Görwihl Christina Germolus ist „Christina von Schweden – Königin und Ikone“. In Hosen und Reitstiefeln steht sie da, aufrecht, selbstbewusst, eine königliche Gestalt. Begleitet von der Musik derjenigen Komponisten, die sie förderte, lässt sie ihr spannungsgeladenes Leben Revue passieren. Dieses faszinierende Szenario erlebten die zahlreichen Gäste des Görwihler Kultursommers beim Konzert am Samstagabend in der Görwihler Pfarrkirche hautnah in Form eines Sing-Sprech-Spiels mit Sopranistin Christina Germolus, Geigerin Gabriele Steinfeld und Cembalistin Anke Dennert.
Von Thomas Baltzer, der zu Christinas Jugend am schwedischen Hof wirkte, erklangen Preludio und Allemanda für Solovioline, von Louis Couperin, dessen Musik Christina bei Aufenthalten in Paris schätzen lernte, ein Cembalostück. Dem Hamburger Ratsmusiker Johann Schop begegnete Christina bei Aufenthalten in Hamburg, Arcangelo Corelli war Mitglied der von Christina von Schweden gegründeten Accademia. Von ihm erklang eine mit überschäumender Spielfreude interpretierte fünfsätzige Sonata. Eher schmerzlich verhalten wirkte Giacomo Carissimis Sonata. Seine Werke wurden im römischen Salon Christinas aufgeführt, Alessandro Scarlatti schließlich, von dem Anke Dennert eine Toccata spielte, war 14 Jahre lang Christinas Kapellmeister in Rom. Sowohl die Solostücke als auch die Sonaten für Violine und Basso continuo, mit ebenso viel Begeisterung wie meisterlichem Können vorgetragen, waren passgenau auf die jeweiligen Emotionen zugeschnitten, die Christina Germolus aus Textdokumenten der schwedischen Königin wie Briefe und Tagebücher in den einzelnen in die Musik eingebetteten Szenen vortrug.
Darin zeichnete sie das Bild einer vom Vater ersehnten und geliebten Thronerbin und zugleich eines von der Mutter mit Enttäuschung und Kälte bedachten Kindes. Sie genießt einerseits eine durchaus männliche Erziehung, die sie auf den Thron vorbereitet, soll aber andererseits zur Sicherung des Fortbestandes des protestantisch geprägten schwedischen Königshauses in die klar definierte Rolle der Ehefrau und Mutter zurücktreten? – Niemals, das macht Christina unmissverständlich deutlich. Und zudem ist ihr der Krieg zuwider. Sie träumt von der Freiheit des Christentums.
Erste geheime Schritte der Abdankung plant sie bereits vor der Krönung, trifft sich im Verborgenen mit Jesuiten. Obwohl sie den Friedensschluss tatkräftig fördert, Descartes nach Schweden holt, Stockholm zu einem „Athen des Nordens“ macht, in dem die Künste erblühen, zieht der Süden sie magisch an. Sie konvertiert zum Katholizismus, träumt von neuen Königswürden in Neapel und wird schließlich in Rom zu einer Patronin der Künste. Endlich frei von jeglicher Art Verpflichtung tanzt Christina Germolus als Christina von Schweden und singt zum Abschluss mit den beiden Musikerinnen eine Arie, darin nochmals die ganze Strahlkraft ihrer Rolle wie auch ihrer eigenen Persönlichkeit dem begeisterten Publikum vor Augen und Ohren führend.