Seit dem 16. März gilt die einrichtungsbezogene Impflicht nun in Deutschland. Krankenhäuser, Pflegeheim und Arztpraxen mussten den jeweiligen Gesundheitsämtern melden, welche Mitarbeiter nicht gegen Corona geimpft sind. Dem Gesundheitsamt in Waldshut wurden bisher 443 Personen gemeldet, die keinen gültigen Nachweis bis zum 15. März vorgelegt hatten. 221 Personen haben die Anhörung hinter sich, 163 Einzelfallprüfungen laufen noch, informiert das Gesundheitsamt. Auch bei Carmen Kleemann aus Tiengen läuft eine solche Einzelfallprüfung.

„Es hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen“

Ob Carmen Kleemann weiter als medizinische Fachangestellte ohne Impfschutz arbeiten kann, weiß sie noch nicht. „Als die Nachricht damals kam, dass es eine einrichtungsbezogene Impfpflicht geben wird, hat es mir und anderen Kollegen den Boden unter den Füßen weggezogen. Es geht schließlich um unsere Existenz“, erinnert sich Carmen Kleemann.

Sie selbst war im Januar 2022 an Covid-19 erkrankt, aber ihr Genesenenstatus war drei Monate später abgelaufen. Kurz darauf bekam sie dann einen ersten Brief vom Gesundheitsamt, in dem sie aufgefordert wurde, sich impfen zu lassen. „Außerdem musste ich eine Begründung abgeben, weshalb ich mich nicht impfen lassen möchte.“ Nach einem zweiten Brief vom Gesundheitsamt „musste ich wieder ein Schreiben aufsetzen, in dem ich dem Gesundheitsamt viele persönliche Daten mitteilen musste. Unter anderem ging es darum, wie lange ich schon bei meinem Betrieb arbeite und wie meine familiäre Situation aussieht“, erklärt die 55-Jährige.

Plan B ist die Schweiz – dann gibt es aber kein Zurück mehr

Trotz allen politischen Ducks will sich die Tiengenerin weiterhin nicht impfen lassen. „Ich bin keine generelle Impfgegnerin, aber ich vertraue einfach den Corona-Impfstoffen nicht“, sagt sie. Falls sie vom Gesundheitsamt ein Betretungs- oder Beschäftigungsverbot verhängt bekommt, wird sich Carmen Kleemann eine neue Stelle in der Schweiz suchen.

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„So wie mir geht es auch anderen Kollegen. Trotz meines Alters hätte ich dort schon zwei Stellen in Aussicht“, sagt sie. „Wenn ich hier in meiner Stadt unerwünscht bin, dann gehe ich eben, aber“, so betont sie, „nicht freiwillig. Und ich werde dann auch nie wieder hier arbeiten.“ Diesen Satz sagt Carmen Kleemann sehr traurig, denn sie hat ihr ganzes Arbeitsleben gerne ihren Beruf in Deutschland ausgeübt. „Alle in meiner Branche lieben ihren Beruf. Sind wir jetzt schlechter, weil wir uns nicht impfen lassen wollen? Ich akzeptiere ja auch alle anderen Meinungen, mache zwei Mal die Woche einen Schnelltest und trage auf der Arbeit Maske.“

Klinikum-Hochrhein-Geschäftsführer Schlaudt sieht Notfallversorgung gefährdet, wenn Personal nicht mehr arbeiten darf

Kurz bevor die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt wurde, hatte sich Hans-Peter Schlaudt, Geschäftsführer Klinikum Hochrhein, zu dem auch das Medicum Waldshut-Tiengen gehört, bereits dagegen ausgesprochen. Damals sagte er gegenüber dieser Zeitung: „Sollte das Gesundheitsamt im Landkreis Waldshut zu dem Entschluss gelangen, dass unsere ungeimpften Mitarbeiter nicht mehr bei uns tätig sein dürfen, so wird das die Funktionsfähigkeit hart treffen. Die Konsequenz daraus wäre, dass wir unsere Leistungen deutlich herunterfahren müssen und die stationäre Notfallversorgung in Gefahr wäre.“

Schon jetzt sei das Krankenhaus phasenweise an die Belastungsgrenze gelangt, weil es zu viele Patienten und zu wenig Personal gibt.“ Auch heute weicht der Klinikgeschäftsführer nicht von seiner Haltung ab. „Wir erleben derzeit deutschlandweit, dass die medizinische Versorgung kurz vor dem Kollaps steht. Wir müssen uns diesem Problem stellen, und zwar jetzt, was bringt es uns, über den Impfstatus zu diskutieren, wenn wir doch deutlich sehen, dass zunehmend schwieriger wird, überhaupt noch Menschen für die Pflege zu gewinnen. Wir brauchen eine Politik, die näher an der Praxis ist und sich diesem Problem annimmt!“

Carmen Kleemann wünscht sich, dass jeder frei über Impfung entscheiden darf

Auch Carmen Kleemann bestätigt, dass vom Klinikum und Medicum Waldshut-Tiengen nie Druck aufgebaut worden sei. „Bei uns im Betrieb haben wir die Belastungsgrenze erreicht, alle machen Überstunden, sonst würde es nicht funktionieren. Wenn ich nicht mehr arbeiten dürfte, weiß ich nicht, wie es dort weiterlaufen soll. Jede Arbeitskraft ist wichtig, damit die Gesundheitsbranche weiter funktionieren kann.“

Deshalb wünscht sich Carmen Kleemann für die Zukunft, „dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht wieder rückgängig gemacht wird und jeder frei darüber entscheiden kann.“

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