Seit 33 Jahren betreibt Bernhard Käser in Rickenbach das Geschäft Wolke 7 für Schreibwaren und Toto Lotto mit einem Stehcafé und einer Postagentur. Zwischen Ende Februar und Ende April des nächsten Jahres wird er das Geschäft schließen – und die Öffnungszeiten der Postagentur bis dahin deutlich einschränken. Wer dort künftig eine Briefmarke kaufen oder eine Postendung aufgeben möchte, kann dies täglich nur noch zwischen 7 und 10 Uhr erledigen.
„Eine Postagentur in einem Geschäft kann nur überleben, wenn die Kunden dort etwas kaufen“
Die Verantwortung für die Einschränkung des Postangebotes sieht er vor allem bei den Kunden und der Rathausverwaltung in Rickenbach. „Es war schon immer klar, dass eine Postagentur in einem kleinen Geschäft auf dem Lande nur überleben kann, wenn die Postkunden dort auch etwas einkaufen. Unsere Vergütungen im Postgeschäft decken etwa 40 Prozent der gesamten Betriebskosten ab. Der Aufwand, den wir für den angebotenen Service treiben müssen, ist jedoch viel höher“, erklärt er.

In den kleinen Geschäften von Erzingen bis in den Ortenaukreis brächen die Umsätze seit Jahren weg, führt Käser weiter aus: „Die Kunden machen mit ihrem Kaufverhalten die kleinen Geschäfte zu. Wir hätten unsere Entscheidung für das Verkaufsgeschäft und die Postagentur so nicht getroffen, wenn sich die Kundschaft anders verhalten hätte – bei manchen haben wir allerdings auch Verständnis für unsere Entscheidung gefunden.“ Ausdrücklich weist Käser auf seine Bemühungen hin, das Geschäft an einen Nachfolger übergeben zu können: „Wir führen hierzu intensive Gespräche mit Interessenten, die aktuell aber noch keine Entscheidung getroffen haben.“
Deutliche Vorwürfe auch gegen die Gemeindeverwaltung
Darüber hinaus hadert Käser auch mit der Gemeindeverwaltung Rickenbach. Diese kaufe ihre Büroartikel nicht beim heimischen Anbieter, sondern im Großhandel. „Ich bin nicht auf 100, ich bin auf 300, denn ich versuche seit Jahren, diesen Umstand zu ändern. Wir haben Gemeinderäte und den Bürgermeister angeschrieben und haben auch im Rathaus vorgesprochen, doch es ist nichts geschehen“, erklärt Käser.
Bereits vor geraumer Zeit habe er in einem Kundenbrief darauf hingewiesen, dass der Bestand der Postagentur lediglich aufgrund einer „Querfinanzierung“ möglich sei. Dies bedeute, dass der geringe Erlös aus dem Postgeschäft durch die Einnahmen aus dem sonstigen Geschäftsbetrieb einst ausgeglichen worden sei – ein Modell, welches seit einiger Zeit jedoch wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sei. Wenn „das Votum der Bürgerinnen und Bürger und der Verwaltung zugunsten der Discounter und des Onlinehandels“ ausfalle, bedeute dies das Ende des Konzepts „Post und Lädele mit Herz“ in Rickenbach, so der Kundenbrief.
In einem jüngst ausgegebenen Flyer spitzt Käser seine Vorwürfe gegenüber Bürgerschaft und Gemeinde zu: „Schade, dass Ihr und die Gemeindeverwaltung die Wolke zu macht! (...) Eure Gier, nach dem letzten Cent Ersparnis war wichtiger als der Erhalt dörflicher Infrastruktur. (...) Eine Bankrotterklärung an die dörfliche Gemeinschaft ist aus unserer Sicht das Verhalten der Gemeinde. Eine Institution mit Verwaltung, zwei Schulen und vier Kindergärten bezieht seit Jahren sämtlichen Bedarf an Büro-, Schreib- und Bastelbedarf aus dem Internet oder dem Großhandel.“

Ein Vorwurf, den Rickenbachs Bürgermeister Dietmar Zäpernick so nicht stehen lassen möchte. Die Reduzierung der Öffnungszeiten der Postfiliale sei ihm bekannt, sagt Zäpernick. Eine Schließung der Filiale wäre sehr bedauerlich, da eine Post aus im Ort zur Infrastruktur gehört, so der Bürgermeister weiter.
„Die Gemeindeverwaltung weist allerdings zurück, an der Situation schuld oder zumindest mitverantwortlich zu sein. Die Gemeinde ist als öffentlicher Haushalt dazu verpflichtet, sich an bestimmte Vergaberegelungen zu halten.“ Dazu gehöre bei Beschaffungen die Einholung mehrerer Angebote, und neben dem Preis seien weitere Kriterien wie beispielsweise Lieferbedingungen oder Verlässlichkeit für eine Auftragsvergabe entscheidungsrelevant.