In Baden-Württemberg soll ein Führerschein für den Hund verpflichtend werden. Doch was hat es damit auf sich und wie läuft so eine Prüfung ab? Wir haben für Sie die wichtigsten Antworten zusammengestellt. Weiter unten im Artikel erfahren Sie dann, wie eine Hundetrainerin diese Neuregelung bewertet und wie nehmen Sie mit zu einer echten Prüfung mit Dackeldame Frieda und ihrem Herrchen Dirk Schneider.

1. Wann wird der Hundeführerschein in Baden-Württemberg verpflichtend?

Bis 2026 soll neben der Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der sogenannte Sachkundenachweis für Hundehalterinnen und Hundehalter verpflichtend eingeführt werden. Unklar ist bislang, wer für die Kontrolle zuständig sein wird. Als Vorbild für die geplante Regelung dient das Bundesland Niedersachsen, wo es bereits eine solche Pflicht gibt. Die Einhaltung wird dort von den Kommunen überprüft.

2. Wie alt muss ein Hund sein, um den Schein zu machen?

Der Hund muss mindestens ein Jahr alt sein, beim Alter der Hundehalterinnen oder -halter gibt es keine Beschränkungen. Es wird empfohlen mindestens 14 Jahre alt zu sein.

3. Was sind die aktuellen Anforderungen, um den Schein zu bestehen?

Für die Ausstellung eines Hundeführerscheins müssen die praktische und die theoretische Prüfung bestanden werden. Ähnlich wie beim Autoführerschein gibt es in der Theorie einen Fragebogen mit 333 Fragen, wovon 40 in der Prüfung beantwortet werden müssen. Die Praxis wird in drei Modulen in je drei Schwierigkeitsstufen geprüft. Die geplante Pflicht bezieht sich auf die einfachste Stufe 1.

4. Können auch mehrere Halterinnen und Halter mit einem Hund den Schein machen?

Ja, allerdings wird die Prüfung immer einzeln absolviert. So können beispielsweise mehrere Familienglieder mit dem selben Hund ihren Hundeführerschein nacheinander machen.

5. Wo können Hundehalterinnen und Hundehalter den Schein machen?

Eine einheitliche Regelung diesbezüglich gibt es nicht. Die Prüfungen können generell über verschiedene Vereine und Verbände abgelegt werden. Einer davon ist der BHV (Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltenstrainer/innen). Örtliche Hundeschulen arbeiten in der Regel eng mit den Verbänden zusammen.

6. Was kostet ein Hundeführerschein?

Die Prüfungsgebühr liegt bei 250 Euro. Mit den Kosten für die Vorbereitungskurse fallen insgesamt circa 400 Euro an. Weitere Informationen zum Hundeführerschein vom BHV gibt es online unter: www.hundeschulen.de/menschen-mit-hund/hundefuehrerschein.html

Besuch in der Hundeschule

„Es wäre doch schön, wenn das immer so wäre“, sagt Julia Häßle und blickt zufrieden um sich. Acht Hunde wuseln friedlich um sie herum, dazwischen die Frauchen und Herrchen der felligen Vierbeiner – alle hier, auf einem Hundetrainingsplatz im Wehrer Ortsteil Flienken, machen einen auffällig entspannten Eindruck. Dass das nicht immer so ist, weiß eine passionierte Joggerin oder mancher Nachbar eines Hundehalters genauso gut wie Julia Häßle selbst.

Sie ist ausgebildete Hundetrainerin und hat vor gut zwei Jahren ihre eigene Hundeschule gegründet. Sich selbst hat sie damit einen beruflichen Traum erfüllt. Gleichzeitig ist sie für die Hundehalterinnen und Hundehaltern in ihrer Heimat rund um den Hotzenwald eine sichere Anlaufstelle für Mensch und Tier.

Glückliche Hunde mit stolzen Frauchen und Herrchen: Dirk Schneider mit Frieda, Hundetrainerin Nadine Mutter, Saskia Klotter mit Kalle, ...
Glückliche Hunde mit stolzen Frauchen und Herrchen: Dirk Schneider mit Frieda, Hundetrainerin Nadine Mutter, Saskia Klotter mit Kalle, Prüferin Rita Bernigau, Jürgen Essberger mit Ebun, Hundetrainerin Julia Häßle, Daniel Stiller mit Max, Sabine Molitor mit Kiwi und Maya Molitor mit Ayumi nach einem erfolgreichen Prüfungstag. | Bild: Maria Schlageter

Von der Beratung noch vor dem Kauf eines Hundes über den Alltag mit Hund bis zur spezifischen Weiterbildung – Julia Häßle und ihr Team begleiten Hunde ein ganzes Leben. Oder zumindest so lange es gewollt, oder besser gesagt nicht verpflichtend ist. Noch in dieser Legislaturperiode will die baden-württembergische Landesregierung den sogenannten Hundeführerschein für alle Hundehalterinnen und Hundehalter zum Muss machen.

„Wie das genau kommt, ist noch nicht klar. Aber unsere Hundeführerscheine vom BHV werden offiziell akzeptiert“, weiß Nadine Mutter. BHV ist die Abkürzung für den Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltenstrainer/innen. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit hatte Nadine Mutter als große Hundeliebhaberin selbst ein Problem mit ihrem Hund. Sie wandte sich an ihre Bekannte Julia Häßle. Heute sind die zwei auch berufliche Kolleginnen.

