Nina Hesse

Die Fridays-for-Future-Demonstrationen leben weiter, auch in Waldshut-Tiengen. Unter dem Motto „Alle fürs Klima“ gehen die Jugendlichen aus dem Landkreis Waldshut bald zum dritten Mal in diesem Jahr auf die Straßen. Die Demonstration findet am 29. November um 17.30 Uhr in der Waldshuter Innenstadt statt. Doch wie umweltbewusst verhalten sich die Jugendlichen im Alltag und sind Klassenfahrten mit dem Flugzeug noch legitim? Wir haben bei Schülern und Schulen nachgefragt.

Seit März gingen die Schüler aus dem Kreis Waldshut mehrmals auf die Straßen und forderten mehr Bewusstsein für den Klimawandel und eine verantwortungsvollere Klimapolitik. Sie sorgten somit auch für großes Aufsehen in der Region – mit Erfolg: Bei der jüngsten Demo im September schlossen sich auch zahlreiche Erwachsene an.

Wer steht hinter der Aktion?

Hinter den Kulissen werden die Demonstrationen von einer Gruppe Jugendlicher aus dem Kreis Waldshut geplant. Laut der 16-jährigen Delilah Gottstein, Mitorganisatorin der Demos, habe die Bewegung immer mehr Zuspruch erhalten. Von der ersten zur zweiten Demonstration habe sich die Anzahl der Teilnehmer mehr als verdoppelt. Das motiviere die Gruppe, weiterhin Klima-Kundgebungen zu organisieren.

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Wie leben die Klimaktivisten privat umweltbewusst?

Die Jugendlichen zeigen ihr Klimabewusstsein nicht nur in der Öffentlichkeit, sie sind auch in ihrem Privatleben umweltbewusst. Bei Delilah Gottstein aus dem Albbrucker Ortsteil Buch sei der Gedanke an die Umwelt „praktisch immer da“. Vor allem beim Einkaufen: „Ich versuche so gut wie möglich, auf Plastikverpackungen zu verzichten und ernähre mich sich seit einem halben Jahr vegetarisch.“ Trotzdem möchte die Schülerin gerne mehr für die Umwelt machen. „Oftmals ist ein rein umweltbewusstes Verhalten im Alltag sehr schwierig umzusetzen“, erzählt Delilah. Beim nächsten Familienurlaub in Norwegen fährt sie beispielsweise mit der Fähre, obwohl der Rest der Familie mit dem Flugzeug fliegt. Obwohl ihre Familie sie dabei unterstützt, seien sie noch auf keinen gemeinsamen Entschluss in Sachen Umweltbewusstsein gekommen.

Delilah Gottstein geht nicht nur in Waldshut demonstrieren, sondern auch in Freiburg und Lörrach. In ihren Sommerferien besuchte sie ein ...
Delilah Gottstein geht nicht nur in Waldshut demonstrieren, sondern auch in Freiburg und Lörrach. In ihren Sommerferien besuchte sie ein Fridays-for-Future-Kongress in Dortmund. | Bild: Nina Hesse

Für ihre Klassenkameradin Areli Wantia aus dem Waldshuter Ortsteil Eschbach bedeutet das Engagement für die Umwelt „sehr viel“. Auch sie gehört zu den Organisatoren der Waldshuter Fridays-for-Future-Demonstrationen. „Ich mache mir Sorgen um meine Zukunft und möchte etwas dagegen unternehmen“, sagt die 16-jährige Schülerin. Sie nimmt zum Beispiel immer von Zuhause eine Thermosflasche mit Kaffee in die Schule, um die mit Plastik verpackten Becher aus dem Supermarkt zu vermeiden. Außerdem ist sie in einer Umwelt-Arbeitsgemeinschaft. Auch sie ernährt sich seit Beginn der Fridays-for-Future-Bewegung vegetarisch, am liebsten würde sie aber Veganerin werden. Doch dies würde für sie und vor allem für ihre Familie eine schwierige Umstellung sein. „Ansonsten unterstützen meine Eltern und viele Freunde die umweltbewusste Einstellung, auch wenn es um die Planung der Streiks geht“, erzählt Areli Wantia.

Areli Wantia war auf vielen Fridays-for-Future-Demonstrationen, unter anderem in Freiburg und Dortmund. Sie setzt sich nicht nur bei den ...
Areli Wantia war auf vielen Fridays-for-Future-Demonstrationen, unter anderem in Freiburg und Dortmund. Sie setzt sich nicht nur bei den Demonstrationen für die Umwelt ein, sondern auch in ihrem Privatleben. | Bild: Nina Hesse

Die 15-jährige Jennifer Dell aus Waldshut hält hingegen nicht viel davon, auf die Straße zu gehen und eine bessere Klimapolitik zu fordern. Daher hat sie noch nie an einer Klima-Demo teilgenommen. Laut Dell bringt die umweltbewusste Lebensweise viele Einschränkungen mit sich, wie zum Beispiel bei der Ernährung oder beim Reisen. Der USA-Austausch der Schule, der für sie ein prägendes Erlebnis war, wurde nur durch eine Flugzeugreise möglich. Trotzdem versucht sie, umweltbewusster zu leben: „Ich kaufe beispielsweise viele Produkte, die nur aus der Region kommen.“

Jennifer Dell reist sehr gerne mit dem Flugzeug. Sie war noch auf keiner Fridays-for-Future Demonstration.
Jennifer Dell reist sehr gerne mit dem Flugzeug. Sie war noch auf keiner Fridays-for-Future Demonstration. | Bild: privat
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Wie umweltbewusst sind die Schulen im Kreis Waldshut?

