Wenn Gesundheitsminister Jens Spahn an diesem Freitag in Albbruck zu den gesundheitspolitischen Entwicklungen und den Perspektiven sprechen wird, dann ringt dies den meisten Beschäftigen des Klinikums Hochrhein in Waldshut nur ein müdes Lächeln ab. „Als ob man uns wirklich hören würde“, lautet die Meinung vieler Mitarbeiter einer Pressemitteilung des Klinikums zufolge.
Unlängst fühle man sich seitens der Politik im Stich gelassen und dies nicht erst seit Corona. „Natürlich freuen wir uns, dass wir ein neues Krankenhaus erhalten und sehen auch die finanzielle Leistung, die damit einhergeht, aber was nützt das, wenn unser Berufsbild immer unattraktiver wird“, erklärt eine Gesundheits- und Krankenpflegerin des Klinikums.
Für Geschäftsführer Hans-Peter Schlaudt sei dies nicht weiter verwunderlich. „Fehlendes Personal, fehlende Ausstattung, fehlende Schutzkleidung, fehlende Strukturen, fehlende Nachversorgung, überbordende Bürokratie. Nicht zuletzt Corona hat uns gezeigt, wo die Mängel liegen“, schreibt er in der Mitteilung.
Versorgung der Bevölkerung gefährdet
Der deutschlandweite Mangel an qualifiziertem Personal habe für viele Kliniken und Einrichtungen ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen und gefährde damit die Versorgung der Bevölkerung. Verantwortlich dafür sind seiner Meinung nach auch das sogenannte Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung und die seit Jahren zunehmende Arbeitsverdichtung.
„Hinzu kommen die fehlenden Investitionen und die fehlende Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten – bei uns beispielsweise das Hochlohnland Schweiz“, erklärt der Geschäftsführer und fügt hinzu: „Fehlende Kolleginnen und Kollegen führen zu einer Überlastung der verbleibenden Mitarbeiter, bei gleichbleibender Patientenzahl.“ Diese Belastung lasse sich mit Geld oder Prämien nicht verbessern und erst recht nicht mit der Steigerung von Bürokratie und Kontrolle.
Forderung nach leistungsgerechter Bezahlung
Auch für den Ärztlichen Direktor des Klinikums, Hans-Jürgen Ott, kann es so nicht weitergehen: „Das Fallpauschalen-System wird kranken Menschen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen nicht gerecht. Es muss ersetzt werden durch eine leistungsgerechte Bezahlung, die falsche Anreize vermeidet und Qualität fördert. Krankheit und
Pflegebedürftigkeit sind keine gewinnorientierten Geschäftszweige, sondern gesellschaftspolitische Aufgabe und Verpflichtung.“
Hört man sich in den Reihen der Mitarbeiter um, so wird schnell klar: Es geht laut dem Klinikum Hochrhein nicht primär um die Bezahlung oberhalb der Tarifverträge, auch wenn diesen Anreiz natürlich niemand ausschlagen würde. Es gehe darum, dass die Belastung sinkt, die Berufe in den Krankenhäusern attraktiver werden, die Abläufe verbessert und die Bürokratie reduziert wird. „Vor allem geht es auch darum, dass die Menschen außerhalb der Kliniken mehr Verständnis für die große Belastung seitens Ärzten- und Pflegekräften erlangen“, schreibt die Gesundheitseinrichtung.
Einige wenige Mitarbeiter des Klinikums haben die Hoffnung daher nicht aufgegeben und wollen die Chance nutzen, sich an diesem Freitag Gehör zu verschaffen. Doch an eine Veränderung will niemand von ihnen so richtig glauben, heißt es abschließend aus dem Waldshuter Krankenhaus. CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird am 20. August um 17.45 Uhr beim Rathaus in Albbruck erwartet. Die Veranstaltung ist öffentlich. Bei schlechtem Wetter findet sie in der Mehrzweckhalle Albbruck statt.