„Postamt“: So steht es noch immer über dem Eingang zum markanten gelben Gebäude in der Waldshuter Straße in Bad Säckingen. Doch die Post darin ist seit Ende Oktober geschlossen. Seitdem gibt es jetzt drei neue „Postämter“ in der Stadt: bei Butz Hobby & Kunstidee, im Kaufland, im Rewe. Aber „amtlich“ geht es da nicht zu. Statt Postbeamte stehen hier Einzelhändler und deren Angestellte hinter dem Schalter. Sonst verkaufen sie Bastelartikel, Lebensmittel oder andere Waren. Damit, Postartikel und -dienstleistungen ins Sortiment aufzunehmen, verbinden sie Hoffnungen – auf mehr Kundenfrequenz und Menschen, die nach Versendung einer Retoure vielleicht sonst noch etwas kaufen.

Neue DHL-Paketshops in Bad Säckingen

In Bad Säckingen ist die Umstellung von der „richtigen“ Post auf solche Agenturen das jüngste Beispiel. Seit Ende 2024 gibt es in der 18.000-Einwohner-Stadt neben den drei erwähnten Postfilialen weitere, teils neue „gelbe“ Anlaufpunkte: DHL-Paketshops und Packstationen, also Automaten zwecks Abholung und Versand von Paketen. Die Adressen sind mitunter noch unbekannt, sorgen für Verwirrung.

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Butz Hobby & Kunstidee in der Altstadt bietet unter den drei neuen Filialen wohl die größte postalische Palette, so auch das Postident-Verfahren zwecks persönlicher Ausweisung etwa bei Bankkonto-Eröffnungen. Der erste Stresstest mit dem Weihnachtsgeschäft liegt hinter Inhaberin Irene Schwarz und ihrem Team. Dennoch findet Schwarz: „Ich habe noch zu wenig Erfahrungswerte, ich will jetzt noch keine Bilanz ziehen.“

In Hohentengen betreibt die Gemeinde die Post

Bilanz ziehen kann die Gemeinde Hohentengen, mehr als 26 Jahre danach. Denn dort wurde die Postfiliale am 1. September 1998 im Rathaus eröffnet. Damals war es so, dass sich kein Einzelhändler zwecks Übernahme der Post fand. Und da Dörfer den Verlust von Poststellen fürchten, sprang die Gemeinde ein. „Wenn es kein Privater macht, machen es wir“, sagt Bürgermeister Jürgen Wiener. Motiv sei die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger. Es geht um Infrastruktur und Lebensqualität im ländlichen Raum. Wiener hat vor Weihnachten selbst einen Tag Postdienst geschoben. „Ich hatte alle Hände voll zu tun und keine ruhige Minute“, erzählt er. Und unter den Kundinnen und Kunden seien nicht nur alte Leute gewesen, sondern alle Altersklassen.

„Aber es ist ein Verlustgeschäft, die Gemeinde legt drauf“, zieht Wiener Bilanz. Um die Personalkosten der beiden ganz und teils in der Filiale tätigen Mitarbeitenden zu decken – die Gemeinde sucht nach einer dritten Kraft – reichten die Vergütungen der Post nicht aus.

Erwartungen in Öflingen enttäuscht

Birgit Kiefer, Vorstandsmitglied der Genossenschaft Dorfladen Öflingen, kann das bestätigen. Der Ende 2015 eröffnete Laden sei anfangs noch relativ schlecht gelaufen. Da sahen die Betreiber die Übernahme der Post 2018 als Chance, den Umsatz zu stabilisieren. „Unsere Erwartungen wurden leider enttäuscht“, sagt Kiefer. Es komme vereinzelt vor, dass Postkunden auch noch etwas im Dorfladen einkauften, aber der große Umsatzbringer sei es nicht.

