Die Nachricht über die Freigabe der Haushaltsmittel für die Einführung des digitalen Ausfuhrscheins war für die Beteiligten am Einkaufstourismus am Hochrhein zunächst einmal erfreulich. Aber vor allem Händler fragen sich nun, wie ein neues System in der Praxis konkret funktionieren soll. Kommen Kosten auf sie zu? Lohnt es überhaupt? Der SÜDKURIER hat nachgefragt, die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee beschreibt eine mögliche Lösung.
Einkaufen, stempeln lassen, Steuer zurück
Bisher ist es so: Schweizer kommen in deutsche Geschäfte und wollen am Ende die Mehrwertsteuer zurück. An der Kasse erhalten sie ein Formular mit Endbetrag, Steuersatz und Datum drauf. Am Zoll lassen sie das Dokument abstempeln. Bei ihrem nächsten Einkauf erhalten sie die Mehrwertsteuer im Geschäft zurück.
Häufig kommt es deshalb am Hochrhein an den Grenzübergängen zur Schweiz zu Staus. In den Läden bilden sich mitunter lange Schlangen. Kunden, die keine Einkaufstouristen sind, ärgern sich. Das soll es in Zukunft nicht mehr geben, wenn der digitale Ausfuhrschein kommt.
Relevanten Daten des Einkaufs aufs Mobiltelefon
Wie diese digitale Lösung aussehen könnte, beschreibt IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx auf Nachfrage: „Der Kunde aus der Schweiz, dessen Identität und Wohnsitz geprüft und im System hinterlegt wurden, erhält die relevanten Daten seines Einkaufs im Geschäft seiner Wahl direkt auf sein mobiles Endgerät, Smartphone, übertragen.“ Die dafür entwickelte, georeferenzierte Applikation (Kurz: App) werde die Daten an den Zoll weiterleiten. Von dort erhalte der Kunde eine Rückmeldung. Optional könne auch die Frage einer Kontrolle beim Grenzübertritt an dieser Stelle geregelt werden.
Die registriert den Grenzübertritt der Ware
Durch die Bewegung des registrierten und personalisierten Mobiltelefons würde der tatsächliche Ausfuhrvorgang, der Grenzübertritt der Ware, festgestellt, übermittelt und bestätigt. Einfach gesagt: Die App weiß, wenn die Ware Deutschland verlässt. Marx: „Die Beamten der Zollverwaltung würden von der händischen Bestätigung in jedem einzelnen Fall befreit und könnten sich auf die Stichprobenkontrolle beschränken.“ Der Verkehrsfluss werde sich erheblich verbessern. Für den Einzelhandel würden die relevanten Daten so aufbereitet und übermittelt, dass es den Anforderungen der Finanzverwaltung genüge.
Teilnahme ist für Händler freiwillig
Für die Händler ist die Teilnahme laut Marx freiwillig. Wenn sich ein Händler dafür entscheidet, seinen Kunden das digitale Ausfuhrverfahren zu ermöglichen, müsse an den Kassen eine Schnittstelle eingerichtet werden. Sie übermittle die Daten an den Server des Zolls. „Das ist mit Kosten verbunden, weil die Schnittstelle ins System integriert werden muss“, räumt Marx ein.
Großer Aufwand für kleinere Geschäfte
Größere Händler würden vermutlich die Investition in Hard- und Software zügig umsetzen, schätzt er. Für kleinere Händler, die nur einige Kunden aus der Schweiz haben, könne der Aufwand erst einmal groß sein. Aber Marx macht klar: „Sie können weiterhin auch die grünen Zettel ausstellen.“ Wirtschaftlich lohne sich die Investition nur, wenn sie vom Kunden angenommen werde.
Claudius Marx: „Jetzt kann es also losgehen.“
Wann ein digitales System eingeführt werden kann, lasse sich nicht abschätzen. Aber Marx ist optimistisch: „Immerhin herrscht endlich Einigkeit bei den Entscheidungsträgern beim Bund. Die zuvor blockierten Mittel sind freigegeben. Jetzt kann es also losgehen.“ Das Projekt sei sehr komplex. Einzelhandel, Zoll und Finanzverwaltung müssten kooperieren und der Kunde müsse die gefundene Lösung akzeptieren. Letzteres sei ebenfalls ein Parameter des Erfolgs. „Nur wenn das System auch angenommen wird, kann es sich rechnen und die Entlastungseffekte bringen“, betont Marx.