Wie ist das nun? Sollen sich die Menschen eine zweite Auffrischungsimpfung holen oder nicht? Ist sie sinnvoll? Ab wann? Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlung generell für Menschen ab 60 Jahren erweitert. Der SÜDKURIER hat nachgefragt: Wie sehen es Landesgesundheitsministerium, Landratsamt und der Laufenburger Impfarzt Olaf Boettcher? Zum Zeitpunkt der Antworten stand die Stiko-Entscheidung zur Imfpung ab 60 Jahren allerdings noch nicht fest.

Stiko-Empfehlung für bestimmte Personengruppen

Das baden-württembergische Gesundheitsministerium beruft sich bei seinen Antworten auf die Stiko: „Die Stiko empfiehlt für bestimmte Personengruppen, zum Beispiel mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, eine vierte Impfung beziehungsweise zweite Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus.“ Nach aktuellen Vorgaben sei sie jedoch nicht zwingend erforderlich, „um einen vollständigen Impfschutz im rechtlichen Sinn nachweisen zu können.“

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Aber, schreibt Pascal Murmann, Sprecher des Landesgesundheitsministeriums: Bestimmte Vorerkrankungen und das zunehmende Alter seien Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf, der im schlimmsten Fall zum Tod führen könne. Um das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs zu mindern, sei auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse die Stiko-Empfehlung für eine vierte Impfung erfolgt.

Zweite Booster-Impfung für Ältere und Gefährdete

Murmann zitiert die Stiko: „Die zweite Auffrischungsimpfung soll bei gesundheitlich gefährdeten Personen ab einem Alter von fünf Jahren sowie bei allen Menschen ab 70 Jahren, frühestens drei Monate nach der ersten Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff, erfolgen.“ Personal in medizinischen und Pflegeberufen solle die zweite Auffrischungsimpfung frühestens nach sechs Monaten erhalten. So die bisherige Stiko-Empfehlung, die jetzt erweitert worden ist. Für denjenigen, der sich nach der ersten Booster-Impfung infiziert habe, werde die vierte Impfung nicht empfohlen.

Ungeachtet der Stiko-Empfehlung hält das Ministerium eine vierte Impfung für die angesprochenen Personengruppen für sinnvoll, „um die genannten Risiken zu vermindern.“

Fragen zur zweiten Auffrischungsimpfung:

Seit zweieinhalb Jahren keine klaren Anweisungen

Olaf Boettcher, Impfarzt und Pandemiebeauftragter des Landkreises, spricht im Telefonat mit dem SÜDKURIER von einer großen Verwirrung: „Die Empfehlung wurde zuerst für Menschen über 60, dann ab 70 Jahren ausgesprochen. Das ist verrückt. Wir blicken nicht durch.“ Er habe das Gefühl, die Institutionen arbeiteten gegeneinander statt Klarheit zu schaffen. Boettcher: „Seit zweieinhalb Jahren gibt es keine klaren Anweisungen.“ Auch die Bevölkerung sei verunsichert.

Bei Vorerkrankungen noch mal boostern lassen

Nichtsdestotrotz hat der Laufenburger Arzt zur zweiten Auffrischungsimpfung eine klare Meinung: „Menschen mit Vorerkrankungen sollten sich die vierte Impfung holen – und zwar jetzt.“ Weil Inzidenzen so hoch seien. Man könne ohnehin nicht mehr sagen, wie hoch die Zahlen seien, „weil nicht mehr getestet wird.“

Eine klare Meinung: Vierte Impfung für alle über 60

Laut Boettcher sollten sich alle Menschen über 60 die zweite Auffrischungsimpfung holen. Und zwar drei Monate nach der ersten Booster-Impfung. Diejenigen, die in medizinischen Bereichen arbeiteten, sollten die Möglichkeit haben. „Alle anderen sollten warten, bis ein angepasster Impfstoff verfügbar ist“, rät Boettcher. Er gehe davon aus, dass dies frühestens im Dezember der Fall sein werde.

Landratsamt hofft auf eine wieder steigende Nachfrage

Bereitet sich der Landkreis auf einen Ansturm mit Impfwilligen im Herbst vor? Landratsamtssprecher Tobias Herrmann schreibt auf Nachfrage: „Neben den niedergelassenen Ärzten dürfen mittlerweile auch Zahnärzte und Apotheken Corona-Impfungen durchführen. Was das Impfangebot zusätzlich verstärkt und sich – so unsere Hoffnung – positiv auf eine im Herbst wieder anziehende Nachfrage auswirken wird.“

Landkreis sieht sich gut auf den Herbst vorbereitet

Die Planungen des Sozialministeriums gingen derzeit davon aus, dass pro Landkreis ein mobiles Impfteam verbleibe. Herrmann: „Sollte sich das bestätigen, werden wir das mobile Impfteam in den Pflege- und Eingliederungseinrichtungen sowie weiterhin in den Gemeinden einsetzen.“ Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Pandemiebeauftragten Olaf Boettcher sehe sich der Landkreis gut auf den Herbst vorbereitet.

Laut Boettcher werde das Impfzentrum in Bad Säckingen aufrecht erhalten. Er rechne damit, dass es wieder richtig losgeht, wenn der angepasste Impfstoff komme. Man spreche sich mit dem Landkreis ab. Boettcher: „Wenn der Ansturm losgeht, sind wir in der Lage, in zwei, drei Tagen komplett wieder hochzufahren. Wir haben das Personal, die Ärzte im Hintergrund und einen Notfallplan.“

Nachfrage nach Impfungen zuletzt wieder gestiegen

Die Nachfrage nach Impfungen ist laut Herrmann zuletzt wieder gestiegen. Er belegt es mit Zahlen: Im Juli zählte der Kreis rund 1150 Impfungen. Im Dezember waren es fast 30.000, im Mai dagegen nur 675. Indes gehe Boettcher davon aus, dass die Zahl der Infizierten im Herbst wieder richtig ansteige.

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