Er sieht aus wie ein Mikrowellengerät. Ein würfelförmiger Kasten mit einem Fenster. Thorsten Huber wärmt sich aber kein Essen. Was auf seinem Sofa steht, ist ein 3D-Drucker. Damit produziert er Stirnhalterungen für Kontaktschutzmasken, die er an Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen liefert.
Auch in Laufenburg und Murg haben sich einige Hobbytechniker und Näherinnen zusammen getan. José Morla, Pino di Giovanni und Sascha Heptner koordinieren das Team Hochrhein mit mittlerweile 18 Freiwilligen.

Alle arbeiten ehrenamtlich. Sie wollen den Versorgungsengpass an Schutzausrüstung gegen den Coronavirus mildern. Sie stellen die Produkte kostenlos zur Verfügung.
Er möchte Gutes für Wehr tun
Crazyalex.de heißt die Firma von Thorsten Huber. Ein verrückter Name. Der 41-Jährige stammt aus Augsburg, er wohnt seit neun Jahren in Wehr. Er lacht und erklärt: „Als ich vor 28 Jahren meine kleine Firma gründete, haben mich alle für verrückt erklärt, und Alexander ist mein zweiter Vorname, ich dachte, Crazyalex passt.“
Sein Unternehmen ist im Projektcoaching und auf dem Feld der Softwareentwicklung tätig. Über die Medien sie er auf die Engpässe bei Ärzten und Pflegeeinrichtungen aufmerksam geworden. „Ich möchte was Gutes für Wehr tun“, beschreibt er seine Motivation.
3D-Drucker eigentlich schon ausgemustert
Er hat im Internet gestöbert, sich bei der Uniklinik in Freiburg Druckvorlagen besorgt. Die stehen frei zur Verfügung. „Mein 3D-Drucker war eigentlich schon ausgemustert“, verrät Huber mit einem Augenzwinkern, „am Wochenende habe ich ihn wieder rausgezogen.“ 350 Euro habe er für das gute Stück bezahlt. „Er tut immer noch gute Dienste.“ Er schaut kurz nach. 33 mal 48 mal 40 Zentimeter sind die Maße, neun Kilo wiegt der Kasten.

Er hat schon angefangen, als bei Facebook von der bundesweiten Initiative Maker versus Virus liest, der sich die Gruppe aus Laufenburg und Murg angeschlossen hat. Huber: „Ich fand die Idee spannend, alles zentral zu steuern, aber ich habe mich bewusst raus gehalten, wir wollen hier schauen, dass die Ärzte und Einrichtungen versorgt sind.“

Ein Exemplar in einer Stunde fertig
Huber hat die Druckvorlagen optimiert. „Damit wir schneller vorwärts kommen.“ Was vorher zwei bis drei Stunden gedauert hat, ist jetzt in einer Stunde zu schaffen. 15 bis 20 Masken schafft der Drucker am Tag. Schnell hat er 30 Exemplare fertig. „Wir haben darauf geachtet, handelsübliche Materialien, die leicht zu bekommen sind, zu verwenden.“ Huber fertigt die Teile nebenher, neben dem laufenden Betrieb, komplett ehrenamtlich. Er gibt die Masken kostenlos her.
Die Produkton liege im Centbereich. Eine Rolle Filament (Glühfaden) koste 20 Euro und reiche für bis zu 60 Masken. Plastikfolien habe er sich bei Amazon besorgt, 100 Stück kosteten 13 Euro. „Die Gummibänder habe ich aus dem Nähkasten, aus dem privaten Fundus.“
Huber hat schon viele Anfragen auf dem Tisch liegen, auch aus dem Umfeld aus Bad Säckingen. „Aber wir möchten erst Wehr, Schwörstadt, Öflingen und Schopfheim bedienen. Der Bedarf ist da.“ Die ersten Exemplare sind ans Ärztehaus in Wehr gegangen. „Als nächstes sind die Senioren- und Pflegeheime dran.“
Internist Dr. Günter Straub, Facharzt für Innere Medizin im Wehrer Ärztehaus, ist einer von denen, die bereits Masken aus Hubers Produktion erhalten hat. Der Arzt ist begeistert: „Es ist ein schlaues Modell, darauf hätten wir selber kommen können. Zwei gewölbte Kunststoffstangen, ein Schild auf Abstand, Klarsichtfolie rein, Löcher stanzen, fertig, so simpel. Die Folie gibt es in jedem Schreibwarengeschäft.“
Immer noch Engpässe bei der Schutzausrüstung
Bei den Ärzten herrsche immer noch Notstand, vor allem an Atemschutzmasken. Es sei schwierig, etwas zu organisieren. Er ist froh um die Schutzschilder aus Hubers Produktion. Aber er weiß: „Die Schilder bieten keinen Komplettschutz.“ Nur in Kombination mit Maske, Kopfschutz oder Overall mit Kapuze sei der größtmögliche Schutz gewährleistet. Straub machte jüngst mit seinem selbst gebastelten „Corona-Helm“ (wir berichteten) aufmerksam.
Wie groß der Bedarf an Schutzausrüstung ist, zeigt die Zahl der Bestellungen, die beim Team Hochrhein eingegangen sind. Über 200 Face-Shields und Gesichtsmasken seien laut der drei Koordinatoren bestellt worden. Nach aktuellem Stand sollen Produkte an drei Arztpraxen und eine Zahnarztpraxis in Bad Säckingen sowie je eine Arztpraxis in Laufenburg, Waldshut-Tiengen und Ühlingen-Birkendorf geliefert werden.
„Die Ärzte haben viel zu wenig, teils gar nichts mehr“, weiß José Morla. Zehn Freiwillige, die zusammen 18 3D-Drucker besitzen, und die Näherinnen arbeiten in ihrer Freizeit fleißig, um den Bedarf zu decken und den Mangel an Schutzzubehör in der vom Coronavirus ebenfalls betroffenen Hochrhein-Region zu minimieren. Seit einer Woche ist das Team Hochrhein am Start. Die ersten Produkte, 90 Schilde und 30 Mund-Nasen-Masken, sind ausgeliefert worden.
„Wichtig zu betonen ist, dass es sich bei unseren Produkten um Kompromisslösungen handelt, die in der Not schützen, aber spezifisch produzierte medizinische Produkte nicht ersetzen können“, sagt Morla. So lange Lieferengpässe bestehen und der Virus grassiert, wollen die kreativen Wehrer, Laufenburger und Murger helfen und ihren Beitrag im Kampf gegen das Virus leisten.