Jonas Hirt

Wenn Polizisten Wohnungen öffnen, stoßen sie immer wieder auf Leichen, die längere Zeit darin lagen. Solche Fälle kennt auch Thomas Batzel. Doch dass ein Mann über mehrere Jahre hinweg unentdeckt bleibt, habe auch er noch nicht erlebt, sagt der Pressesprecher der Polizei. Auch die Staatsanwaltschaft Lörrach teilt mit, dass Leichen, die längere Zeit unentdeckt in einer Wohnung liegen, „keine absoluten Ausnahmefälle“ seien. Aber dieser Fall sei sehr selten.

Nachbarn alarmieren die Polizei

Anfang September öffnen die Beamten die Tür zu der Wohnung in Grenzach-Wyhlen. Laut Pressesprecher Thomas Batzel haben Nachbarn die Polizei alarmiert, Beamte sind in die Wohnung und hätten dort den Mann gefunden. Laut der Staatsanwalt lässt sich auch durch die Obduktion nicht sagen, wie lange er dort lag. „Der Zustand des Leichnams sowie der Wohnung, in der er aufgefunden wurde“, schreibt Oberstaatsanwältin Karin Sattler-Bartusch, „lassen einen Todeseintritt Ende des Jahres 2016 sehr wahrscheinlich erscheinen“.

Die kriminaltechnische Untersuchung und die Erkenntnisse der Rechtsmedizin hätten keine Anzeichen für ein Fremdverschulden oder einen Suizid ergeben. „Die genaue Todesursache konnte nicht ermittelt werden“, teilt die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft mit. Für eine innere Todesursache sprächen eine höhergradige, zentrale Verkalkung der Herzkranzschlagader und eine Verkalkung der Körperhauptschlagader.

Wie konnte der Mann so lange unentdeckt bleiben?

Ein Nachbar sagt der Redaktion, dass sich andere Anwohner immer wieder bei der Gemeinde und der Polizei gemeldet hätten. Ihnen sei Gestank aufgefallen. Allerdings nicht permanent. Der Nachbar erklärt sich das durch ein offenes Fenster in der Wohnung, das man allerdings von außen nicht sehen könne. Weder die Gemeinde noch die Polizei hätten aber reagiert. Der Geruch sei durch Hundegestank erklärt worden, so schildert es der Mann.

Jennifer Schumann, stellvertretende Leiterin des Ordnungsamts, sagt, dass es Ende August einen Hinweis gegeben habe. Den habe man an die Polizei weitergegeben. „Wir können nicht einfach in die Wohnung“, sagt Schumann. Frühere Meldungen seien ihr nicht bekannt. Hätte es diese gegeben, hätte man die Polizei informiert, das handhabe die Gemeinde generell so.

Polizeisprecher Batzel kann für August eine weitere Meldung beim Revier Rheinfelden verifizieren. Eine Streife habe vor Ort aber keine Anzeichen für eine Straftat oder Hinweise auf eine hilflose Person entdeckt. In diesen Fällen hätte man bereits damals die Tür zur Wohnung öffnen dürfen.

Der Nachbar sagt, es gehe ihm nicht darum, die Behörden zu kritisieren. „Die Sache ist unglücklich gelaufen.“ Er wolle deswegen niemanden an den Pranger stellen. Und ohnehin: Auch ihm sei erst durch den Gestank aufgefallen, dass etwas nicht stimmen könnte, der Mann sei also zu diesem Zeitpunkt tot gewesen. „Man hätte ihn nicht retten können“, sagt der Nachbar.

Nachbar weiß nur wenig über den Mann

Der Mann kann nur wenig über seinen Nachbarn erzählen, er sei ein älterer Mann gewesen, kein Einheimischer. Er kennt sein Alter nicht, schätzt ihn um die 70. „Er war eigentlich nie da, er war kein richtiger Nachbar.“

Im Haus gibt es mehrere Wohnungen, doch keiner der Bewohner habe Kontakt zu dem Mann gehabt. Post habe er fast keine bekommen. Der Mann glaubt nicht, dass der Senior Familie habe, sonst hätte sein Ableben dieser auffallen müssen.

Das erklärt, warum der Tod des Mannes nicht auffiel. Polizeisprecher Batzel sagt, dass ein überfüllter Briefkasten oder besorgte Nachbarn wichtige Hinweise seien – oder eine nicht gezahlte Miete. Laut dem Nachbarn hatte der Senior die Wohnung gekauft. Jetzt steht sie leer.

Und es ist nicht der einzige Fund einer Leiche nach so langer Zeit. Am 30. Oktober wird in Grenzach ein weiterer, bereits mumifizierter Leichnam gefunden.

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