Frau Frings, was sind Ihre Aufgaben als Klimaschutzbeauftragte?
Es handelt sich um eine Projektstelle für zwei Jahre mit dem Ziel, ein Klimaschutzkonzept für den Landkreis Waldshut zu erstellen. Zunächst wird hierfür der Ist-Zustand des Landkreises analysiert und mittels einer CO2-Bilanzierung die Energieverbräuche und damit die Treibhausgasemissionen in den wichtigsten Sektoren im Landkreis ermittelt. In der folgenden Potentialanalyse wird untersucht, in welchen Bereichen zukünftig Treibhausgase eingespart werden könnten zum Beispiel durch Sanierungsmaßnahmen oder den Ausbau von bestimmten erneuerbaren Energien. Danach werden Ziele definiert wie man langfristig Verbräuche reduzieren möchte. Die entsprechenden Maßnahmen dazu werden anschließend in einem Maßnahmenkatalog zusammengestellt.
Das klingt nach sehr viel Arbeit...
Ja, aber ich muss zum Glück nicht alles alleine machen. Ich werde von der Energieagentur Südwest unterstützt, die bestimmte Arbeitspakete wie die Bilanzierung und Potentialanalyse für mich übernimmt. Außerdem wurde schon in der Vergangenheit ein Energieteam im Landratsamt auf die Beine gestellt, auf dessen Erfahrungen ich bei meiner Arbeit dankenswerter Weise zurückgreifen kann.

Womit sind Sie aktuell konkret beschäftigt?
Ich bin derzeit mit der Datenerhebung für die CO2-Bilanzierung, vor allem innerhalb der Gemeinden, beschäftigt. Hier fließen viele Daten ein, die an verschiedenen Stellen angefragt werden müssen und anschließend ausgewertet werden. Der Gesamtverbrauch der kommunalen Gebäude und Infrastruktur im gesamten Landkreis für die Jahre 2018, 2019 und 2020 wird ermittelt und nach Energieträgern differenziert dargestellt. Erste Ergebnisse erwarten wir nächsten Monat.
Braucht es für ein Klimaschutzkonzept nicht noch viele weitere Daten?
Ja, Daten des Statistischen Landesamtes, des Landesamtes für Umwelt und regionaler Energieversorgungsunternehmen fließen zum Beispiel mit ein. Außerdem sollen während des ganzen Prozesses möglichst viele Akteure gehört und einbezogen werden. Deshalb werden noch dieses Jahr Workshops stattfinden, um Menschen gezielt zum Thema Klimaschutz anzusprechen, beispielsweise Unternehmer, Bürgermeister, Energieversorger und auch Bürger. Ich bin dabei, das zu planen.
Fertig ist auch ein Online- Fragebogen, der ab Juli zum Einsatz kommt. Einer ist für Unternehmer, einer für Schüler und Jugendliche, einer für die Bürger. Der Fragebogen soll darüber informieren, dass der Landkreis ein Klimaschutzkonzept erarbeitet und Anhaltspunkte liefern, was die Bürger sich hierbei wünschen, was der Landkreis tun soll und in dem Konzept berücksichtigen soll. In einem zweiten Schritt soll er es ermöglichen, gezielter an diese drei Akteure heranzutreten. Es wäre super, wenn sich die Leser bei der Umfrage beteiligen würden. Man findet den Fragebogen auf der Homepage des Landratsamtes Waldshut: www.landkreis-waldshut.de.
Ist der Landkreis Waldshut Ihrer Ansicht nach gut unterwegs in Sachen Klimaschutz?
Es gibt Landkreise, die sind schon etwas weiter, aber gerade in den letzten Jahren hat der Landkreis Waldshut sehr viel auf den Weg gebracht. Er macht unter anderem beim European Energy Award mit, bei dem es darum geht, die eigenen Klimaschutzaktivitäten zu systematisieren und Fortschritte vorzuweisen, um entsprechend zertifiziert zu werden. Mit meiner Stelle werden nun nicht mehr nur landratsamtsinterne Fortschritte im Bereich Klimaschutz betrachtet, sondern der Blick auf den gesamten Landkreis ausgeweitet.
Sie waren im Brasilianischen Regenwald, wie war es dort und was haben Sie dort gemacht?
Der Regenwald war fantastisch. Es war sehr feucht und durch die vielen Tiere unglaublich laut, man wurde von einem dauernden Geräuschpegel begleitet. Ich habe Affen schreien gehört und Schlangen und Spinnen gesehen, von Raubkatzen wurde erzählt, aber gesehen habe ich keine. Wir haben uns im Regenwald mit den Gasen Methan und Lachgas beschäftigt, die ähnlich wie CO2 und andere Gase, einen Treibhauseffekt in der Atmosphäre hervorrufen. Der Regenwald ist sehr wichtig für viele Stoffkreisläufe und entwickelt sich leider dramatisch. Er stellt unter anderem ein Reservoir für CO2 dar, das durch fortschreitende Abholzung und Rodung immer kleiner wird.
