„Wir hören die Nöte der Menschen im Kreis Waldshut, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Es ist ein sozialer Sprengstoff, der dringend entschärft werden muss.“ Eindringlicher hätte sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt am Hochrhein wohl kaum darstellen lassen, als mit diesen Worten des DGB-Kreisvorsitzenden Bernhard Schaaf.

„Mietpreise zwischen 10 und 20 Euro pro Quadratmeter sind für viele Menschen einfach nicht zu bezahlen“, fügte Schaaf auf einer Diskussionsveranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Dienstag in Schloss Schönau in Bad Säckingen ergänzend hinzu. Sie stand unter dem Motto „Es muss sich viel tun, bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete“.

Der von privater Seite errichtete Wohnraum im Neubaugebiet Leimet III in Bad Säckingen wird für sozial schwächere Familien wohl ...
Der von privater Seite errichtete Wohnraum im Neubaugebiet Leimet III in Bad Säckingen wird für sozial schwächere Familien wohl unerschwinglich sein. | Bild: Alexander Jaser

Gewerkschaft befürchtet weiteren Druck auf die Mietpreise

DGB-Kreisvorsitzender Schaaf gab seiner Besorgnis für die Zukunft Ausdruck: „Wir befürchten, dass sich der Druck auf den Wohnungsmarkt am Hochrhein durch die Entwicklung des Sisslerfeldes in der Schweiz weiter erhöhen wird. Auch für Rentner, die heute mit einer Durchschnittsrente von 1170 Euro in den Ruhestand gehen, werden die Mieten nicht mehr zu bezahlen sein.“ Hinzu komme, dass auch für die gestiegene Zahl an Zuwanderern zu wenig Mietraum vorhanden sei.

Sie sprechen sich für staatlich geförderten Wohnungsbau aus (v.l.): DGB-Kreisvorsitzender Bernhard Schaaf und Ilse Bruttel, Vorsitzende ...
Sie sprechen sich für staatlich geförderten Wohnungsbau aus (v.l.): DGB-Kreisvorsitzender Bernhard Schaaf und Ilse Bruttel, Vorsitzende der IG Bau Südbaden. | Bild: Alexander Jaser

Eine Entwicklung, der die Kommunen und der Landkreis mit der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft entgegenwirken sollten, so der Gewerkschafter – „denn es ist unser Anliegen, dass für den Mietwohnungsbau im Kreis Waldshut mehr getan wird.“

Baugenossenschaften schaffen bezahlbaren Wohnraum

Ein Lösungsansatz, dessen Nutzen Iris Beuerle vom Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmer allerdings in Zweifel zog. „Die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften würden gerne selbst mehr bauen, doch seit einiger Zeit verhindern die hohen Baukosten und die gestiegenen Zinsen bezahlbare Mieten. Es fehlt bei diesen Gesellschaften also nicht am guten Willen.“ Darüber hinaus seien die vergangen fünf Jahre extrem herausfordernd gewesen, da Ereignisse wie die Coronakrise, der Ukrainekrieg oder die steigende Inflation vieles durcheinandergebracht hätten, so Breuer. Sie setzte in ihren Ausführungen mit Nachdruck auf das bestehende Genossenschaftswesen, „denn diese Vereinigungen wird es auch in 100 Jahren noch geben, gewinnorientierte private Investoren oder Baugesellschaften werden dann schon lange nicht mehr bestehen.“

Im Gespräch über den Wohnungsmarkt am Hochrhein (v.l.): Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl und Iris Beuerle vom Verband ...
Im Gespräch über den Wohnungsmarkt am Hochrhein (v.l.): Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl und Iris Beuerle vom Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen. | Bild: Alexander Jaser

Unbedingt gelte es, so Beuerle weiter, den Verwaltungskostenanteil von rund 37 Prozent an den Baukosten zu senken. Einen Hebel biete hier die notwendige Überarbeitung der Landesbauordnung, „um einfaches Bauen zu ermöglichen, es gibt hier viel zu viele Verordnungen.“

Baugewerkschaft fordert sozialen Wohnungsbau

Klare politische Forderungen erhob Ilse Bruttel, Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bau in Südbaden: „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. Das Gemeinwohl muss beim Wohnen Vorrang vor dem Profitdenken haben – hierfür benötigen wir auch eine neue Bodenpolitik, denn die Flächen werden knapp und bei diesen muss auf sozialen Wohnungsbau gesetzt werden.“ Gegen den Boom der modernen Luxuswohnungen forderte Bruttel ein soziales Mietrecht, wollte jedoch auch Steuersenkungen für Bauunternehmen oder Investoren nicht ausschließen.

Bürgermeister Guhl: Bürger sollten ihre Rechte geltend machen

Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl stellte zwei grundsätzliche Probleme in den Mittelpunkt seiner Ausführungen: „Das Bauen ist zu teuer und viele Menschen verdienen angesichts der hohen Mietpreise zu wenig – aber jeder Bürger muss die Möglichkeit haben, bezahlbar zu wohnen.“ Zu den hohen Mieten kämen zusätzlich seit einigen Jahren die großen Probleme der steigenden Mietnebenkosten und Zinsen.

Aufmerksam verfolgten Fridolin Singler und Herbert Hausin von der Familienheim Bad Säckingen (v.l.) die Diskussion zur Wohnungslage am ...
Aufmerksam verfolgten Fridolin Singler und Herbert Hausin von der Familienheim Bad Säckingen (v.l.) die Diskussion zur Wohnungslage am Hochrhein. | Bild: Alexander Jaser

Angesichts der hohen Mietkosten verwies Guhl auf die Möglichkeit, bei den Rathausverwaltungen einen Wohnberechtigungsschein zu beantragen. „Viele Bürger wissen nicht, welche Möglichkeiten der Förderung es für sie gibt. Bei einer Einzelperson liegt die Fördergrenze bei einem Jahreseinkommen von 55.000 Euro. Doch leider wurden in Bad Säckingen in den letzten Jahren kaum Anträge hierfür gestellt. Ich kann den Bürgern nur sagen, beantragen sie einen Wohnberechtigungsschein, damit wir den Bedarf hierfür kennen. Die Bürger sollten ihre Rechte aktiv geltend machen.“

Gewerkschaften fordern Ende der Steuerschlupflöcher

Deutliche Kritik übte Gewerkschaftsfunktionär Schaaf in der Diskussion am geltenden Steuerrecht: „Die Steuerschlupflöcher für große private Wohnungsbaugesellschaften müssen geschlossen werden.“ Darüber hinaus bedauerte er die nach seiner Einschätzung zu hohe Quote an leerstehenden Wohnungen im Landkreis Waldshut – ein Hinweis, den Iris Beuerle um den Vorschlag ergänzte, Kommunen könnten leerstehende Wohnungen anmieten und an sozial Schwächere weitervermieten. Zur Stärkung der Städte und Gemeinden auf dem Bau- und Wohnungsmarkt forderte Guhl zudem eine Reform des Vorkaufsrechtes für die öffentliche Hand.

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