In den frühen Morgenstunden ist der Wasserrettungszug 5 des Landes Baden-Württemberg mit 24 Einsatzkräften nach Bayern aufgebrochen, um dort Opfern des Hochwassers zu helfen. Mit dabei: Acht Strömungsretter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Waldshut-Tiengen.

„Als uns die Alarmierung am Sonntag, 2. Juni, um 23 Uhr erreichte, verblieben uns nur noch vier Stunden bis zur Abfahrt“, erinnert sich Max Lehr aus dem Referat Wachdienst und Übungsabend der DLRG Waldshut-Tiengen. Nach dem Packen der persönlichen Ausrüstung hatten die Einsatzkräfte gerade noch eineinhalb Stunden, um sich auszuruhen. „Von Schlaf konnte aber nicht die Rede sein.“ Dann ging es los nach Offingen (Landkreis Günzburg).

Einsatzbesprechung der Einsatzkräfte.
Einsatzbesprechung der Einsatzkräfte. | Bild: Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft Waldshut-Tiengen

Drohende zweite Flutwelle verschärft Situation

Dem Team sei klar gewesen, dass vor Ort viel Arbeit warten würde. Lehr weiter: „Wir sammelten auf der Anfahrt bestmöglich unsere Kräfte, denn der Einsatz begann unmittelbar nach Ankunft und dauerte schließlich bis 2 Uhr der darauffolgenden Nacht.“ Kräfteraubend, wie er selbst zugibt. Vor Ort lösten die frisch eingetroffenen Einsatzkräfte ihre erschöpften Vorgänger ab. „In der Siedlung stand das Wasser teilweise 1,7 Meter hoch. Wir begannen sofort, Menschen zu evakuieren – meist Nachzügler und Haustiere.“ Der Großteil der Bewohner war bereits in der Nacht von Sonntag evakuiert worden.

Eine drohende zweite Flutwelle habe die Lage verschärft. „Entsprechend prüften unsere Einsatzkräfte nochmals das gesamte Wohngebiet ab und führten die verbleibenden Evakuierungen durch.“ Dabei kamen die Retter nicht überall mit den beiden eingesetzten Hochwasserbooten durch. Oft versperrten Gartenzäune und Hecken den Zugang zu Häusern. Dann war aussteigen und schieben angesagt.

Kaum noch zu erkennen: Von einem geparkten Auto schaut nur noch das Dach aus dem Wasser hervor.
Kaum noch zu erkennen: Von einem geparkten Auto schaut nur noch das Dach aus dem Wasser hervor. | Bild: Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft Waldshut-Tiengen

Von emotional aufgebrachten Haus-Besitzern bis zu gefassten Bewohnern habe die Einsatzgruppe alles erlebt. „Man muss schon taktvoll mit den Menschen umgehen. Ich finde es aber bewundernswert, dass viele nach oben schauen, obwohl sie alles, was sie sich über Jahrzehnte aufgebaut haben, verloren haben“, sagt Max Lehr. Die meiste Zeit seien die Bürger den Einsatzkräften mit tiefer Dankbarkeit begegnet. „Es ist schön zu sehen, dass Menschlichkeit im Notfall noch funktioniert.“ Jeder helfe dort mit, wo er könne.

Die Motivation ist pure Dankbarkeit

Nach dem sich die Lage in der Region Günzburg leicht entspannte, ging es weiter nach Donauwörth. „Hier nahmen wir im Zuge des drohenden Dammbruches vor allem Sicherungsaufgaben für Einsatzkräfte und die Zivilbevölkerung war.“ Nach knapp 72 Stunden Einsatz vor Ort lösten frische Einsatzkräfte der Wasserwacht den Wasserrettungszug 5 des Landes Baden-Württemberg ab, „sodass wir am Donnerstag gegen 10 Uhr die Heimreise antreten konnten.“ Um 16 Uhr trafen dann alle wohlbehalten zurück in Waldshut-Tiengen ein.

Max Lehr vom DLRG Waldshut-Tiengen.
Max Lehr vom DLRG Waldshut-Tiengen. | Bild: Max Lehr

Der Einsatz war für alle Beteiligten anstrengend, schlafraubend, spannend und emotional zugleich. „Für uns überwiegt jedoch das positive Gefühl, helfen zu können. Der größte Lohn für die Anstrengung ist die unfassbare Dankbarkeit und Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Wir müssen unfassbar viel Freizeit in regelmäßige Ausbildung und Übung investieren, da ist es einfach unfassbar motivierend, das erlernte auch in der Praxis anwenden zu können und damit das Leid vor Ort zu lindern.“

Die Einsatzkräfte des Wasserrettungszugs 5 des Landes Baden-Württemberg.
Die Einsatzkräfte des Wasserrettungszugs 5 des Landes Baden-Württemberg. | Bild: Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft Waldshut-Tiengen

Was selbst Max Lehr in all seinen Jahren bei der DLRG noch nicht erlebt hat: „Die Wasserqualität vor Ort war desaströs. Schon aus vielen Metern Entfernung fiel ein beißender Dieselgeruch auf.“ Nicht nur für das eingesetzte Materialien fatal. „Nun steht für uns vor allem die Materialpflege und die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft auf dem Programm.“

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