150 Jahre hat der Wolf fast keine Pfote mehr auf deutschen Boden gesetzt. Seit 30 Jahren vermehren sich die Populationen in Europa wieder. In Deutschland ist die international geschützte Tierart vorwiegend im Osten und Norden ansässig. Viele Wölfe sind in Norditalien, in der Schweiz, den französischen Alpen, Slowenien, Kroatien, den Karpaten, Polen heimisch.
Wenn ein Wolf das Rudel verlässt, um sich eine Partnerin zu suchen und eine Familie zu gründen, wandert er weiter und taucht schon mal in Gebieten auf, wo sonst Wölfe selten sind. Er hinterlässt Spuren, tappt in Fotofallen, reißt Beutetiere.
Einer dieser Wölfe ist in Süddeutschland angekommen. Ende November wurde bei Grafenhausen eine Losung (Kot) gefunden. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg hat sie untersucht. Seit kurzem liegt das Ergebnis vor. Das Landratsamt hat mitgeteilt: „Die Losung stammt eindeutig von einem Wolf.“
Er hat sich also nachweislich in der Region aufgehalten. Ob er noch da ist, oder weiter gezogen ist, wo er sich jetzt aufhält – dies wird derzeit noch untersucht.

Angst muss keiner haben. Wölfe meiden grundsätzlich den Kontrakt zu Menschen. Die Geschichte mit dem „bösen Wolf“ ist laut den Experten tatsächlich ein Märchen. Unbehagen löst der Wolf eher bei Landwirten oder Jägern aus. Denn Nutz- und Wildtiere zählen zur Beute des „canis lupus“, so der lateinische Name.
Woher kommt der Wolf?
Die genetische Analyse erfolgt in zwei Schritten. Der erste ist beendet. Damit ist festgestellt worden, dass die Losung von einem Wolf stammt. Die FVA untersucht im Moment noch, aus welchem Rudel der Wolf stammt. „Wir wissen noch nicht, woher, der Wolf gekommen ist“, sagt Felix Böcker, Wildbiologe beim FVA. Er könne nicht ausschließen, dass er aus der Schweiz, aus Nord- oder Ostdeutschland, Italien oder Frankreich komme, möglich sei alles.
Wo ist das Tier jetzt?
Die Frage nach dem Aufenthaltsort kann derzeit nicht beantwortet werde. „Ich vermute, dass er sich noch in der Region aufhält, ich kann es mir gut vorstellen“, mutmaßt Böcker. Ein Wolf mit der Kennung „GW852m“ etwa halte sich schon seit 2017 im Nordschwarzwald auf. Er stammt nachweislich aus dem Schneverdinger Rudel in Niedersachen.
Katrin Münch, Wildtierbeauftragte im Landkreis Waldshut, halte es dagegen für wahrscheinlich, dass der „Grafenhausener“ Wolf weiter gezogen ist. „Rüden wandern, sie suchen ein eigenes Revier und eine Partnerin. Finden sie keine, ziehen sie weiter“, sagt sie. In den höher gelegenen, mit Schnee bedeckten Gebieten in der Region seien keine Spuren gefunden worden.
Ist der Wolf für den Menschen gefährlich?
Dazu trifft die Umweltorganisation WWF in einer 100-seitige Broschüre eine klare Aussage: Wölfe, die in freier Wildbahn aufgewachsen sind, seien grundsätzlich nicht gefährlich. Wölfe seien Individualisten, eher vorsichtig, allenfalls neugierig. Sie bleiben zumeist unbemerkt. Gefährlich kann es nur werden, wenn die Tiere angefüttert oder provoziert werden, wenn sie Tollwut haben.

Probleme kann es mit entlaufenen und halbzahmen Wölfen oder Wolfs-/Hundmischlingen geben. Laut WWF leben in der EU 18.000 Wölfe. Statistisch gesehen, gebe es in zehn Jahren weniger als einen tödlichen Unfall. Obwohl die Population in den vergangenen 30 Jahren zugenommen habe, habe die Zahl der Unfälle abgenommen.
In Wohngebiete verirrt sich der Wolf, wenn er Hunger hat, er nicht geschützte Haustiere und tierische Abfallreste wittert, oder sich Wildtiere in Siedlungsnähe bewegen. Manchmal sucht er eine Abkürzung, Jungtiere treibt die Neugier in die Nähe der Häuser.
Die Umweltorganisation schreibt: Hinweise, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, gibt es nicht. Waldkindergärten müssen nicht geschlossen werden. Schulwege und Campingplätze sind sicher. Sicherheitswarnungen für Hundebesitzer und Landwirte seien sinnvoll, für die Allgemeinheit nicht notwendig. Wichtig seien dagegen Fortbildungsveranstaltungen auf allen Ebenen.
Tipps für den Ernstfall
Wie beeinflusst der Wolf Land- und Forstwirtschaft?
Der Wolf ist ein Fleischfresser. Er frisst das, was er leicht erbeuten kann. Seine Hauptbeutetiere sind Rotwild, Rehe, Wildschweine, Gamswild, kleinere Wildtiere, Nutztiere wie Schafe und Ziegen, wenn sie unzureichend geschützt sind. Eher selten Rinder und Pferde. Der Wolf kann durchaus einen wirtschaftlichen Schaden anrichten. „Schafhalter spüren es als erste“, meint Oswald Tröndle aus Höchenschwand, Vorsitzender des Kreisverbands Waldshut des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV). Im Moment seien nicht viele Tiere auf der Weide. „Aber der nächste Frühling kommt bestimmt. Gefährlich wird es, wenn sich ein Rudel bildet. Dann ist mit Einschnitten und Problemen zu rechnen.“
Die Tierhaltung im Landkreis sei in den vergangenen Jahren stark rückläufig. Ein Wolfsvorkommen könne den Trend beschleunigen. Tröndle sieht eine weitere Gefahr: Wenn Wölfe sich an Herden zu schaffen machen. „Rinder sind dann durch den Wind, machen sich aus dem Staub und rennen womöglich auf die Bundesstraße.“ Unfälle seien programmiert.
Was die Wildtiere im Wald betrifft, sagt die WWF: „Laut Untersuchungen nehmen Wölfe keinen Einfluss auf die Dynamik ihrer Beutetierpopulationen.“ Auch den Forstbetrieb schränkten sie nicht ein.