Wurzen im Landkreis Leipzig tätig gewesen. Dort erhielt er 2018 nach einem Bericht der Leipziger Volkszeitung die Kündigung aus „betriebsbedingten Gründen“.
Arzt bittet Gemeinde um Kredit
Bürgermeister Quednow wies die Vorwürfe gestern gegenüber dieser Zeitung zurück. „Die Gemeinde Görwihl hat sich an die Vorgabe des Landratsamtes Waldshut gehalten“, erklärte er das Scheitern der Praxisübernahme durch Mohamed Baker Jafar. Der an der Praxis von Geis-Tyroller interessierte Arzt hatte laut Alfred Laffter, Initiant von „Görwihl sucht Doc“, die Gemeinde um einen einmaligen Kredit in fünfstelliger Höhe zwecks Überbrückung des ersten Betriebshalbjahrs gebeten.
Landratsamt klärt auf
Aber: Das Landratsamt Waldshut hatte den Bürgermeister darauf hingewiesen, dass dies nach dem Kommunalrecht nicht gestattet ist. Ein solches Geschäft sei Sache einer Bank, jedoch keine Gemeindeaufgabe. Normalerweise müsste sich, wie bei jedem Unternehmen, die Tätigkeit eines Arztes ohne einen Beitrag von der Gemeinde tragen, erklärte Hannelore Raufer vom Kommunal- und Rechnungsprüfungsamt.
„Das ist Mobbing auf höchstem Niveau“
Quednow äußerte Verständnis für die Enttäuschung des Arztes, aber nicht dafür, dass er sie an der Person des Bürgermeisters festmache. Quednow: „Es geht hier nicht mehr um die Sachlichkeit. Das ist Mobbing auf höchstem Niveau.“ Quednow sprach von „Verleumdung„ und wollte sich rechtliche Schritte gegen den Arzt überlegen.