Die Corona-Krise ist eine große Herausforderung für die Wirtschaft: Veränderte Marktbedingungen sorgten und sorgen weiterhin für jede Menge Unsicherheiten bei vielen Unternehmen in der Region. Um so wichtiger sei es nun, das Thema Ausbildung nicht aus dem Fokus zu verlieren.

In einer gemeinsamen Erklärung appellieren nun die Landkreise Lörrach, Waldshut und Konstanz, die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK), die Handwerkskammern Konstanz und Freiburg, die Agenturen für Arbeit Lörrach und Konstanz-Ravensburg, sowie die Fachkräfteallianz Südwest an die Unternehmen in Südbaden auch in diesem Jahr genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen: „Wer jetzt nicht in Ausbildung investiert, lässt Zukunftschancen ungenutzt.“ In der Erklärung heißt es außerdem: „Die Schülerinnen und Schüler von heute dürfen nicht zur ‚Generation Corona‘ werden, sondern sollen zu Fachkräften ausgebildet werden, die die Wirtschaft und das Leben in der Region in Zukunft gestalten.“

Arbeitsagentur meldet rund 1300 offene Lehrstellen

Denn: „Es wird eine Zeit nach der Krise geben“, betonte jüngst Horst Eckert, Leiter der Lörracher Arbeitsagentur und ergänzt: „In nahezu allen Branchen werden auch jetzt motivierte, junge Menschen gesucht.“ Im Rahmen des Arbeitsmarktberichts Juni erklärt Eckert: „Für den Ausbildungsstart im September sind noch 1323 unbesetzte Lehrstellen gemeldet.“ Den Unternehmen in der Region empfahl er, auch in Zeiten von wirtschaftlichen Unsicherheiten weiterhin auszubilden. „Eigene Ausbildung ist und bleibt die wichtigste Möglichkeit für Betriebe, ihren Fachkräftebedarf zu decken.“

Die zugesicherte staatliche Unterstützung wird von Eckert selbst, aber auch in der gemeinsamen Erklärung bewertet: „Die von der Bundesregierung vorgesehene Ausbildungsprämie ist daher ein wichtiges Signal. Sie sollte schnellstmöglich und unbürokratisch umgesetzt werden, denn der Countdown für den Beginn des neuen Ausbildungsjahres im September läuft und die Unternehmen brauchen jetzt Planungssicherheit.“

Noch kommt der Abschluss von Ausbildungsverträgen in der Region allerdings eher schleppend voran: „Bei der letzten Statistik zum 31. Mai hatten wir in unserem Kammergebiet 27,6 Prozent weniger Ausbildungsstellen als im Vorjahr“, sagte kürzlich Alexandra Thoß, Leiterin des Geschäftsfeldes Ausbildung bei der IHK Hochrhein-Bodensee. Sie führte dies zu großen Teilen auf den Lockdown zurück und ergänzte: „Ich schätze, dass wir in diesem Jahr im Vergleich zu anderen Jahren sehr spät noch einen größeren Schwung an Ausbildungsverträgen bekommen.“

Auch im Bereich der Handwerkskammer Konstanz fällt auf, dass im Juni dieses Jahres zwölf Prozent weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden, als im Vorjahresmonat.

Einen Ausbildungsplatz finden

Woran das liegt? Mittels Online-Kurzumfrage ermittelte die Handwerkskammer unter den ausbildungsberechtigten Betrieben der Region, dass die Unsicherheit der Corona-Krise für rund 21 Prozent der Unternehmen durchaus Grund sei, in diesem Jahr Zurückhaltung bei der Ausbildung zu üben. Rund ein Viertel der Betriebe gaben allerdings an, keine passenden Bewerber zu finden und 35 Prozent der antwortenden Unternehmen gaben an, einfach keinen Bedarf zu haben.

Würde jedoch ein motivierter Bewerber auftauchen, könnten sich immerhin über 60 Prozent vorstellen, in diesem Jahr doch noch auszubilden: „Das zeigt, dass wir die Berufsorientierung weiterhin verstärken und das Handwerk für die Besten noch attraktiver darstellen müssen,“ deutet Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz das Ergebnis.

Auch Schulabgänger in der Pflicht

Könnte es bis September also noch ein Umdenken bei den zögerlichen Ausbildungsbetrieben geben? „Der Fachkräftemangel in einigen Teilen des Handwerks ist durch Corona ja nicht vom Tisch und das Handwerk findet seine gut qualifizierten Mitarbeiter traditionell über die eigene Ausbildung. Daher werden die Zahlen sicher noch steigen“, sagt Hiltner.

Rund 450 freie Lehrstellen verzeichnet die Handwerkskammer aktuell. Hauptgeschäftsführer Hiltner sieht in der jetzigen Situation auch die Aubildungsplatzsuchenden in der Pflicht: „Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist hoch. Was fehlt, sind motivierte Bewerber, auch, weil die Kontaktmöglichkeiten ja sehr begrenzt waren. Wer sich jetzt also umschaut und bewirbt, hat gute Chancen, noch in diesem Jahr in eine Karriere mit Lehre zu starten.“