Die härtere Gangart in der Migrationspolitik seitens der neuen schwarz-roten Bundesregierung führt zu mehr Abschiebungen. Immer häufiger trifft es auch arbeitende und integrierte Ausländerinnen und Ausländer, so wie in einem aktuellen Fall in Bad Säckingen.
Vier Polizisten im Bad Säckinger Industriegebiet Trottäcker: Die Chefs und die Mitarbeitenden der Firma Maier Haushaltspflege GmbH trauten ihren Augen nicht, reagierten geschockt: Die Staatsmacht war auf dem Firmengelände aufmarschiert und fragte forsch nach Saikou Faye aus Gambia. Ob dieser hier arbeite und wo er im Moment sei. Geschäftsführer Sebastian Maier führte die Beamten zu ihm.
Wenige Minuten bleiben zum Packen, dann geht es zum Flughafen
Gespräche mit Faye waren ihm jetzt nur noch im Beisein der Polizei erlaubt. Dem Gambier blieben nur wenige Minuten Zeit, seinen Spind zu leeren. Anschließend begleiteten ihn die Beamten nach Hause, wo er auch noch eilig ein paar Sachen packen durfte. Und dann ging es schon zum Flughafen: Wohl auf Nimmerwiedersehen Deutschland – nach fast neun Jahren im Land.
Er war doch „ihr“ Saikou“ – immer gut gelaunt, anerkannt und beliebt bei allen und „einfach ein Super-Kerl“, wie Geschäftsführer Maier sagt. Aber von einem Tag auf den anderen war er weg – ins Flugzeug gesteckt, abgeschoben „nach Hause“. Er war eben nur geduldet. Also kannte die Behörde kein Pardon, trotz Job, Wohnung und absolvierten Deutschkursen. „I miss u all“, schreibt Faye in einem Online-Chat wenige Tage danach.
Chef bedauert den Verlust eines fleißigen Mitarbeiters
Maier ist voll des Lobes über seinen ehemaligen Mitarbeiter, der seit zwei Jahren fest und unbefristet im Unternehmen angestellt war und zuvor schon via Zeitarbeit hier tätig war. Er habe der Zeitarbeitsfirma für ihn sogar eine Art Ablöse bezahlt, damit er früher aus dem Vertrag herauskam, erzählt Maier. „Er war in all den Jahren keinen Tag krank und sogar bereit, an Samstagen Extra-Schichten zu übernehmen“, berichtet er über seinen früheren Mitarbeiter.
Maier sagt, dass er in jüngster Zeit von solchen Abschiebungen öfters gelesen habe. Aber dass es ihn als Arbeitgeber und einen seiner Mitarbeitenden tatsächlich einmal trifft, hätte er sich nicht vorstellen können: Faye war doch gut integriert, stand auf eigenen Beinen, lag niemandem auf der Tasche, zahlte seine Steuern. Eine Erfolgsstory in Sachen Einwanderung – eigentlich. Ja, das mit der Abschiebung stand im Raum und sie mag ja auch rechtens sein, sagt Maier. Aber dass sie wirklich kommt, hatte niemand geglaubt, so der Unternehmer. Warum auch, es war doch alles gut, beschreibt er seine Sicht.
Dass die willigen, kooperativen und leistungsbereiten Migrantinnen und Migranten abgeschoben werden, sei doch fatal, findet er. Andererseits: An diese kommt der Staat eben auch leichter ran, gerade weil Wohn- und Arbeitsplatzadresse bekannt sind. Faye war eben nur „geduldet“ und sein Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt.

Gut: Faye mag als Lagerarbeiter keine Fachkraft gewesen sein. Aber der Job müsse auch gemacht werden, und so engagierte und fleißige Mitarbeitende neu zu finden, sei auch nicht leicht, argumentiert Maier. Ihm stellen sich jetzt grundsätzliche Fragen: Trifft es morgen die händeringend benötigten Fachkräfte etwa in Medizin, Pflege und Erziehung? Wo ist die Grenze? Wer ist nützlich genug, um bleiben zu dürfen?
Trotz Arbeitsplatz kein Bleiberecht
„Menschlich und aus Unternehmersicht ist das schon krass“, sagt Maier nachdenklich. Seines Wissens sind Fayes Arbeitsbewilligung und Duldung noch bis August gültig gewesen. Aber solange habe das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe, das für Baden-Württemberg sämtliche Abschiebungen durchführt, nicht warten wollen.
Die Duldung des 29-Jährigen, bestätigt RP-Sprecherin Irene Feilhauer, war tatsächlich noch bis Anfang August gültig. Doch mit Festlegung des Abschiebetermins habe diese ihre Gültigkeit verloren, erklärt sie. Und auch wenn jemand arbeite, führe das „nicht grundsätzlich zu einem Bleiberecht.“ Es könne jedoch eine Beschäftigungsduldung erteilt werden, „sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen“, so Feilhauer.
Was auf Faye nicht zutreffe. Warum nicht? Das wird auf Nachfrage nicht ganz klar. Vermutlich hat es mit Ermittlungen gegen ihn im Zusammenhang mit Drogen zu tun. Das Amtsgericht Bad Säckingen nennt ein rechtskräftiges Urteil von 2019, das Faye 100 Tagessätze à 30 Euro Geldstrafe aufbrummte. Faye bestreitet die Vorwürfe vehement. Die Drogen seien ihm untergeschoben worden. Er sei unschuldig und kein Krimineller. Er habe sich in Deutschland ein gutes Leben aufbauen wollen und man hätte ihm diesen Traum zerstört. Inzwischen könnte das Delikt auch verjährt sein.
„Hätte ja freiwillig ausreisen können“
Ein Leben in Deutschland dürfte ihm jetzt auf Dauer verwehrt sein. Denn mit der Abschiebung ist auch ein erneutes Einreise- und Aufenthaltsverbot verbunden. Auch dass er damit den Großteil seines Besitzes in der Wohnung zurücklassen musste, und das ohne Anspruch auf Entschädigung durch die Bundesrepublik Deutschland, ist Fakt.
Er könne ja „einen Dritten mit dem weiteren Umgang bezüglich seines Eigentums beauftragen“, wie Feilhauer ausführt. Faye hätte ja die Möglichkeit gehabt, „freiwillig auszureisen“, wie die Sprecherin weiter erklärt. So wäre genug Zeit geblieben, „seine Angelegenheiten vollumfänglich zu regeln“. Was die Abschiebung gekostet hat, könne „nicht pauschal beziffert werden“, heißt es. Bezahlen muss sie aber auch Saikou Faye.