„Wir leben im Zentrum der Hauptstadt Pekings, im Geschäfts- und Finanz-District namens Chaoyang„, erklärt der gebürtige Waldshuter Bernd Bornhauser (36). „Wir waren erst Anfang Januar aufgrund eines Familienereignisses in Waldshut. Zu diesem Zeitpunkt war das Thema Corona-Virus noch gar nicht wirklich bekannt.“ Nach der Rückkehr der Familie nach China am 20. Januar sei es dann Schlag auf Schlag gegangen und die Situation habe sich jeden Tag mehr angespannt.
„Der Alltag ist durch das Corona-Virus inzwischen stark eingeschränkt und reglementiert.“
Bernd Bornhauser
Die Maßnahmen, die in China getroffen wurden, beschreibt Bornhauser so: „Im Prinzip hält die Regierung momentan jeden dazu an, sich so viel wie möglich zu Hause aufzuhalten, um weitere Ansteckungen einzudämmen.“
Die Zentralregierung „demonstriert aktuell ein sehr entschlossenes Vorgehen gegen die weitere Ausbreitung des Virus. Vieles ist wirklich bemerkenswert und konsequent, manches aber auch über das Ziel hinausgeschossen“, so Bornhauser.
„Jedes Wohnviertel und jedes größere Haus führt Temperaturmessungen durch. Es gibt überall Desinfektionseinrichtungen und sogar Autos werden vor bei der Einfahrt in Tiefgaragen desinfiziert.“
Bernd Bornhauser
Ob er und seine Familie bereits mit Krankheitsfällen im Umfeld konfrontiert gewesen seien? „Bisher haben wir weder im Bekanntenkreis noch in der Firma (immerhin mehrere tausend Mitarbeiter) von einem Krankheitsfall gehört“, sagt Bornhauser, der für deutschen Automobilkonzern tätig ist und seit rund drei Jahren in Peking lebt.

Das gesellschaftliche Leben in Peking ist laut Bornhauser allerdings stark eingeschränkt: „Fast alle Restaurants und viele Einzelhandelsgeschäfte blieben momentan geschlossen und dürften aktuell noch nicht eröffnen.“
„Sie müssen sich auch das Straßenbild ungefähr so vorstellen wie in Deutschland am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages: Die Menschen bleiben lieber zu Hause, es herrscht eine merkwürdig ruhige Stimmung, es gibt kaum Straßenverkehr und die Shoppingmalls und Einkaufsstraßen sind quasi menschenleer. Dort wo früher quasi ununterbrochen das Leben pulsierte, ist auf einmal totale Stille.“
Bernd Bornhauser
Verlassen seien auch die Gebäude der Kindergärten, Schulen und Universitäten.

Sie bleiben „bis auf Weiteres, vermutlich noch bis Ende März, geschlossen“, so Bornhauser. Von der Schließung ausgenommen seien jedoch Supermärkte und Lebensmittelmärkte: „Die Nahrungsversorgung läuft aktuell noch einwandfrei, aber man merkt schon, dass das eine oder andere Produkt nicht mehr im Regal ist“, so Bornhauser. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von gestiegenen Preisen bestimmter frischer Produkte, wie beispielsweise Fleisch, Eier oder Obst.
„Wir haben diesbezüglich auch privat ein wenig vorgesorgt und mehr Vorräte als sonst, aber nach unserem Eindruck funktioniert die Versorgung gut und es gibt auch keine Panikkäufe oder ähnliches. Die Menschen sind zwar besorgt, aber ruhig und besonnen.“
Bernd Bornhauser
Auch das Erwerbsleben ist vom Virus betroffen: „Die Stadtregierung verlangt inzwischen eine tägliche Selbstauskunft, die online auszufüllen ist, damit man am nächsten Tag zur Arbeitsstätte kommen darf. Die meisten Firmen haben inzwischen wieder die Arbeit aufgenommen, aber viele Mitarbeiter arbeiten noch von zu Hause aus, falls es der Job zulässt.“
Ob Bernd Bornhauser mit dem Gedanken gespielt habe, China zu verlassen? „Wir haben natürlich innerhalb der Familie, im Kollegenkreis (alleine in meiner Firma arbeiten rund 500 Deutsche) darüber diskutiert, ob eine Ausreise sinnvoll wäre. Die Firma hätte auch die Kosten für die Flüge übernommen.“ Allerdings hätte der Flug möglicherweise in Deutschland und dann auch bei Rückkehr nach China eine 14-tägige Quarantäne erfordert, was sich die Familie nicht habe zumuten wollen.
„Außerdem kennt das Virus weder Landesgrenzen noch Nationalitäten“, betont Bernd Bornhauser. Er habe sich die grundsätzliche Frage gestellt:
„Wären wir in Deutschland sicherer, nur weil dort (noch) nicht so viele Fälle bekannt sind?“
Bernd Bornhauser
Die Antwort sei eindeutig ausgefallen: „Wir haben uns daher entschieden, allesamt hierzubleiben und das Beste aus dieser Zeit zu machen.“