Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind überall spürbar. Es scheint, als ob alles still steht. Doch hinter den Rathaustüren der Städte und Gemeinden am Hochrhein geht die Politik weiter. Zwar anders als gewohnt, aber es werden weiterhin Entscheidungen getroffen. Wie das geht – ganz ohne Sitzungen der Gemeinderäte – haben wir hier zusammengefasst.
Waldshut-Tiengen: Die Eilentscheidung
„Wir werden bei nicht verschiebbaren und ganz dringenden Beschlüssen, eine Eilentscheidung des Bürgermeisters durchführen“, sagt Klaus Teufel, Leiter der Geschäftsstelle Gemeinderat bei der Stadt Waldshut-Tiengen. Der Gemeinderat soll dann zwar informiert werden, jedoch dürfe dieser dann nicht mit abstimmen. Solche dringenden Entscheidungen ständen in Waldshut-Tiengen jedoch aktuell nicht an. Nicht dringende Dinge würden zurückgestellt werden. „Es ist nicht absolut unmöglich, Sitzungen durchzuführen, wenn Sicherheitsregeln beachtet werden, aber das machen wir nur, wenn etwas ganz Wichtiges vorliegt“, so Teufel. Die nächste Sitzung würde planmäßig am 27. April stattfinden. Anfang April wolle die Stadt entscheiden, ob diese stattfinden wird oder nicht. Der Informationsaustausch zwischen Bürgermeister und den fünf Fraktionsvorsitzenden sei bei Bedarf per Videotelefonie möglich.

Küssaberg: Das Umlaufverfahren
Vieles, was die Entscheidungsfindung anbelange, sei durch die Gemeindeordnung geregelt, erläutert Küssabergs Bürgermeister Manfred Weber. Für einfache Entscheidungen sei das Umlaufverfahren eine Möglichkeit. Dabei bekommen die Räte zu rechtlich unumstrittenen Punkten die Vorlagen und haben innerhalb einer Frist die Möglichkeit, um Erläuterungen oder Akteneinsicht zu bitten und Widerspruch einzulegen. Sollte kein Widerspruch eingehen, gilt der Punkt als genehmigt. Aktuell gebe es in Küssaberg keine eiligen Beschlüsse. Die Räte informiert Weber per Mail. „Videokonferenzen nutzen wir nicht, denn nicht jeder Gemeinderat ist technisch gleich gut ausgestattet“, sagt der Rathauschef.

Stühlingen: Bürgermeister möchte ungern allein entscheiden
In Stühlingen sieht die Sache etwas anders aus. Denn hier stehen wichtige und vor allem dringende Entscheidungen auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung, die eigentlich am 30. März stattfinden sollte. Dazu zählen die Bauvorgaben für den Breitbandausbau sowie die Vergabe für den Bau des Gemeindehauses, wie Bürgermeister Joachim Burger erklärt. „Die Handwerker haben ein Recht, innerhalb einer gewissen Frist zu erfahren, ob sie zum Zuge kommen oder nicht.“ Auch die Verkaufspreise für die Grundstücke im Neubaugebiet Bettmaringen seien interessant für die Bürger. 15 Bauplätze sollen hier entstehen. „Wir prüfen derzeit durch die Kommunalaufsicht, ob wir die Sitzung vielleicht per Mail oder per Videokonferenz durchführen dürfen“, so Burger. „Ich möchte diese Entscheidungen mit weitreichenden Auswirkungen ungern in einer Eilentscheidung treffen“, sagt der Bürgermeister. Denn dabei gebe es einen großen Diskussionsbedarf: „Da gehört der Gemeinderat mit dazu.“ Der Rathauschef informiere die Räte regelmäßig über Kurzbriefe, E-Mails, auch mit Bildern über Aktuelles.

