Es ist wie so oft im Leben: Kommt es zu Konflikten, gibt es zwei Lösungsmöglichkeiten – eine vorschriftsmäßige und eine pragmatische.
Spagat zwischen gesetzlicher Pflicht und Pragmatismus
Im Fall des Konflikts zwischen ehrenamtlicher Feuerwehrtätigkeit und hauptamtlichem Brotberuf ist in juristischer Hinsicht im Grunde der Fall klar, wie Kreisbrandmeister Dominik Rotzinger darstellt: „Im Feuerwehrgesetz ist eindeutig geregelt, dass ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter gehen lassen muss, wenn diese aufgrund ihrer Feuerwehrtätigkeit zum Einsatz alarmiert werden.“ Im Gegenzug könnten Unternehmen dadurch entstandene Lohnausfälle bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung geltend machen.
Allerdings sei der Feuerwehr freilich sehr daran gelegen, im Zusammenspiel mit den Arbeitgebern nicht auf den Buchstaben des Gesetzes zu pochen. „Es ist wichtig und für alle Beteiligten von Vorteil, wenn kritische Angelegenheiten wie diese in allseitigem Einvernehmen geklärt werden. Es muss immer ein Geben und Nehmen sein.“ Dialog und das Werben um Verständnis wiesen eher zum Erfolg, als das sture Beharren auf Prinzipien.

Und mit dieser Haltung fahre die Feuerwehr durchaus gut: „Wir haben das Glück, dass die allermeisten Firmen sehr wohl erkennen, dass jedem gedient ist, wenn es eine leistungsfähige Feuerwehr gibt.“ Schließlich könne ein Feuer oder eine andere Katastrophe jeden treffen.
Andererseits sei sich die Feuerwehr sehr wohl bewusst, dass es für Firmen durchaus ein einscheidender Schritt sein könne, Mitarbeiter mitten am Tag in einen Einsatz zu entlassen: „Natürlich bedeutet der Ausfall eines Mitarbeiters – häufig auf unbestimmte Zeit – in der Regel deutlich größere Nachteile für ein Unternehmen, als die reine Gehaltszahlung.“
Auszeichnungen als Dank für Unterstützung durch Unternehmen
Daher versucht sich die Rettungsorganisation für arbeitgeberisches Entgegenkommen zu revanchieren – und zwar im wesentlichen auf zwei Arten:
Einerseits gibt es Auszeichnungen als ideelle Form der Kompensation und Belohnung für die Unternehmen, die ihren Mitarbeitern die unproblematische Ausübung ihrer ehrenamtlichen Pflicht ermöglichen.
Zwei unterschiedliche Auszeichnungen gibt es momentan: Seit 2015 vergibt das baden-württembergische Innenministerium das Prädikat „Ehrenamtsfreundliche Arbeitgeber im Bevölkerungsschutz“ an Unternehmen, die Hilfsorganisationen unterstützen. Dies wird jeweils im Rahmen einer großen Preisverleihung zelebriert, zuletzt im September 2020 in Waldshut-Tiengen wo Innenminister Thomas Strobl 22 Unternehmen aus dem Land geehrt hat.

Noch ein gutes Stück älter und deutlich tiefgreifender ist derweil die Auszeichnung „Partner der Feuerwehr“ des Deutschen Feuerwehrverbandes: „Ausgezeichnet werden zum einen Firmen, die bewusst Feuerwehrangehörige beschäftigen und diese für Einsätze freistellen, oder die sich auf unterschiedlichste Weise für Belange der Feuerwehr einsetzen“, so Rotzinger. Dazu zähle auch materielle Unterstützung ebenso wie Beratung oder sonstige Leistungen.

Die Zielrichtung beider Auszeichnungen geht in eine ähnliche Richtung. Es gehe darum, Danke zu sagen. Möglicherweise erwachse einer Firma aber auch ein Imagegewinn, denn nicht nur gehe mit der Ehrung auch ein Schild einher, das sich am Geschäft anbringen lasse, sondern freilich auch viel positive Mundpropaganda.
Voraussetzungen für die Auszeichnungen
„Bemühen uns um arbeitgeberfreundliches Verhalten“
Die andere Art des Entgegenkommens seitens der Feuerwehr sei laut Kreisbrandmeister Rotzinger ein „möglichst arbeitgeberfreundliches Verhalten“. Das bedeute einerseits, dass selbst die Feuerwehr gewisse Grenzen akzeptiere und möglichst zu kompensieren versuche, die sich im Konfliktbereich Beruf und Ehrenamt zwangsläufig ergeben können, so Rotzinger. Dazu zählen Situationen, in denen ein Mitarbeiter trotz allen guten Willens nicht einfach seinen Arbeitsplatz verlassen könne, ohne dass schwerwiegende Probleme oder gar gravierende wirtschaftliche Nachteile für ein Unternehmen auftreten.
Abgesehen davon seien die Feuerwehrabteilungen stets um eine bedarfsorientierte Alarmierung von Einsatzkräften bemüht. Ebenso würden diese nur so lange zu beansprucht wie erforderlich und könnten so bald wie möglich an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Stellung des Ehrenamts hat durch Pandemie noch einmal profitiert
Generell schätzt sich der Kreisbrandmeister glücklich, dass diese Form des Miteinanders weitestgehend problemlos funktioniere: „Generell genießt das Ehrenamt in unserer Gegend einen sehr hohen Stellenwert. Das kommt auch uns entgegen.
Und dennoch sei er auch froh, dass die Erfahrungen der Pandemie dazu geführt haben, dass generell Helferrechte mehr in den Fokus geraten und grundsätzlich gestärkt worden seien. Das zeige sich besonders deutlich in der Neufassung des Katastrophenschutzgesetzes, das Mitgliedern anderer Organisationen nun dieselben Rechte zugestehe wie den Feuerwehren – insbesondere den Lohnersatz für Einsatzzeiten bei schweren Zwischenfällen.
Denn klar sei: Zwischenfälle hielten sich weder an Arbeitszeiten noch an Schlafgewohnheiten. Und das Rettungswesen basiere nun einmal zum überwiegenden Teil auf Menschen, die sich unentgeltlich in den Dienst der Gemeinschaft stellten. Dass dafür auch seitens der Wirtschaft ein großes Verständnis und ein hohes Maß an Entgegenkommen bestehe, erleichtere den Einsatzkräften ihr Engagement.