In der noch jungen Geschichte ihrer Hundeschule haben die beiden bereits vier Kurse mit dem Ziel „Hundeführerschein“ gegeben. Wenn es für ihre menschlichen und tierischen Prüflinge schließlich ernst wird, fiebern sie mit gedrückten Daumen bei jedem Ruf und jeder Reaktion mit. Im Oktober war es für acht Prüflinge wieder soweit. Dieses Mal durfte der SÜDKURIER die Prüfungssituationen vor Ort begleiten und einen Eindruck davon bekommen, was ein Hund von und mit seiner Bezugsperson lernen kann.

Hundehalter steht im Mittelpunkt

Es ist ein kalter Herbstmorgen, als Dirk Schneider mit seiner Dackeldame Frieda in Hütten aus dem Auto steigt. Der Gedanke an die praktische Prüfung heizt zumindest die Konzentration auf. „Ablenkungsarme Umgebung“ nennt sich der erste Part, der in einem eingezäunten Bereich stattfindet. Hinter dem Gatter wartet schon Rita Bernigau. Sie ist die heutige Prüferin und extra für zwei Tage aus Nordrhein-Westfalen angereist. Für eine Hundeprüfung nicht unüblich, wie Julia Häßle erklärt: „Die Prüfer haben eine extra Ausbildung und sind immer Externe. So will man Vetterleswirtschaft vermeiden.“

Für Dirk Schneider und Frieda ist das in dem Moment zweitrangig. Der Hundeführerschein ist für Dirk Schneider eine ernsthafte Sache: „Es geht dabei weniger um den Hund als um den Halter. Es geht um Bindung zum Hund, um Sicherheit und Vertrauen.“ Seine persönliche Haltung zeigt sich ganz konkret, als seine Prüfung beginnt: „Bleib!“ und Rückruf, fixieren, den Maulkorb anlegen – Dirk Schneider und Frieda meistern Prüfungsteil A mit Bravour. Ziel dieses Teils ist es, bestimmte Kontrolltechniken gezielt abzurufen. Dazu zählen nicht nur die bekannten Befehlrufe, sondern auch Dinge wie das korrekte Halten eines Hundes oder das Checken von Pfoten und Ohren.

Dirk Schneider und Frieda während des Prüfungsteils B „Grünanlage und Hundeauslaufgebiet“: Dabei werden potenzielle ...
Dirk Schneider und Frieda während des Prüfungsteils B „Grünanlage und Hundeauslaufgebiet“: Dabei werden potenzielle Herausforderungen beim Spazierengehen geprüft, wie hier das Aufeinandertreffen mit einer anderen Hundehalterin. | Bild: Maria Schlageter

Der zweite Teil der Prüfung fühlt sich dagegen gar nicht wie eine Prüfung an. Das einzig Verräterische ist Rita Bernigau mit ihrem Klemmbrett, die auf dem Feldweg vor der Hotzenwald-Kulisse nur vermeintlich fehl am Platz wirkt. Auf den zweiten Blick ist auch die Frau mit dem Kinderwagen ohne Kind deutliches Indiz dafür, dass die Spaziergang-Umgebung inszeniert ist. „Grünanlage, Hundeauslaufgebiet“ ist Teil B der Prüfung und stellt eine typische Gassi-Geh-Situation dar. Und während sich Dirk Schneider hier im Plauderton mit einer anderen Hundehalterin unterhält, hat er Frieda immer Blick. Die Dackeldame merkt das oder sie weiß schlicht, wie sie sich zu verhalten hat. Auch der Mann mit dem bunten Schirm, bringt Frieda nicht in Rage. Und dann ist es fast geschafft.

Stress für Mensch und Tier: Jagdhunde in der Stadt

„Jetzt müssen wir nur noch in die Stadt“, sagt Dirk Schneider, der seine Hündin wieder ins Auto ruft. Teil C „innerstädtischer Bereich“ erfordert von Frieda und ihrem Halter, dass sie auch im Trubel der Bad Säckinger Altstadt am Samstagmittag zurechtkommen. Aus der Sicht von Dirk Schneider hat das eine besondere Priorität: „Ich bin Jäger und Frieda ist auch ein Jagdhund. Aber das ist sie nur zu fünf Prozent. Zu 95 Prozent ist sie ein Familienhund und wir wollen mit ihr überall hingehen können.“

Im Fahrstuhl, neben dicht befahrenen Straßen, im Restaurant – es läuft gut für Frieda und ihren Halter. Bis der „essbare Gegenstand“ aus der Hand der Prüferin Dirk Schneider nochmal in die Nervosität treibt. Das Tückische: Frieda muss den Leckerbissen wieder ausgeben. „Das war heute der schwierigste und gleichzeitig der schönste Moment. Es hat besser funktioniert als jemals zuvor“, sagt Dirk Schneider als er am Nachmittag endlich die offizielle Urkunde in der Hand hält. Frieda und er haben bestanden und das in der höchsten Kategorie 3.

Sollte der Hundeführerschein zur verpflichtend werden, sieht Julia Häßle dem möglichen Ansturm auf ihre 10-wöchigen Kurse zur Vorbereitung gespannt entgegen: „Wir hoffen darauf, dass die Leute aus ihrer eigenen Motivation heraus zu uns kommen und nicht nur aus Pflichtgefühl“, unterstreicht sie und macht dabei auch ihre Arbeitsphilosophie deutlich. Die Hunde lernen bei ihr durch positive Verstärkung, das heißt mit positivem Feedback und ohne negative Strafen. Die geplante Hundeführerschein-Pflicht unterstützt sie, aus einem ganz simplen Grund. „Unser Ziel ist, dass es gesittet zugeht. Und jeder, der sich mit Hundeerziehung beschäftigt, sollte den Hundeführerschein bestehen.“