„Es war einmal...“ – So beginnen viele Märchen. Wenn heute Omas und Opas ihren Enkeln von langen, kalten Wintern mit viel Schnee erzählen, können die Kinder von heute kaum glauben, dass es auch in den Niederungen des unteren Wutachtals zum Beispiel in den 1950er Jahren märchenhafte Winter gab.

Marlis Triebs hat noch viele Erinnerungen an kalte und schneereiche Winter in Wutöschingen. Bilder: Gerald Edinger,
Marlis Triebs hat noch viele Erinnerungen an kalte und schneereiche Winter in Wutöschingen. Bilder: Gerald Edinger, | Bild: Gerald Edinger

Marlies Triebs (78) erinnert sich noch gerne an die Zeit zurück, als hier Schneehöhen von 50 Zentimeter und frostige Nächte im zweistelligen Minusbereich keine Seltenheit waren. „Als Kinder sind wir mit dem Schlitten den Wutachdamm runtergefahren. Wenn wir Pech hatten, landeten wir im Fluss“, erzählt sie schmunzelnd. Oft war die Wutach sogar komplett zugefroren. „Dann sind wir g‘eschlieferet“, erinnert sie sich an so manche Rutschpartie auf dem Zentimeter dick gefrorenen Eis.

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Der Schlitten war im Winter gerade das Lieblingsgerät der Kinder auf den damals noch nicht asphaltierten Straßen. „Vom Wasserreservoire in der Rechberger Straße ging es durchs Oberdorf bis hinunter zum Gasthaus Koller – wenn es gut lief“, sagt sie mit leuchtenden Augen. Es gab allerdings Erwachsene, die den Spielverderber gaben und Asche auf die Schlittenbahn der streuten.

„Schöner sauberer Schnee“

„Die haben wir weggekratzt und sind wieder den Berg runtergefahren!“ Es war „schöner, sauberer Schnee und wir hatten immer einen Schneemann hinter dem Haus“, erinnert sich Marlies Triebs an weitere Kindheitserlebnisse. Manchmal wurde auch mit väterlicher Unterstützung eine Schneehütte gebaut. „Ich hatte eine unbeschwerte Kindheit“, betont sie.

Im Winter 1950 konnte die damals neunjährige Marlis im Garten der Eltern sogar ein Schneehaus bauen.
Im Winter 1950 konnte die damals neunjährige Marlis im Garten der Eltern sogar ein Schneehaus bauen. | Bild: privat/Marlis Triebs

Autos waren in den frühen 1950ern selten im Dorf unterwegs, Traktoren prägten erst nach und nach das Bild in Wutöschingen. Die Straßen wurden von einem Bauern mit einem Schneepflug geräumt, gezogen von Pferden. Ein bei der Gemeinde angestellter Straßenwart musste damals mühsam mit der Schneeschaufel Gehwege räumen.

Winter zu kalt für die Hühner

Damals war es selbstverständlich, dass die Leute in der Siedlung (Richtung Degernau), wo Marlis Triebs geboren und aufgewachsen ist, einen großen Garten hatten. Dazu wurde noch Ziegen, Schweine, Hasen und Hühner gehalten. „In einem Winter war es so kalt, dass wir die Hühner im Keller unterbringen mussten, sonst wären sie erfroren“, sagt die Wutöschingerin.

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Dort stand ein Backofen, in dem einmal pro Woche Brot gebacken wurde. Dort lagerten auch die Vorräte vom Schlachtfest im November, Kartoffeln, eingemachtes Gemüse. Möhren und Schwarzwurz wurden in Sand eingebuddelt, um sie haltbar zu machen. Gefriertruhen gab es in ihrer Kindheit nicht. Rosenkohl oder Feldsalat konnten im Winter im eigenen Garten geerntet werden. „Auch im Winter waren wir damals Selbstversorger“, erzählt Marlis Triebs.

Weiße Pracht wurde immer weniger

Als sie 1966 heiratete, war rund um das Haus, in dem sie wohnten, im Winter oft viel Schnee wegzuräumen. Später sind ihre Kinder auf den „Demmelt“ gestiegen, um Schlitten zu fahren. Andere schnallten ihre Skier an, um den „Rötenberg“ hinunterzusausen. „Es gab aber immer weniger Schnee, die Winter wurden wärmer und so sind die Leute zum Skifahren auf den Feldberg oder in die Schweiz gefahren“, sagt sie mit etwas Wehmut in der Stimme.