Nachdem die Gemeinderatssitzung vom 17. März wegen der Corona-Krise abgesagt wurde, bedient sich die Rickenbacher Verwaltung eines Verfahrens, um dennoch unaufschiebbare Geschäfte vorantreiben zu können: das schriftliche oder elektronische Verfahren, auch Umlaufverfahren genannt. Es kann von allen Städten und Gemeinden eingesetzt werden und ist in der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) so geregelt: „Über Gegenstände einfacher Art kann im Wege der Offenlegung oder im schriftlichen oder elektronischen Verfahren beschlossen werden.“
Was genau das heißt, erklärt Carola Schmid vom Kommunal- und Rechnungsprüfungsamt am Landratsamt Waldshut so: „Unter Gegenständen einfacher Art sind grundsätzlich Angelegenheiten zu verstehen, die für die Gemeinde beziehungsweise die Bürgerinnen und Bürger nur von unerheblicher Auswirkung sind. Die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Entscheidung und die Auswirkungen müssen für die Gemeinderäte ohne weitere Erklärung klar und eine mündliche Erörterung deshalb nicht notwendig sein.
Nur Punkte, die auch auf einen beschließenden Ausschuss übertragen werden dürfen, gehören zu den Gegenständen einfacher Art.“ Die Rickenbacher Verwaltung hat sich die Regelung jetzt zu Nutze gemacht, um den Umbau der Grundschule im Hauptort weiter vorantreiben zu können. „Die Vergaben müssen erfolgen“, berichtet Hauptamtsleiter Markus Wagner auf Anfrage dieser Zeitung, „es sind Entscheidungen zu treffen, die wir brauchen, es ist Druck da.“
Es gibt allerdings eine Einschränkung: Normalerweise darf der Gemeinderat in unbegrenzter Finanzhöhe Aufträge vergeben, jedoch nicht im schriftlichen Verfahren. Auch der technische Ausschuss (Bauausschuss) könnte Aufträge vergeben, jedoch nur bei Beträgen bis zu 25.000 Euro. Geht es um höhere Summen, wie das aktuell bei der Vergabe der Arbeiten an den Freianlagen der Grundschule (450.000 Euro), der Tischlerarbeiten (90.000 Euro) oder von Abbrucharbeiten (127.000 Euro) der Fall ist, hat die Rickenbacher Verwaltung zu einem besonderen Mittel gegriffen: zur Eilentscheidung. Diese darf ein Bürgermeister auch ohne Begrenzung der Kompetenz des Gemeinderats treffen.
Das schriftliche Verfahren hat die Verwaltung zur „Einholung eines Stimmungsbildes im Gemeinderat“ (Wagner) benutzt. Daran kann sich der Bürgermeister orientieren. Was bei dem Verfahren nicht berücksichtigt wird, sind Tagesordnungspunkte, bei denen von einer Debatte ausgegangen werden muss oder die nicht zwingend sofort behandelt werden müssen – wie zum Beispiel die Resolution zur Ausrufung des Klimanotfalls oder die Ausrichtung der Spielplätze in Schweikhof und Egg. Da stelle sich die Frage, so Markus Wagner, „ob für die Gemeinde oder für Bürger Schaden entsteht, wenn wir keinen Beschluss hätten?“ Bei Nichterteilung von Auftragsvergaben hingegen ist der Fall klar: „Da hätten wir Nachteile für die Gemeinde“, sagt Wagner.