Viele Klassen- oder Studienfahrten der Schulen im Landkreis Waldshut führen mit dem Flugzeug ans Ziel. Laut Bernd Rieckmann, Schulleiter des Scheffel-Gymnasiums in Bad Säckingen, sollen die Studienfahrten in der elften Klasse den Schülern die Möglichkeit geben, Kulturelles zu erleben und auch die Klassengemeinschaft zu stärken. Bei Fahrten nach Rom, Paris, Budapest oder London versuchen alle befragten Schulen aus dem Landkreis Waldshut, Flüge weitestgehend zu vermeiden und klimaneutral zu sein.

Bernd Rieckmann, Schulleiter des Scheffel-Gymnasiums in Bad Säckingen, möchte die Klassen- und Studienfahrten so Klimaneutral wie ...
Bernd Rieckmann, Schulleiter des Scheffel-Gymnasiums in Bad Säckingen, möchte die Klassen- und Studienfahrten so Klimaneutral wie möglich gestalten. | Bild: privat

Trotzdem seien Flüge nach Mechthild Rövekamp-Zurhove, Schulleiterin des Hochrhein-Gymnasiums Waldshut, in den meisten Fällen die schnellsten, günstigsten und damit die besten Reisemöglichkeiten für Schulklassen. „In den Schul- und Lehrerkonferenzen werden diese Themen besprochen und attraktive Studienfahrtziele gesucht, die auch ohne Flugzeug zu erreichen sind“, sagt Mechthild Rövekamp-Zurhove. Auch am Hochrhein-Gymnasium spielt Umweltbewusstsein eine Rolle. Seit vergangenem Jahr gibt es einen Wasserspender, der die Schüler nach dem Motto „Nachhaltig, gesund und cool“ anregen soll, auf Einwegflaschen zu verzichten und stattdessen Mehrwegflaschen zu benutzen. Auch bei Schulveranstaltungen wird auf Einweggeschirr verzichtet.

Mechthild Rövekamp-Zurhove, Schulleiterin des Hochrhein-Gymnasiums in Waldshut, bemüht sich, Flugreisen bei Studienfahrten zu vermeiden.
Mechthild Rövekamp-Zurhove, Schulleiterin des Hochrhein-Gymnasiums in Waldshut, bemüht sich, Flugreisen bei Studienfahrten zu vermeiden. | Bild: Matthias Sochor

Für Michael Becker, Schulleiter des Kollegs in St. Blasien, werden die Umwelt und das Klima in Zukunft wichtige Themen bleiben, obwohl die Meinungen in der Schule auseinander gehen. Viele Schüler ergreifen laut Becker in den einzelnen Klassen die Initiative und schlagen Reisen mit Bus und Bahn vor. „Das ist ein sichtbares Ergebnis der Fridays-for-Future-Aktionen“, sagt Michael Becker.

Die Themen Umwelt und Klima werden für Michael Becker, Schulleiter des Kollegs in St. Blasien, auch in Zukunft von großer Bedeutung sein.
Die Themen Umwelt und Klima werden für Michael Becker, Schulleiter des Kollegs in St. Blasien, auch in Zukunft von großer Bedeutung sein. | Bild: Wolfgang Stahl

Wie aktiv ist Waldshut Fridays-for-Future-Gruppe?

Es scheint, dass die Schüler den Schulen bei diesem Thema einen Schritt voraus sind. Durch die Fridays-for-Future-Bewegung wurden viele, vor allem junge Menschen, auf die Wichtigkeit des Themas aufmerksam. „Und solange sich politisch nichts mehr bewegt, machen wir einfach weiter“, sagt Jan Amann, Organisator der Fridays for Future-Aktionen in Waldshut. Der 19-Jährige möchte die Aktionen aufrechterhalten. Dafür trifft sich die Waldshuter Gruppe einmal im Monat und bespricht neue Ideen und Aktionen, damit die Bewegung nicht stehen bleibt. Unter anderem plant die Gruppe Baumpflanz-Aktionen und Infostände. Laut Amann stehen Waldshuter Organisatoren mit vielen anderen Fridays-for-Future-Gruppen in Kontakt, um sich gegenseitig beispielsweise bei rechtlichen Angelegenheiten unterstützen.

Jan Amann ist seit der ersten Demonstration in Waldshut dabei und hilft die Demos zu organisieren. Er steht mit anderen ...
Jan Amann ist seit der ersten Demonstration in Waldshut dabei und hilft die Demos zu organisieren. Er steht mit anderen Fridays-for-Future-Gruppen in ganz Deutschland in Kontakt. | Bild: Peter Rosa

Als große Inspiration gilt für alle Greta Thunberg, die 16-jährige Klimaaktivistin aus Schweden, die die Fridays-for-Future-Bewegung initiiert hat. „Sie hat eine Kettenreaktion auf der ganzen Welt ausgelöst. Jeder, der nach Greta Thunberg aufgestanden ist, hat seinen Nebenmann mitgerissen“, sagt Amann.

Für den 19-Jährigen hat sich die Fridays-for-Future-Bewegung noch lange nicht totgelaufen. Im Gegenteil: Der Gedanke an die Umwelt werde immer größer. Dabei stecken die Jugendlichen viel Engagement, Planung und Arbeit in die Aktionen. Die Waldshuter Gruppe macht motiviert weiter und bringt neue Ideen ein, um immer mehr Menschen davon zu überzeugen und somit auch in der Klimapolitik etwas zu verändern, so erklärt Amann die Motivation.

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