Viele Konstanzer waren schon einmal dort: In Lodi, gut 30 Kilometer südöstlich von Mailand gelegen; Gäste vom Bodensee kennen dieses bezaubernde Städtchen unter anderem für seinen originellen Palio. Da werden hübsche Holzpferde um die Wette über das historische Pflaster geschoben, was immer eine große Gaudi ist.
Doch aktuell wird Lodi von einem kommunalpolitischen Skandälchen erschüttert, das auch etwas mit Pferdestärken zu tun hat. Die Geschichte geht so: Der Chef des dortigen Trinkwasserversorgers war Mitte August auf der deutschen Autobahn unterwegs.
Genauer gesagt, auf der A81 in Richtung Stuttgart. Mit einem Porsche. An einer Stelle ohne Beschränkung ist er 260 gefahren. Bei diesem Tempo ist der Bremsweg nach der ADAC-Faustformel 676 Meter lang – also viermal so lang wie bei Richtgeschwindigkeit 130.
Und hat das nach übereinstimmenden örtlichen Medienberichten mit dem Handy gefilmt sowie das Video auf sozialen Netzwerken veröffentlicht (und schnell wieder gelöscht). Es kam, wie es kommen musste – zumal in Italien mit seinem Hang zur großen Inszenierung. Denn der Mann mit dem Bleifuß war in der Vergangenheit Stadtrat der Mitte-Links-Partei Partito Democratico und sieht sich jetzt mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.
Jemandem, der eine Verantwortung für ein so hohes öffentliches Gut wie das Trinkwasser habe, könne man so eine Verantwortungslosigkeit nicht durchgehen lassen, heißt es zum Beispiel vom politischen Gegner, der rechtsgerichteten Lega Nord. So berichten es übereinstimmend italienische Medien, auf der Internetseite des angesehenen „Corriere della Sera“ ist das Video weiterhin vollständig zu sehen.
Jetzt pocht die Lega Nord auf einmal auf Anstand
Die Lega Nord hat auch in Lodi einigen Einfluss, stellte zeitweise die Bürgermeisterin – was 2018 zu deutlichen diplomatischen Verstimmungen auch in Richtung Konstanz führte. Denn die Rathauschefin erntete breite Kritik, als sie Flüchtlingskindern das Schulmittagessen verweigern wollte. Nun nutzt ihre Partei offenkundig die Chance auf einen Gegenschlag, unterstützt auch von anderen Kräften in der Partnerstadt.
Ob der Ober-Wasserwerker in Lodi seine Eskapade politisch übersteht, war zunächst noch nicht abzusehen. Er selbst betonte gegenüber örtlichen Medien, er habe nichts Verbotenes getan, weil es auf dem betreffenden Teilstück der A81 – anders als generell auf italienischen Autobahnen – kein Tempolimit gegeben habe. Und: Er habe das Handy bei seiner rasanten Fahrt nicht in der Hand gehabt, sondern an einem Band um den Hals getragen.