Im Aargau wurde vor drei Monaten nachweislich ein Wolf gesichtet. Jetzt gibt es Hinweise, dass ein Artgenosse auch in den Landkreisen Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald gesichtet worden sein könnte.
Haare werden untersucht
In Bernau und Hinterzarten sollen ein oder mehrere Wölfe in Fotofallen getappt sein. Dies teilte das baden-württembergische Umweltministerium mit. Zwar könne der Wolfsverdacht aktuell nicht bestätigt werden, aber Ministeriumssprecher Ralf Heineken sagt auch: „Wir halten es für möglich, dass ein Wolf unterwegs ist.“
Klarheit soll eine DNA-Analyse von zwei in Hinterzarten gefundenen Haaren bringen.
Dass das Umweltministerium jetzt an die Öffentlichkeit geht, begründet dessen Sprecher so: „Bei der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg sind in letzter Zeit mehrere Hinweise sowie Fotos eingegangen, dass angeblich ein Wolf in den Landkreises Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald gesehen worden sei.“ Die Fotos machten aufgrund der Qualität und Perspektive „eine eindeutige Zuordnung unmöglich“.
Ein Grund, weshalb Ludwig Käppeler, Leiter des Landwirtschaftsamtes des Landkreises Waldshut, aktuell nicht aktiv wird. Auf Anfrage unserer Zeitung sagt er: „Wir warten ab, bis der Wolf bestätigt ist.“ Damit die Anwesenheit eines oder mehrerer Wölfe sicher bestätigt werden kann, ruft das Umweltministerium Landwirte zur Mithilfe auf.
„Um eventuell sichere Erkenntnisse zu erlangen, hat das Umweltministerium Weidetierhalter um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten. Beobachtungen, bei denen der Verdacht auf einen Wolf besteht, sollten möglichst an die FVA gemeldet werden.“
Ergebnis in zwei Wochen
Klarheit, ob sich tatsächlich ein Wolf im Südschwarzwald aufhält, erhofft man sich von der DNA-Analyse der gefundenen Haare. Das Ergebnis, so Ralf Heinken, stehe frühestens in zwei Wochen fest. Bis dahin gilt insbesondere für Landwirte und Förster: Augen offen halten. Die Bilder und die Haarfunde stammen aus den ersten Juni-Tagen dieses Jahres.
Die mögliche Wolfssichtung im Landkreis Waldshut wird zunächst auf der untersten Nachweisstufe C 3 klassifiziert. Einen C 1-Nachweis hat es für den Landkreis bislang nicht gegeben. In unmittelbarer Nachbarschaft indes schon. Vor zwei Jahren war ein erschossener Wolf im Schluchsee gefunden worden. Der Fall ist bis heute noch nicht aufgeklärt.
Deshalb ist unter anderem auch die Frage, wo das Tier erschossen wurde, weiter offen. Polizeisprecher Matthias Albicker, Waldshut-Tiengen: „Bislang konnte kein Tatverdächtiger ermittelt werden.“
Frust bei Landwirten
Alles andere als erfreut über die Nachricht, dass sich ein Wolf im Bereich der Gemeinde Bernau aufgehalten hat oder noch immer aufhält, ist Landwirt Oswald Tröndle aus Höchenschwand. Für ihn steht fest: „Wenn der Wolf kommt, dann geht das Weiderind.“ Die Konsequenz wäre, dass die Flächen im Menzenschwander Tal (St. Blasien) nicht mehr, wie von der Politik gewünscht und gefordert, gepflegt würden.
Die Haltung des Stuttgarter Umweltministeriums in der Wolf-Frage geißelt er mit den Worten „nicht mehr erträglich“. Kritik bekommen die Verantwortlichen im Ministerium auch in Sachen Informationspolitik ab: „Der Wolf wurde in der zweiten Juni-Woche gesichtet, die Information kommt vier Wochen später.“
Kühe bleiben bald im Stall
Oswald Tröndle ist Vorsitzender des BLHV-Kreisverbandes Waldshut (Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband) und Vorstandsmitglied des BLHV-Landesverbandes Baden. Aktuell weidet auch ein Teil seiner 230 Kühe auf Wiesen in und um Höchenschwand und er sagt: „Wir hoffen, dass der Wolf weiter zieht und uns verschont.“ Sollte der Wolf sich dauerhaft im Südschwarzwald einrichten, hält er es für nicht ausgeschlossen, dass er seine Tiere künftig nicht mehr auf die Weide lässt.
Wissenswertes rund um den Wolf
Die mögliche Rückkehr des Wolfes wird nicht von allen Menschen rückhaltlos begrüßt. Insbesondere Tierhalter sehen den Wolf kritisch, weil er Herdentiere reißen könne.
- Der Wolf und Menschen: Das Landes-Umweltministeriums rät: „Begegnen Sie den Tieren mit Respekt, halten Sie Abstand, gehen Sie nie auf die Tiere zu und bedrängen Sie diese nicht.“ Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad Wölfen begegnet, die sich nicht zurückziehen, sollte auf sich aufmerksam machen und sich langsam entfernen. „Folgt der Wolf in gewissem Abstand, entfernen Sie sich nicht hastig, sondern gehen beziehungsweise fahren Sie langsam.“ Alle Hinweise des Ministeriums finden Sie im Internet (https://um.baden-wuerttemberg.de)
- Der Wolf und das Wasser: Als im April 2019 nachweislich ein Wolf im Kanton Aargau (Schweiz) gesichtet wurde, stellte sich die Frage, ob und wenn ja wie, das Tier trotz des Rheins nach Deutschland kommen könne. Die Antwort der Experten: Der Wolf kann schwimmen und die am Hochrhein zu überwindenden 200 Meter würden für ihn kein Problem darstellen. Auch könne er nachts über Brücken die Landesgrenze unbemerkt passieren.
- Der Wolf und der Nachweis: Bislang wurde im Landkreis Waldshut noch kein Wolf eindeutig nachgewiesen. Das Umweltministerium klassifiziert die Hinweise in drei Stufen. Ein C 1-Fall liegt unter anderem bei Lebendfang, Totfund oder durch einen genetischen Nachweis vor. Um einen C 2-Fall handelt es sich, wenn bestätigte Hinweise durch eine erfahrene Person oder Ereignisse wie Risse oder Spuren mit starkem Wolfsverdacht vorliegen. Ereignisse, die noch nicht überprüft beziehungsweise in der Regel nicht überprüfbar seien (Beobachtungen und Rufe) führen zu einem C 3-Fall.