Landrat Martin Kistler erklärte zu Beginn seiner Amtszeit den Aufbau eins kreisweiten Hochgeschwindigkeitsnetzes zur Chefsache. Er setzte damit ein Zeichen und gab eine Antwort auf das „Marktversagen“ der großen Telekommunikationsanbieter. Die hatten damals kein Interesse, ihr Netz im ländlichen Raum zukunftsfähig auszubauen. Ziel ist es seither, im Landkreis Waldshut, seinen 32 Städten und Gemeinden sowie Schluchsee eine flächendeckende Versorgung mit einem Glasfasernetz zu erreichen. Die Fragen beantwortet Regierungsdirektor Walter Scheifele, im Landratsamt Waldshut zuständig für den Breitbandausbau.
1. Wie weit ist der Netzausbau im Landkreis fortgeschritten?
145 Kilometer Backboneleitungen wurden im Landkreis in Eigenregie verlegt. Bonndorf und Stühlingen verlegen den Backbone in eigener Zuständigkeit zusammen mit dem kommunalen Netz. Bezogen auf die Gesamtlänge des Backbonenetzes sind über ein Drittel der Rohre verlegt.
2. Wo wird derzeit gebaut?
Neben den Städten Bonndorf und Stühlingen wird das Netz durch die Arbeitsgemeinschaft Steinebrunner, Klefenz und Lienhard an verschiedenen Stellen im Landkreis gebaut. Aktuell werden Ausbauarbeiten im Bereich B 500 und in den Gemeinden Schluchsee, Wutach und Weilheim vorgenommen. Zwischen den Tiefbauarbeiten zur Verlegung der Rohre und dem Einblasen der Kabel (Fasern) ist zu unterscheiden.
Die Fasern werden erst zu einem späteren Zeitpunkt über größere Längen eingeblasen, sodass dieses einblasen mit einem „zeitlichen Versatz“ erfolgt. Notwendige Spleißpunkte und Muffen (mögliche „Unterbrechungen“) sollen dadurch reduziert werden, da damit auch Kosten und Übergänge verbunden sind. Im Bereich Bonndorf und Stühlingen werden die ersten Nutzer über das kommunale Netz bereits versorgt.
3. Welche Aufgaben hat der Zweckverband Breitband noch zu erledigen?
Der Zweckverband hat bisher beraten und sich um die Betreiberausschreibung, die erfolgreich abgeschlossen werden konnte, gekümmert. Die Beratung der Kommunen hinsichtlich der Bundesförderung werde eine weitere Aufgabe sein. Derzeit werden Überlegungen angestellt, in welchem Umfang der Zweckverband seinen Aufgabenbereich fortschreiben kann. Überlegt werde, inwieweit Aufgaben der Kommunen durch den Zweckverband übernommen werden können, die sich mit dem Bau und Betrieb des Breitbandnetzes ergeben. Die Aufgabenteilung bleibe dabei erhalten.
4. Welche Gemeinden haben sich für die interkommunale Zusammenarbeit entschieden?
Neben der Zusammenarbeit im Zweckverband gibt es die verschiedenen IKZ‘s (Interkommunale Zusammenarbeit): Zusammengeschlossen haben sich Bernau, Dachsberg, Görwihl, Höchenschwand, Ibach, Schluchsee, St. Blasien, Todtmoos. Auch Bonndorf, Grafenhausen, Stühlingen, Ühlingen-Birkendorf und Wutach kooperieren, ebenso Albbruck, Laufenburg und Murg. Auch Herrischried und Rickenbach arbeiten beim Netzausbau zusammen.
5. Wie sieht der Zeitplan bis zum kompletten Netzausbau aus?
Am bisherigen Zeitplan hat sich nichts konkretes geändert. Der Backbone soll bis 2021/22 fertig gebaut sein. Die Bautätigkeit wurde von Beginn an mit vier bis fünf Jahren angegeben. Die Gemeinden bestimmen besonders in den verschiedenen IKZs das Tempo selbst.