So können Entscheidungen getroffen werden:
Ühlingen-Birkendorf: Räte werden eingebunden
Auch in Ühlingen-Birkendorf entfallen die Sitzungen, wobei derzeit keine drängenden Entscheidungen anstehen, so Bürgermeister Tobias Gantert. Er informiere die Räte regelmäßig per Telefon und E-Mail. Aktuell wird geklärt, ob eine Videokonferenz-Software genutzt werden kann. „Das testen wir, aber das wird schon an der Internetverbindung in den einzelnen Ortsteilen scheitern“, so Gantert. Mit einer Videokonferenz sei jedoch die Öffentlichkeit nicht gewahrt und somit gelte diese rechtlich nicht als zulässige „Sitzung“. Dies sei aber auch bei einer Eilentscheidung des Bürgermeisters nicht der Fall, die jedoch erlaubt sei, informiert Gantert über dieses Paradox. Falls es zu einer Eilentscheidung seinerseits kommen würde, würde er wie bei einer Sitzung auch alle Vorlagen an die Räte schicken. Von jedem würde er dann eine Meinung einfordern und aufgrund des Meinungsbildes eine Entscheidung treffen. In Ühlingen-Birkendorf werden die Räte also in jedem Fall mit eingebunden. „Es ist schade, dass wir uns persönlich nicht sehen. Aber unsere Vernetzung war bisher schon sehr gut. Wir haben uns auch aufgrund unserer breiten Fläche schon bisher Informationen und Bilder per Whatsapp zugeschickt“, so Gantert.

Bad Säckingen: Guhl erfragt Meinungsbild
Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl hält in einer täglichen Telefon-Konferenz Kontakt mit seinen Stellvertretern. Und regelmäßig fänden die Ältestensratssitzungen mit den Fraktionsvorsitzenden statt.

Bei einer Eilentscheidung würde auch er das Meinungsbild der Fraktionsvorsitzenden abfragen und daraufhin eine Entscheidung fällen. „Alles, was aufschiebbar ist, wird aufgeschoben“, sagt der Rathauschef. Derzeit würden so etwa keine Beabauungsplanverfahren durchgeführt.
Bonndorf: Bürgermeister-Wahl verschoben
In Bonndorf wurde eine bedeutende Entscheidung bereits getroffen, in dem die Bürgermeisterwahl verschoben wurde. Bürgermeister Michael Scharf bleibt somit noch länger im Amt und führt die Stadt durch die aktuelle Krise. Im Moment gebe es ansonsten keine weiteren dringenden Entscheidungen, so Hauptamtsleiter Harald Heini. Der Bürgermeister könne über alle Geschäfte der laufenden Verwaltung selbst entscheiden, erklärt Heini. Eine Eilentscheidung würde der Bürgermeister nur in ganz dringenden und unaufschiebbaren Ausnahmefällen treffen. „Etwa, wenn ein riesiger Wasserrohrbruch passiert, der sofort behoben werden muss“, nennt Heini ein Beispiel.

Wehr: Kindergarten muss geplant werden
Zwar sollen auch in Wehr nun keine Gemeinderatssitzungen mehr stattfinden, dennoch müssen hier wichtige Entscheidungen getroffen werden. So dulde etwa auch die Planung des Neubaus für den abgebrannten Kindergarten Seeboden keinen Aufschub, so Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz. Auch die Themen Breitbandversorgung oder das Dauerthema Brennet-Areal könnten in der nächsten Zeit Gemeinderatsentscheidungen erfordern. Wie in vielen anderen Städten und Gemeinden auch, wird Wehrs Bürgermeister Michael Theater in einigen dringenden Fällen ein Meinungsbild der Fraktionen einholen und daraufhin eine Eilentscheidung treffen. Andere Themen sollen per Umlaufverfahren entschieden werden, so beispielsweise der Neubau des Kindergartens.

Rheinfelden: Tagesordnung genau prüfen
In der Stadt Rheinfelden prüfen die Ämter derzeit die ursprünglich für die Sitzungen des Gemeinderats angemeldeten Tagesordnungspunkte auf ihre Dringlichkeit, ihre Verschiebbarkeit oder ob diese für ein Umlaufverfahren geeignet wären, erklärt Pressesprecherin Chantal Hommes-Olaf. Für das Umlaufverfahren werden die Vorlagen der unstrittigen Punkte in das Ratsinformationssystem eingestellt.
Die Stadträte würden regelmäßig über Mails auf dem Laufenden gehalten, Videoschalten fänden aber keine statt, so Hommes-Olaf.