Das hellblaue Ziffernblatt der Turmuhr, der leuchtend rote Fensterladen der Zunftstube und sogar das Wappen mit dem Habsburger Löwen: Michel Sieber hat bei seinem Modell des Oberen Tores in Waldshut an jedes kleinste Detail gedacht.
Aus Legosteinen hat der selbstständige Fotograf aus Waldshut in mühevoller Kleinarbeit das historische Bauwerk am Eingang der Altstadt maßstabsgetreu nachgebaut. „Angefangen habe ich vor zwei Jahren“, erzählt er im Gespräch mit dieser Zeitung.

Stück für Stück habe er den Turm vom Fundament bis zum Dach mit den aufgesetzten Glocken aus Legosteinen zusammengesetzt. „Ich musste Teile zwischendurch nachbestellen“, erklärt Sieber den langen Zeitraum. Die reine Arbeitszeit gibt er mit zehn Stunden an.
Denn einen Bausatz wie beispielsweise für den Pariser Eiffelturm, das Weiße Haus in Washington oder das indische Taj Mahal gibt es vom dänischen Spielzeughersteller Lego für das Obere Tor natürlich nicht fertig zu kaufen. Michel Sieber musste improvisieren: „Das Wappen ist ein Schild aus einem Ritter-Set, und die Uhr stammt aus dem Harry-Potter-Set“, berichtet der 31-Jährige.
Auf die Frage, aus wie vielen Einzelteilen das weniger als einem Meter hohe Bauwerk besteht, muss Michel Sieber überlegen: „Das weiß ich nicht so genau. Aber ich schätze, dass es etwa 2000 sind.“
Sein kleines Kunstwerk aus Kunststoff besteht neben dem Turm auch aus einem Teil der Seltenbachbrücke – mitsamt den vier Brückenheiligen, die als stumme Beobachter den östlichen Eingang zur Waldshuter Altstadt bewachen.
Albus Dumbledore als Johannes Nepomuk
Den Märtyrer Johannes Nepomuk auf der Südseite der Brücke hat Michel Sieber durch eine Legofigur von Albus Dumbledore, dem Schulleiter aus der Harry-Potter-Reihe, ersetzt.
Bei den restlichen drei Heiligen kamen weniger prominente Legomännchen zum Einsatz. „Maria ist ein Geist, und Rochus habe ich einen Pharaonenstab in die Hand gedrückt“, erzählt er. Dem Heiligen Sebastian hat er einen goldenen Bogen umgelegt.

Das Lego-Ensemble komplett macht schließlich eine Nachbildung der Würstchenbude, die die benachbarte Metzgerei außer im Winter auf der Nordseite der Seltenbachbrücke betreibt.
Lieblingsgebäude Oberes Tor
Doch wie kam Michel Sieber eigentlich auf die Idee, das Bauwerk samt Brücke und Imbissstand aus Legosteinen nachzubauen? „Ich bin schon lange ein Legofan“, erklärt er und fügt hinzu: „Ich bin in Waldshut aufgewachsen, und das Obere Tor ist eines meiner Lieblingsgebäude in der Stadt.“
„Der Winter ist meine Legozeit“, erzählt der Profifotograf, der sich größtenteils auf Hochzeiten spezialisiert hat. Saisonbedingt hat er in der kalten Jahreszeit weniger Aufträge und mehr Zeit für sein Hobby. Auch die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown haben Sieber zufolge dazu beigetragen.
Ein weiteres Hobby des 31-Jährigen ist die Feuerwehr. Das ehrenamtliche Mitglied der Waldshuter Abteilung hat daher auch das Gerätehaus auf dem Johannisplatz unweit des Oberen Tores samt Einsatzfahrzeug aus Legosteinen nachgebaut. Und wie finden seine Kameraden seine Legokunst? „Bis jetzt gab es nur begeisterte Antworten“, sagt er über die Fotos, die er in sozialen Netzwerken teilte.
Anfang Januar hatte Michel Sieber Original und Fälschung gemeinsam in Szene gesetzt. Auf dem Johannisplatz machte er Aufnahmen von der kleinen und großen Feuerwache, und auf der Seltenbachbrücke fotografierte er das Obere Tor samt seinem Modell.

Und welches Projekt steht künftig für den Legofan an? „Die nächsten Schritte sind die Innenausstattung des Oberen Tores“, antwortet Sieber. Denn der Turm sei aufklappbar. Mit Möbeln möchte er die Zunftstube der Narro-Zunft Waldshut und die frühere Gefängniszelle ausstatten und bespielbar machen. „Wie eine Puppenstube“, erklärt er.