Karl Valentin sagte einst: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Diese Aussage zeigt wohl das Element, welches in jeder Art der Kunst-Ausübung am wenigsten sichtbar ist und vielleicht auch sein sollte, um dem Genuss nicht im Wege zu stehen. Das ist auch im Kunsthandwerk nicht anders.

Beim Eintritt in den Geschäfts- und Ausstellungsraum Berthold Neumanns empfangen den Besucher neben konventionellen Keramiken mehrheitlich in Formgebung und Farbe bemerkenswerte Exponate. Die außergewöhnlichen Stücke sind hauchdünn gedrehte Schalen, teils mit durchbrochenem Rand oder komplett netzartig gestaltet, große Schalen oder Teeschalen – auch aus Porzellan, dünnwandig und durchscheinend.

Das in Hüfingen zur Themenausstellung „Gedankensprünge“ mit dem 1. Preis prämierte Werk.
Das in Hüfingen zur Themenausstellung „Gedankensprünge“ mit dem 1. Preis prämierte Werk. | Bild: Ingrid Ploss

Neumann liebt es, an Grenzen zu gehen – mit besonderen Techniken, Formen oder der Art der Glasur. Er arbeitet mit zwei diffundierenden Glasuren, welche immer wieder verschiedene Effekte und feine Übergänge ergeben. Seine jahrelange Erfahrung kommt dabei zum Tragen. Jeder Töpfer sammelt im Laufe seines Arbeitens Erkenntnisse über Materialbeschaffenheit, Brenntemperaturen und Glasurzusammensetzung, die zu unterschiedlichen Ergebnissen und dem ganz eigenen Stil eines jeden führen. Ausprobieren, schauen was passiert, um das Gewünschte zu erreichen und Erkenntnisse gezielt einzusetzen, sind prägend für künstlerische Individualität.

Mit besonderer Kunstfertigkeit dreht Neumann mit ruhiger Hand die Tonmasse bis zur Wandstärke eines Millimeters. Das Wärmen der Objekte mittels eines Föns während des Drehens unterstützt ihn dabei. Dadurch wird der Ton schneller lederhart, bleibt formstabiler und ermöglicht ein sofortiges Brennen nach der Fertigstellung. Das spart die sonst lange Trocknungszeit. Mit der Hammerschlag-Technik, japanisch „fliegendes Messer“ genannt, kreiert Neumann markante Muster. Diese entstehen dadurch, dass während des Drehens ein kleines Messer an der Innenwand des Objektes entlanggeführt wird, wodurch Vertiefungen entstehen, in denen sich die Glasur stärker absetzt. Da Neumann mit lebensmittelechten Gesteinsmehl-Glasuren arbeitet, sind seine Schalen Kunstobjekt und Gebrauchsgegenstand zugleich.

Hier fertigt Berthold Neumann in seiner Werkstatt neue Schalen an.
Hier fertigt Berthold Neumann in seiner Werkstatt neue Schalen an. | Bild: Ingrid Ploss

Die vornehmliche Zuwendung zur Gestaltung von Schalen erklärt Neumann aus der Möglichkeit zu zweierlei Betrachtungen: „Aus Japan kennen wir die Teezeremonie. Da wird das Teetrinken kunstvoll zelebriert und besondere Gefäße aus denen getrunken wird, gehören dazu. Schalen offerieren für mich die Gedanken an etwas Umhüllendes, genauso wie an etwas Auffangendes. Dieses Gedankenspiel kann beim Betrachten der Schalen jeder für sich entdecken.“