6. Wann ist das Netz kreisweit nutzbar?
„Dazu kann derzeit keine verbindliche Aussage erfolgen“, sagt Scheifele. In den Gemeinden erfolge der Ausbau in Teilabschnitten – auch abhängig von der Nachfrage. „Bis alle Gemeinden mit einem umfassenden Ortsnetz vollständig versorgt sind, wird es noch länger dauern und ist abhängig von der zukünftigen Förderung und der Nachfrage“, betont der Fachmann aus dem Landratsamt.
7. Welche Kosten werden für Kommunen und Landkreis entstanden sein?
Für den Landkreis liegt der Eigenanteil des Backbones nach Aussage von Walter Scheifele bei rund fünf Millionen Euro. Das Land fördert diesen Ausbau mit etwa 26 Millionen. Je nachdem in welchem Umfang die Netze in den Kommunen ausgebaut werden, schätzt das Landratsamt „vorsichtig kreisweit einen Betrag von etwa 200 bis 300 Millionen Euro Investitionssumme“ (Scheifele), wenn alle Netzaktivitäten bauseitig zusammengefasst werden. „Dieser Betrag ist allerdings nur beschränkt belastungsfähig“, betont er. Die Investitionskosten hängen auch davon ab, wie sich die Baupreise entwickeln, wenn in Zeiten einer hohen Nachfrage gebaut werde.
8. Wie viel davon wird durch Fördermittel abgedeck?
Kreisweit könne dazu keine konkrete Summe genannt werden, heißt es aus dem Landratsamt. Die Landesförderung ging von Festbeträgen je Meter Rohr und Faser aus, die Bundesförderung orientiert sich an den Ist-Kosten bezogen auf die Investitionskosten dynamischer. Der Basissatz der Bundesförderung beträgt 50 Prozent und wird durch Landesmittel mit weiteren 40 Prozent aufgestockt.

Begeistert vom schnellen Netz
Seit dem 27. Mai wird die Schreinerei Isele in Weizen mit dem schnellem Internet versorgt. Der Inhaber Tobias Held freut sich über den rasanten Datenaustausch. Er gibt Einblick in die Veränderungen.
Tobias Held denkt mit grausen an die Zeit, als er noch im Schneckentempo mit 1,5 Mbit/s auf der Datenautobahn dahinschlich. Seine kürzlich angeschaffte hochmoderne Maschine musste mit einem Stick auf den neuesten Stand gebracht werden, an Fernwartung war kaum zu denken. Hochkomplexe 3D-Zeichnungen von Bauplänen oder Möbeln konnten nicht mit Architekten oder Kunden am Computer besprochen werden. „Öfter mussten wir mit einem USB-Stick zu Sto, um unsere Pläne abzugehen“, berichtet Tobias Held.
Das hat sich mit dem 27. Mai schlagartig geändert. Nun verfügt sein Betrieb über eine Datengeschwindigkeit von 200 Mbit/s. „Das ist für uns ausreichend, aber auch notwendig“, sagt der Firmenchef. Dauerte früher das Aufspielen neuer Software für seine neueste Maschine 25 bis 30 Minuten, so war das jüngste 800 MB große Update in 53 Sekunden abgeschlossen, erzählt Held.
Besonders freut ihn, dass er nun auch von zu Hause aus auf den Firmensurfer zugreifen kann. Zwar nur mit der halben Geschwindigkeit, doch die sei immer noch ausreichend. Nun können in „Echtzeit“ Zeichnungen und dreidimensionale Pläne mit einem Datenvolumen von 15 bis 20 MB problemlos mit Kunden besprochen und sofort angepasst werden. „Mich ärgert es dann, wenn ich jetzt auf einer Baustelle bin und kein schnelles Netz habe, um am Laptop die Pläne zu besprechen“, sagt Held.
Begeistert ist der Unternehmer von Beratung, Service und Kompetenz des Netzbetreibers Stiegeler IT aus Schönau. „Der Landkreis hat einen guten Anbieter ausgewählt. Ich denke es ist ein Vorteil, das er aus der Region kommt. Jedenfalls bin ich rundum zufrieden und kann es jedem nur empfehlen.“