Unser einheimischer Wald ist auch zum „Patienten“ geworden, wie sehen Sie hier die Situation?
Wald ist ein wichtiger Indikator für den menschlichen Einfluss auf das Klima. Wenn ein Baum wächst, nimmt er CO2 auf, wandelt es in Biomasse um und gibt dabei Sauerstoff ab. Dadurch entsteht ein Reservoir. Heute ist es umgekehrt: Wir verbrennen fossile Energieträger, die über sehr lange Zeiträume aus Biomasse entstanden sind, dadurch wird CO2 freigesetzt und Sauerstoff verbraucht. Schuld an der dramatischen Entwicklung unseres Waldes ist aber nicht nur der Klimawandel, der Trockenstress und damit Borkenkäferbefall begünstigt. Zusätzlich ist der Wald durch Forstwirtschaft und sonstige Nutzung stark strapaziert. Wir schützen mit dem Klima unseren eigenen Lebensraum, das sieht man besonders drastisch beim Wald.
Ist Klimaschutz heute Ihrer Beobachtung nach allgemein im Bewusstsein der Menschen verankert?
Ja und nein. Unser Mobilitätsverhalten ist hier ein gutes Beispiel. Auf der einen Seite beobachte ich, dass auch auf dem Land immer mehr Menschen mit dem Rad oder E-Bike unterwegs sind. Über 1000 Menschen machen beispielsweise im Landkreis bei der Aktion Stadtradeln mit.
Auf der an-deren Seite hat der motorisierte Individualverkehr zugenommen, die Autos werden immer größer und der Einzelne lebt auf immer größeren Flächen. Aber allein die Tatsache, dass bis Corona kam, der Klimaschutz das dominierende Thema in der Öffentlichkeit war und im Bundestagswahlkampf bei praktisch allen Parteien Hauptthema ist, zeigt, dass Klimaschutz in immer mehr Köpfen stattfindet.
Besonders auch in den Köpfen der Jugend?
Ja, man kann sagen, dass die Fridays for Future Bewegung tatsächlich Start für ein neues Bewusstsein war. Kommunen, in denen Fridays for Future Gruppen besonders aktiv waren und sind, sind heute in Sachen Klima-schutz weiter als Kommunen ohne solche Gruppen. Schulen könnten meiner Ansicht nach grundsätzlich mehr tun, um Kinder und Jugendliche für das Thema zu sensibilisieren. Es gibt zum Beispiel kein spezielles Fach „Umweltbildung“.
In Heidelberg habe ich mal eine Schule kennen gelernt, die sich in vielen Klimaschutzprojekten engagiert und diese in den Schulalltag integriert. Dies sollte auch in vielen anderen Schulen möglich sein. Auf die Jugend hoffen und warten können wir aber nicht, jetzt ist jeder Einzelne gefragt, aktiv etwas für den Klimaschutz zu tun und es gibt für jeden viele Bereiche, in denen das möglich ist. Beim Klimaschutz geht es im Grunde um unsere Art zu leben und unseren eigenen Lebensraum, den wir immer mehr beschneiden. Klimaschutz ist Überlebensschutz.
Was tun eigentlich Sie ganz persönlich für Umwelt und Klima?
Ich habe mein Leben in den letzten Jahren nach und nach umgestellt. Ich ernähre mich vegan, dies auch aus Tierwohlgründen. Mein Mann und ich verzichten auf Flugreisen und weitgehend auf das Auto. Was nur geht, machen wir mit dem Fahrrad. Ich fahre zum Beispiel von Ühlingen nach Tiengen mit dem E-Bike in die Arbeit. 30 Minuten brauche ich im Schnitt, zurück, weil es mehr bergauf geht, ein paar Minuten länger. Wir gehen außerdem sensibel mit der Art um wie wir heizen. Und wir unterstützen unsere Kinder darin, ein Bewusstsein für dieses Thema zu entwickeln und versuchen ihnen, so gut wir können, ein Vorbild zu sein – das erscheint uns sehr wichtig.
Glauben Sie, wir können das Ruder noch rumreißen und das Klima langfristig erhalten?
Ich hoffe es. Das größte Problem ist unser Lebensstandard, unser Konsum-verhalten, die auf fossilen Energieträgern beruhen. Wir müssen unser Verhalten ändern. Ich hoffe, dass es schneller geht mit Veränderungen wie bisher und wir alle in einer Welt leben werden, die es schafft, mit weniger Ressourcen auszukommen als jetzt, darauf wird es ankommen. Und ich bin davon überzeugt, dass das nicht nur Verlust bedeutet, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten bietet.