Keine langen Schlangen mehr an den Kassen. Keine Staus an den Grenzübergängen, die von Einkaufstouristen verursacht werden. Kein mühsames Stempeln. Ein digitalisiertes Verfahren zur Abwicklung der Mehrsteuerrückerstattung, der digitale Ausfuhrzettel, soll den Einkauf für Händler, Kunden, Finanz- und Zollverwaltung einfacher machen.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat vergangene Woche zugestimmt, die Mittel für die Einführung eines elektronischen Selbstabfertigungsverfahrens freizugeben. Jetzt soll wieder Bewegung in die Sache kommen.
IHK und Gewerbevereine sehen es positiv
Der SÜDKURIER hat nachgefragt: Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee, Vorsitzende und Geschäftsführer der Gewerbevereine in Bad Säckingen, Waldshut und Tiengen sowie die für die Landkreise Lörrach und Waldshut zuständigen Zollbehörden sehen es positiv und wünschen sich eine schnelle Umsetzung.
Und der CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner fordert in einer Pressemitteilung: „Das Verfahren zur Mehrwertsteuerrückerstattung muss endlich im digitalen Zeitalter ankommen.“ Er spricht von einem wichtigen Schritt. Mehr noch: „Als Abgeordneter der besonders betroffenen Region unterstütze ich das Projekt und werbe dafür, dass wir am Hochrhein die Möglichkeit bekommen, in einer Testphase die Funktion eines digitalen Systems zu prüfen.“
Kunden und Händler haben es einfacher
Elisabeth Vogt, Vorsitzende des Gewerbevereins Pro Bad Säckingen, Nikola Kögel, Geschäftsführerin der Aktionsgemeinschaft Tiengen und Thomas Wartner, Vorsitzender des Werbe- und Förderungskreises (W+F) Waldshut, sind sich einig: „Das macht es für Kunden und Händler einfacher und schneller.“ Wie sie dem SÜDKURIER in Telefongesprächen versichern. Obwohl sie im Moment noch gar nicht wissen, wie genau ein digitales Verfahren ablaufen soll, vor allem welche Kosten auf die Händler zukommen.
„Ich bin für alles, was für Kunden und Händler eine Erleichterung bringt“, sagt Kögel. Obwohl sie für Händler bei der bisherigen Abwicklung mit Papierformularen keinen Riesenaufwand sieht. „Es geht, denke ich, eher um den Zoll.“ Was auf die Geschäftsinhaber zukommt, kann sie aktuell noch nicht einschätzen. Nur so viel: „Unter Umständen ist alles kostenintensiv.“ Und sie meint, dass die digitale Abwicklung nur optional sein könne. Die bisherige Form müsse weiterhin angeboten werden.
Keine langen Schlangen, weniger Stau
Wartner bringt es auf den Punkt: „Wenn die technischen Voraussetzungen geschaffen sind, ist alles einfacher – vor Ort und am Zoll. Die Kunden kommen schneller aus dem Laden und haben mehr Spaß beim Einkaufen.“ Es gebe keine langen Schlangen in den Geschäften, und der Verkehr an der Grenze werde entzerrt. Wartner ergänzt: „Es gibt weniger Papierkram.“ Die Ausfuhrzettel in seinem Geschäft füllten jeden Monat einen ganzen Ordner. In der Summe rechne er mit einer wesentlichen Erleichterung und betont: „Das hätte schon längst kommen müssen.“
Elisabeth Vogt, Vorsitzende des Gewerbevereins Pro Bad Säckingen, war zunächst einmal überrascht von der Nachricht, dass der Bund die Mittel nun freigegeben hat. Sie fasst sich kurz: „Wir begrüßen es natürlich. Alles, was digitalisiert wird, erleichtert uns die Arbeit.“
Bedenken wegen der Kosten
Bei ihrer Vorstandskollegin Irene Schwarz, Inhaberin eines kleinen Geschäfts in Bad Säckingen, schwingt mit Blick auf die Kosten noch ein bisschen Skepsis mit: „Für uns ist der Aufwand mit der handschriftlichen Abwicklung nicht so groß.“ Sie könne nicht abschätzen, ob kleinere Läden bei den herkömmlichen Zettel blieben. Ohnehin sammeln sich bei ihr seit der Einführung der Bagatellgrenze und dem Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr so viele Ausfuhrkassenzettel. „Früher waren es vier Leitz-Ordner, heute ist nur noch einer.“
Zoll sieht wesentliche Erleichterungen
Wesentliche Erleichterungen sehen vor allem die Zollbehörden. Antje Bendel, Pressesprecherin des Hauptzollamts Lörrach, schreibt auf Nachfrage: „Ziel des Projekts ist, dass das Verfahren beschleunigt, die Infrastruktur mit Staus und Wartezeiten an der Grenze und das Personal entlastet wird.“ Die frei werdenden Beamten könnten bedarfsgerecht an anderer Stelle zur Verfügung stehen. „Zum Beispiel im Bereich der enorm steigenden Abfertigungszahlen beim E-Commerce.“ Ihr Kollege Mark Eferl beim Hauptzollamt Singen verweist auf die Pressestelle der Generalzolldirektion und liefert lediglich Zahlen.
So viele Ausfuhrscheine stempeln die Zöllner in den Landkreisen Konstanz, Waldshut und Lörrach:
IHK: Digitale Abfertigung ist überfällig
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee verweist auf die große Bedeutung der grenzüberschreitenden Konsumnachfrage für die Region. „Die digitale Abfertigung der Ausfuhr liegt deshalb in unserem uneingeschränkten Interesse“, schreibt Hauptgeschäftsführer Claudius Marx auf Nachfrage. Sie mache den Einkauf für alle Beteiligten, Händler, Kunden, Finanz- und Zollverwaltung, einfacher und angenehmer.
Staus an Kassen und Grenzübergängen würden vermieden. „Ebenso die anachronistische Archivierung von Millionen Papierdokumenten.“ Die Händler hätten wegen der steuerlichen Aufbewahrungspflichten über die Jahre ganze Hallen mit Ausfuhrzetteln gefüllt. Marx: „Die Bearbeitung von Millionen von Ausfuhrscheinen in Papierform ist vor diesem Hintergrund vollkommen aus der Zeit gefallen, ihre digitale Ablösung überfällig.“