Hinweis der Redaktion: Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die vom Landratsamt übermittelten Daten zur Belastung des Materials fehlerhaft sein könnten. (Stand 22. März 2024). Die Redaktion geht dem nach und korrigiert dies, sobald korrekte Werte vorliegen. Dass das Material belastet ist und PAK problematisch ist, ist unbestritten.

Der Umgang mit schadstoffhaltigem Straßenaufbruch bleibt für Gemeinden, Städte und Landkreise weiter ein praktisches und finanzielles Problem. An mehreren Orten Südbadens wurde stark mit PAK belastetes Material nicht sachgemäß gelagert, darunter im Landkreis Waldshut Bernau. Das Regierungspräsidium Freiburg versendet jetzt an Kreise und Kommunen ein Hinweisschreiben zum Umgang mit schadstoffhaltigem Straßenaufbruch. Dies erklärte die Behörde auf Anfrage unserer Zeitung.

⁠PAK⁠ sind giftig und bauen sich schlecht in der Umwelt ab

PAK (Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) sind eine große chemische Gruppe mit etwa 10.000 Verbindungen, die bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material entstehen. Dies kann bei Industrietätigkeiten der Fall sein, in der Umwelt kann PAK fast überall vorkommen. Viele ⁠PAK⁠ sind giftig, bauen sich zudem schlecht oder gar nicht in der Umwelt ab und reichern sich in Organismen an.

Bauaushub lagert im Januar 2024 auf dem Parkplatz am Notschrei. Er soll mit PAK belastet sein, sagen Umweltschützer.
Bauaushub lagert im Januar 2024 auf dem Parkplatz am Notschrei. Er soll mit PAK belastet sein, sagen Umweltschützer. | Bild: Sebastian Heilemann

Bis zu Beginn der 1990er Jahre wurde stark PAK-haltiger Teer im Straßenbau verwendet. Überall, wo auf vor diesem Zeitpunkt gebauten Straßen der Belag entfernt wird, kann PAK-haltiger Straßenaufbruch anfallen. Je nach Schadstoffgehalt gilt er als unbedenklich und kann ohne Probleme wiederverwertet werden. Oder er muss so zwischengelagert und deponiert werden, dass er die Umwelt nicht belastet.

Gruppe von Aktivisten geht der unsachgemäßen Lagerung von PAK-haltigem Material nach

Bei letzterem unterliefen Gemeinden oder den von ihnen beauftragten Unternehmen immer wieder Fehler – so auch in Bernau. Hier war beim Breitbandausbau angefallener PAK-haltiger Straßenaufbruch unbefestigt und ohne Abdeckung auf einer Geländeauffüllung abgelagert worden. Öffentlich gemacht hatte dies im Mai 2023 eine Gruppe von Umweltschützern um Dieter Berger aus Riedichen bei Zell, der in den Landkreisen Lörrach, Breisgau-Hochschwarzwald und Waldshut schon lange der unsachgemäßen Lagerung von PAK-haltigem Material nachgeht.

Der PAK-Aktivist Dieter Berger zeigt auf einem Foto, unter welchen Schutzvorkehrungen stark PAK-haltiger Straßenaufbruch ausgebaut ...
Der PAK-Aktivist Dieter Berger zeigt auf einem Foto, unter welchen Schutzvorkehrungen stark PAK-haltiger Straßenaufbruch ausgebaut werden müsste. | Bild: Vonberg, Markus

Im Falle Bernau hatten die zuständigen Behörden am 16. August 2023 vereinbart, dass zur Erkundung des abgelagerten Materials sieben Probelöcher ausgehoben werden sollen, um den PAK-Gehalt zu ermitteln. Jetzt liegt das Ergebnis vor. Im bei Bernau gelagerten Material befindet sich pro Kilogramm zwischen 1,4 und 36 Milligramm PAK, teilte das Landratsamt Waldshut unserer Zeitung auf Anfrage mit.

