Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) will 18 weitere Notfallpraxen im Land schließen. Bereits Anfang dieses Jahres hatte sie acht Notfallpraxen dauerhaft dicht gemacht, darunter die in Bad Säckingen und Schopfheim. Gegen die Schließung protestieren in einem gemeinsamen Schreiben an Sozialminister Manne Lucha 20 Landräte.

Landräte: KVBW schließt Notfallpraxen, ohne sich mit Landkreisen, Kommunen, Krankenhäusern oder Rettungsdiensten abzusprechen

In ihrem Schreiben an Minister Lucha fordern die Landräte diesen auf, die KVBW endlich zu kontrollieren. Diese schließe nun schon zum zweiten Mal binnen eines Jahres zahlreiche Notfallpraxen, „ohne bei ihren Entscheidungen die Landkreise, Städte und Gemeinden oder die Krankenhäuser und den Rettungsdienst als Mitverantwortliche in der medizinischen Notfallversorgung zuvor beteiligt zu haben. Diese werden vielmehr vor vollendete Tatsachen gestellt“.

In den Landkreisen Waldshut und Lörrach waren bereits im Oktober 2023 die Notfallpraxen in Bad Säckingen und Schopfheim zunächst vorübergehen, im nachfolgenden Februar dann dauerhaft geschlossen worden. Die beiden damals verbliebenen Notfallpraxen bei den Krankenhäusern Waldshut und Lörrach sind vom neuesten Kahlschlag aber nicht betroffen.

Kommt die KVBW ihrem gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung der Notfallversorgung überhaupt nach?

Die Landräte bitten den Minister eindringlich, zu überprüfen, ob die KVBW ihrem gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung der Notfallversorgung heute und in Zukunft überhaupt noch hinreichend nachkomme. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die KVBW tun und lassen könne, was sie wolle. Würden die Schließungspläne umgesetzt, werde es Notfallpraxen geben, die für 400.000 und mehr Menschen zuständig seien, schreiben sie. Auch die von der KVBW veranschlagten Fahrzeiten von maximal 30 beziehungsweise 45 Minuten zur nächsten Notfallpraxis unterstellten, dass jeder über einen Pkw verfüge und ohne Verkehrsstörungen dorthin gelangen könne.

Notfallpraxis und Notaufnahme: Was ist der Unterschied?

Die Landräte weisen auch Probleme bei der haus- und fachärztlichen Versorgung hin. Über 1000 Hausarztsitze seinen derzeit nicht besetzt, der Altersdurchschnitt der Hausärzte sei so hoch, dass absehbar erhebliche Kapazitäten wegbrechen würden, bei den Kinderärzten spiegelten die Bedarfszahlen der KVBE die Versorgungssituation nicht wieder. Die mangelnde ärztliche Versorgung führe zu einer höheren Belastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser und der Rettungsdienste. Die KVBW müsse sich deshalb einem ernsthaften Dialog mit den anderen Akteuren des Gesundheitswesens auf regionaler Ebene öffnen, schreiben die Landräte. „In Fragen der Notfallversorgung braucht es gemeinsame Strukturen des ambulanten und des stationären Sektors.“

Weshalb der Name des Waldshuter Landrats in der Medienmitteilung fehlte

Unklar war zunächst, wie viele und welche der 35 baden-württembergischen Landräte die Initiative unterstützen. In einer am Freitag unter Federführung des Landratsamtes Karlsruhe versendeten Medienmitteilung waren 18 Unterzeichner aufgeführt, darunter die Lörracher Landrätin Marion Dammann, nicht aber der Waldshuter Landrat Martin Kistler.

„Selbstverständlich trägt unser Landrat die Erklärung mit“, sagte dazu auf unsere Anfrage Susanna Heim, Sprecherin des Landkreises. Kistler habe den auf 17. Oktober datierten Brief ebenfalls unterzeichnet, sein Name fehle aber in der am Tag danach veröffentlichten Pressemitteilung. Martin Zawichowski, Sprecher des Landkreises Karlsruhe, bestätigt dies und spricht von einer „technischen Panne“. Zusammen mit Kistler sei auch dessen Sigmaringer Amtskollegin Stefanie Bürkle in der Medienmitteilung nicht als Unterzeichner genannt worden.

Anmerkung: In einer älteren Version dieses Beitrag war von 18 Notfallpraxen die Rede, die geschlossen werden sollen.