Im Dorfladen Öflingen gibt es neben einem Lebensmittelgeschäft und einem Brotstand auch eine Postfiliale.
Im Dorfladen Öflingen gibt es neben einem Lebensmittelgeschäft und einem Brotstand auch eine Postfiliale. | Bild: Steffi Weickert

Da die Vergütungen der Post zu gering seien, müsse der personell aufwendige Betrieb der Postagentur gar zu einem kleinen Teil aus dem Ladenumsatz querfinanziert werden, berichtet sie. „Letztes Jahr haben wir auch überlegt, das Postgeschäft wieder abzugeben“, räumt Kiefer ein: Überlegungen, die auch weiterhin aktuell seien, sollte sich auf Dauer an der Vergütung nichts ändern.

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Positiv erwähnen will Kiefer, dass die Post im Sommer eine neue, „sehr mitarbeiterfreundliche“ Software eingeführt habe, welche die Bedienung am Postterminal deutlich erleichtere. Dort sei jetzt auch mehr los, mit neuerdings Kundinnen und Kunden aus Wehr, Schwörstadt und auch Bad Säckingen.

Postfilialen in eigener Regie

Dass mehr aus Wehr nach Öflingen fahren, könnte damit zu tun haben, dass die dortige Postfiliale mit nur fünf Stunden werktags kürzer geöffnet hat als der Öflinger Dorfladen. Die Deutsche Postshop München GmbH ist für Wehr als Betreiberin aufgeführt. Es ist ein Name, der bei vielen Poststellen am Hochrhein auftaucht, so in Ühlingen-Birkendorf, Lauchringen, Küssaberg, Wutöschingen, Höchenschwand, Dogern, Grafenhausen und Grießen. Es sind Standorte, welche die Post in eigener Regie führen, weil sich kein privater Partner dazu bereitgefunden hat.

Das Public-Private-Partnership, also die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und Privatwirtschaft, gerät also immer mehr an seine Grenzen. Teils findet die Post auch keine Liegenschaften für ihre Filialen mehr. Muss in Container ziehen, wie im Laufenpark in Laufenburg, wo von Montag bis Freitag gerade mal je drei Stunden geöffnet ist.

In Laufenburg ist die Post neuerdings im Container untergebracht.
In Laufenburg ist die Post neuerdings im Container untergebracht. | Bild: Hans Christof Wagner

Dabei preist die Post das Agentur-Modell als Gewinn für beide Seiten an. Die Kundinnen und Kunden könnten von verdreifachten Öffnungszeiten profitieren, von durchschnittlich 18 Wochenstunden im Jahr 1990 auf heute 55, wie Post-Sprecher Marc Mombauer ausführt. „Auch für die Partner hat das Modell viele Vorteile“, sagt er. Es bringe dem örtlichen Einzelhandel Frequenz und Zusatzumsätze. „Damit leistet das Partner-Modell auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Einzelhandels in den Städten und Gemeinden“, so der Unternehmenssprecher. Das Postgeschäft könne das Gesamtgeschäft des Einzelhändlers indes nur ergänzen. Was die Post dafür bezahle, einen festen und einen variablen Teil, werde dem damit verbundenen Aufwand des Einzelhändlers aber gerecht.

In Stühlingen soll die Post am 5. Februar neu eröffnen

Dennoch: Erste Lücken tun sich auf, aktuell in Stühlingen. Dort gibt es derzeit keine Post, es soll laut Mombauer aber am 5. Februar wieder eine kommen.

In Erzingen befindet sich die Postagentur bei Schreib- und Spielwaren Siebler.
In Erzingen befindet sich die Postagentur bei Schreib- und Spielwaren Siebler. | Bild: Nico Talenta

Eröffnen wird sie im Geschäft „C&L Café Lebensmittel“ in der Hauptstraße 25, geöffnet montags bis freitags von 7.30 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 12 Uhr.

Die Situation in Stühlingen und Grießen hat Auswirkungen bis nach Erzingen, wo seit 2003 Schreib- und Spielwaren Siebler die Post betreibt. Christel Siebler freut sich, dass jetzt auch Kundschaft aus Stühlingen und Grießen das Geschäft ansteuert.