Landratsamt: Grundwasser in Bernau ist durch PAK nicht gefährdet

Nach der Entnahme der Bodenproben habe festgestellt werden können, dass vom abgelagerten Material keine Gefahr für das Grundwasser ausgehe, so das Landratsamt. Die PAK-Gehalte im Eluat, also dem aus dem Haufwerk ausgewaschen Stoff, hielten den Prüfwert der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser von 0,2 Mikrogramm pro Liter eindeutig ein.

Wann PAK als gefährlich eingestuft wird

In Baden-Württemberg ist teerhaltiger Abfall ab einem PAK-Gehalt von 200 Milligramm pro Kilogramm als gefährlich eingestuft. Die in Bernau ermittelten Werte liegen zwar weit darunter. Doch wird von der Straßenbauverwaltung Straßenaufbruch mit einem PAK-Gehalt von bereits 25 Milligramm pro Kilogramm als belastet eingestuft, er darf nur mit bestimmen Sicherheitsmaßnahmen deponiert oder wieder verbaut werden. Derzeit werde mit dem Regierungspräsidium Freiburg abgestimmt, wie mit dem Bernauer Straßenaufbruch zu verfahren sei, erklärte das Landratsamt Waldshut.

Bernau ist der einzige Fall, wo nicht korrekt gelagert wurde, sagt der Landkreis

Neben Bernau habe es im Landkreis keine weiteren Fälle gegeben, in denen PAK-haltiger Straßenaufbruch unsachgemäß gelagert worden sei, so das Landratsamt. Dieter Berger und andere PAK-Aktivisten hatten dies zwar auch für Herrischried behauptet und dies mit eigenen Messungen zu belegen versucht. Doch hätten Beprobungen des bei Wehrhalden lagernden Haufwerks eine maximale PAK-Belastung von 0,055 Milligramm pro Kilogramm ergeben, wie das Landratsamt im Juli 2023 auf Anfrage mitgeteilt hatte. Der Wehrhalder Aufbruch sei damit in der niedrigsten PAK-Bewertungsklasse und somit offen einbaubar und frei verwertbar gewesen.

Die Deponierung kommt die Gemeinden teuer

Dennoch bereitet auch anderen Gemeinden PAK-haltiger Straßenaufbruch große Probleme. So hat sich unlängst in Laufenburg herausgestellt, dass die Sanierung des Hans-Thoma-Wegs sich um 200.000 Euro verteuert, weil stark PAK-haltige Asphaltschichten des alten Belags teuer deponiert werden müssen. Auch der Bau des Feuerwehrhauses in Bernau verteuert sich um etwa 160.000 Euro, weil auch dort im Untergrund PAK-haltiger Müll gefunden wurde. Im Lörracher Ortsteil Nollingen verteuert sich der Neubau eines Wasserhochbehälters sogar um über 500.000 Euro, weil teilweise belastetes Erdreich deponiert werden muss.

Die Landesregierung will PAK durch thermische Behandlung unschädlich machen

Die Entsorgung von PAK-belastetem Aufbruchmaterial ist ein Riesen-Problem. Jährlich fallen in Baden-Württemberg rund 400.000 Tonnen als gefährlich eingestufter teerhaltigen Straßenaufbruchs an, so die Landesregierung auf ihrer Homepage www.baden-wuerttemberg.de/. Weil die am 1. August 2023 inkraftgetretene Ersatzbaustoffverordnung des Bundes die Verwendung des Asphaltausbruchs weiter einschränke, müsse mit wesentlich höheren Mengen an teerhaltigen Abfällen gerechnet werden. Die Landesregierugn setzt deshalb auf die thermische Behandlung von Straßenaufbruch, mit der die giftigen PAK unschädlich gemacht und der Bauschutt quasi recycelt werden soll. In Rotterdam wird dieses Verfahren bereits angewendet.

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