„Morgens rund, mittags gestampft, abends in Scheiben – dabei soll‘s bleiben. Es ist gesund“ – diese Gedichtzeilen stammen aus Johann Wolfgang von Goethes „Die Kartoffel“ aus dem Jahr 1814. Und damals wie heute sind die stärkehaltigen Ackerfrüchte von den Speiseplänen der Menschen in Deutschland nicht mehr wegzudenken. Ursprünglich stammen Kartoffeln aus Südamerika. Doch Christoph Kolumbus und die Seefahrer nach ihm brachten sie mit über den Atlantik. Sie wurde zum Grundnahrungsmittel im von Hunger geplagten Europa. Aber wie steht es eigentlich heute um die Kartoffel im Landkreis Waldshut?
Laut Alexander Wegerhof, Leiter des Landwirtschaftsamtes, sind die Anbauflächen im Kreis in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen: „1979 wurden noch rund 700 Hektar Kartoffeln angebaut. Im Vergleich dazu waren es 2016 nur noch rund 54 Hektar“, zitiert er aus den aktuellsten offiziellen Zahlen. „Das entspricht einem Rückgang der Anbaufläche von 92,2 Prozent in den letzten 40 Jahren.“ Die Gründe für den Rückgang des Kartoffelanbaus sieht er im veränderten Verbraucherverhalten – etwa im zunehmenden Verzicht auf kohlenhydratreiche Lebensmittel -, in Klimaveränderungen und in strengeren Vorschriften im Pflanzenschutz. Kartoffelanbauern dürften immer weniger Mittel zur Bekämpfung von Schädlingen und Pflanzenkrankheiten nutzen.
Kartoffel stellt einige Herausforderungen
„Die Kartoffel stellt ohnehin einige Herausforderungen an den Anbau und benötigt eine möglichst vielgliedrige Fruchtfolge, um gute Erträge zu bringen“, so der Amtsleiter weiter. „Zum Beispiel waren die Witterungsbedingungen für die Kartoffel im Jahr 2024 nicht gut. Der relativ nasse Sommer hat zum Teil zu erheblichen Ernteverlusten durch Fäule geführt.“ Durch all diese Gründe sei das Anbaurisiko für Erzeuger im Verhältnis zu anderen Pflanzen hoch. Die Eulenhof-Bio-Gemüsegärtnerei in Dogern bestätigt auf Nachfrage, dass sie seit diesem Jahr keine Kartoffeln mehr anbaut: „Zu aufwendig und wirklich schlechte Erträge im vergangenen Jahr“, sagt Gärtnerei-Chef Matthias Kuhn.
Die Kartoffel kommt auch am Hochrhein wieder
Deutschlandweit nahmen die Kartoffel-Anbauflächen über Jahrzehnte stark ab. Doch so langsam steigen sie wieder – das gilt auch am Hochrhein. Denn ein paar wenige Landwirte und gemeinnützige Organisationen im Kreis wagen sich trotz all dieser Herausforderungen wieder neu an den Kartoffelanbau: Zum Beispiel der Bioland-Hof Schmidle. Alexander und Stefanie Schmidle haben den Hof 2021 in zweiter Generation übernommen und bauen seither auf 20 Hektar zwischen Lauchringen und dem Klettgau wechselnde Kartoffelsorten im großen Stil an. Gepflanzt und geerntet wird mit Maschinen. Verkauft wird im regionalen Einzelhandel – und in ganz Baden-Württemberg.

2020 wurde zwischen Niederhof und Oberhof ein Dorf-Gemeinschaftsacker eingerichtet, auf dem auch Kartoffeln wachsen. Alle Dorfbewohner sind eingeladen, mitzugärtnern. Wer jätet, hegt und pflegt darf auch ernten. Auch der Mandacherhof in Riedern am Wald baut seit 2020 die Knolle für die Dorf-Gemeinschaft an. Landwirt Klaus Bastian verzichtet dabei auf Chemie und setzt auf resistente Sorten, wie „Otolia“ und „Goldmarie“, um hoffentlich in diesem Jahr der Kartoffelfäule und dem Kartoffelkäfer zu trotzen.

Und in diesem Jahr hat auch das Urban-Gardening-Projekt Stadtoasen in Bad Säckingen Acker-Zuwachs bekommen: Solawi Rheinacker heißt der Schwesternverein, der Platz für Gemüse und Kartoffeln bietet. Jedes Mitglied bekommt monatlich eine Kiste mit regionalem, saisonalem Gemüse frisch vom Bad Säckinger Acker.
So gelingen krosse Rösti
Zu den klassischen Kartoffelgerichten der badischen Küche gehören Kartoffelsalate, Rösti, Kartoffelpüree und Bratkartoffeln. Der wichtigste Tipp für den Umgang mit der Ackerknolle in der Küche: „Für Rösti und Bratkartoffeln braucht man Geduld und guten Butterschmalz“, sagt Barbara Indlekofer (66), Chefin der Waldshuter Traditionswirtschaft Rheinischer Hof, „nur so wird es schön knusprig!“ Normale Butter würde aus ihrer Sicht zu schnell verbrennen. Täglich werden im Rheinischen Hof rund 100 Portionen Rösti serviert.

Und was sind ihre Küchengeheimnisse? „Wir nutzen die festkochende Sorte Annabelle, schälen sie, kochen sie im Ganzen einmal auf, nehmen sie aus dem Wasser, lassen sie komplett abkühlen und reiben sie dann kalt durch die Röstireibe“, verrät Barbara Indlekofer. Es folgen Salz, Pfeffer und Muskat. Dann kommt eine kräftige Portion Butterschmalz und anschließend die Masse in eine 20-Zentimeter-Pfanne. Nach mehrmaligem Wenden, bei mittlerer Hitze, ist die Rösti nach rund 20 Minuten goldbraun und fertig. Bratkartoffeln würzt sie am liebsten mit Salz, Pfeffer, Paprika und Majoran.
Was ist das Geheimnis des Kartoffelsalats?
Beliebte Gerichte auf der Karte in Brutsches Rebstock in Laufenburg sind Kartoffelsalat, Rösti, Petersilienkartoffeln und -püree. Elena Thesing ist Auszubildende zur Köchin im zweiten Lehrjahr und verrät: „Unsere Lieblingssorte ist die Sieglinde, weil sie festkochend ist und einen besonders würzigen Geschmack mitbringt – wir verwenden sie für Rösti und Kartoffelsalat, weil sie einen tollen Biss hat.“ Lieferant der Knolle ist Bauer Bächle in Albbruck-Albert. Für Petersilienkartoffeln, Salat und Püree gilt: „Das Wasser gut salzen, um der Kartoffel schon beim Kochvorgang eine Grundwürze zu verleihen.“

Bei Kartoffelsalat-Rezepten scheiden sich ja bekanntlich die Geister: Mit oder ohne Mayonnaise, mit oder ohne Gurke? Was ist denn nun richtig? „Wir setzen auf unser ganz eigenes Hausrezept“, sagt Thesing, „regionale Rezeptregeln hin oder her. Das Wichtigste ist doch, dass er schmeckt und den Gästen ein Lächeln ins Gesicht zaubert!“