Am liebsten ist sie in der Produktion, und so hat die Baden-Württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) einen Tag ganz nach ihrem Geschmack. Denn anstatt in Stuttgart in Sitzungen zu sitzen, kann sie sich in Albbruck vor Ort informieren und sich zeigen lassen, was hier geleistet wird.

Die gemeinsame Klammer: zwei Hidden Champions, die global tätig sind, zwei mittelständische Firmen, die auf ihrem Gebiet zu den Weltmarktführern gehören – KPG Rotating Solutions und Ebco.

Am Ende nimmt Hoffmeister-Kraut mit, dass es hier zwei Unternehmen gibt, denen es gut geht, wo Innovation herrscht und Dinge angepackt werden. Sie nimmt aber auch mit, dass Unternehmer zu kämpfen haben – mit dem Fachkräftemangel, mit der Bürokratie und mit der Infrastruktur.

Der Fachkräftemangel

„Die fehlenden Fachkräfte sind ein ganz großes Thema“, sagt Günter Ebi, der gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Manuel und Dominik das Unternehmen KPG führt. Sie würden zwar selbst ausbilden, doch gerade die nahe Schweiz sei für den ganzen Hochrhein ein großes Problem.

„Wir verlieren nach der Ausbildung Azubis an die Schweiz, weil dort mit dem Scheckheft gewunken wird“, erklärt Günter Ebi. Das Delta zu den deutschen Löhnen würde zwischen 30 und 50 Prozent betragen. „Da können wir nicht mitgehen, das bringt unser Lohngefüge komplett durcheinander.“

KPG sei sehr auf internationale Arbeitskräfte angewiesen. Aus Litauen, Spanien, Ungarn und sogar aus Panama kommen die Mitarbeiter. „Teils sind sie sehr gut ausgebildet. Indien hat beispielsweise sehr gute Unis“, sagt der Seniorchef, der sich seit fünf Jahren selbst um diesen Themenbereich kümmert.

Politiker-Besuch bei KPG in Albbruck (von links): Manuel Ebi (von links), Abgeordnete Sabine Hartmann-Müller, Wirtschaftsministerin ...
Politiker-Besuch bei KPG in Albbruck (von links): Manuel Ebi (von links), Abgeordnete Sabine Hartmann-Müller, Wirtschaftsministerin Sabine Hartmann-Müller und Dominik Ebi. | Bild: Jakober, Stephanie

Doch wenn die Mitarbeiter nicht aus der Europäischen Union kommen, fängt die Bürokratie an. „Die Bewilligung ist sehr langsam.“ Mal dauere in Deutschland die Arbeitsbewilligung vier Wochen, dann scheitere es an der Botschaft. In anderen Fällen seien alle Unterlagen vorhanden und dann bräuchten die deutschen Behörden sechs Monate. „Das zu beschleunigen, ist unsere einzige Chance.“

Worte die Landrat Martin Kistler nicht so gerne hört, schließlich geht es hier um seine Behörde. „Wenn es bei uns hakt, dann muss ich das wissen. Wenn ich nichts höre, denke ich, dass alles läuft.“

Und die Wirtschaftsministerin verweist an die Landesagentur, die eigens dafür gegründet worden sei, um die Ausländerbehörden, die mit den großen Flüchtlingszahlen „teilweise überfordert“ gewesen seien, zu entlasten.

Wo die Bürokratie die Unternehmen trifft

Anpacken wollen die Ebis, doch oft kommt die Bürokratie in die Quere. Wenn beispielsweise Generatorenteile von Belgien nach Albbruck transportiert werden müssen. Dazu braucht es einen Schwertransport – nicht wegen Überlänge oder weil die Generatorenteile zu hoch oder breit seien, sondern einzig wegen des Gewichts.

„Ich brauche von jedem Landkreis eine Genehmigung“, erklärt Manuel Ebi. Und zwar für jede einzelne Fahrt, obwohl jedes Mal die Strecke exakt die gleiche sei.

Günter Ebi (rechts) tauscht sich mit Albbrucks Bürgermeister Stefan Kaiser aus.
Günter Ebi (rechts) tauscht sich mit Albbrucks Bürgermeister Stefan Kaiser aus. | Bild: Jakober, Stephanie

Ein Aufwand, der auch die Politiker erstaunt. Hoffmeister-Kraut denkt über ein vereinfachtes Verfahren nach, bei dem das Unternehmen nur eine Mitteilung machen muss, dass auf der genehmigten Strecke gefahren wird und die Behörden dann widersprechen können. Ein ähnliches Verfahren sei in der Gastronomie bei Übergaben eingeführt worden. Ein Thema, das sie ins Verkehrsministerium mitnehmen will.

Landrat Kistner überlegt derweil, ob es auch möglich sei, die Genehmigungen immer in der „Schublade“ zu haben und einfach nur noch mit den Daten auszufüllen.

Die Infrastruktur

Fachkräftemangel, den nahen Arbeitsmarkt Schweiz und Bürokratie – das kennt auch Ebco-Geschäftsführer Olaf Sperling. Doch besonders ärgert ihn die Infrastruktur in Bezug auf die Schiene und Straßen und auch das mangelhafte Handynetz.

„Wenn ich mit dem Auto fahre, dann ist das für mich Arbeitszeit“, erklärt Sperling. Arbeitszeit, die er gerne für Telefonate nutzt. „Wenn ich von Rom nach Neapel fahre, habe ich allerbestes Netz – die ganze Fahrt.“ Anders sei das am Hochrhein. Eine Erfahrung, die auch Vanessa Ebner, Tochter von Firmengründer Hanspeter Ebner und seit zwei Jahren im Unternehmen, teilt: „Richtung Waldshut ist es ganz schlecht. Da bricht der Empfang immer ab.“

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Und dann ist da noch die Autobahn – ein langwieriges Thema. „Bürgermeister Kaiser hat mir versprochen, dass ich noch über die Autobahn fahren werde – mutmaßlich mit dem Rollator“, scherzt Sperling.

Wenigstens beim Thema Schiene tue sich etwas und die gute Nachricht sei, dass wohl die SBB den „Hochrhein-Konstanz-Express“ übernehme. „Das sorgt für ein Aufatmen im ganzen Landkreis“, ist sich der Ebco-Geschäftsführer sicher.

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Es folgt sofort das Aber: „Wie die Deutsche Bahn international wahrgenommen wird, ist nicht gut.“ Kunden aus den USA oder aus Großbritannien würden ihre Reisen in Deutschland ganz anders planen, weil sie wüssten, dass „die Bahn schlecht ist“.

Die Wirtschaftsministerin verweist auf das „große, neue Programm“ der Bahn und führt den digitalen Knotenpunkt, der bei Stuttgart geplant ist, an. Und wenn Stuttgart 21 dann fertig sei. Wobei es sich auch Hoffmeister-Kraut nicht verkneifen kann, das „wenn“ besonders zu betonen. „Der Bund muss aber am Thema Bahn dranbleiben.“