Vor 70 Jahren lehnte der Säckinger Kreisrat im November 1948 den Antrag ab, Rhina wieder aus der Stadt Laufenburg auszugemeinden. 15 Jahre nach dem Zusammenschluss mit Laufenburg hatten mehrere Rhinaer die Wiederherstellung der Eigenständigkeit ihrer Gemeinde verlangt. Ein besonderes Ärgernis stellte für sie dar, dass ihre erst 1926 erbaute Schule geschlossen worden war, und die Kinder zu Fuß zum Unterricht nach Laufenburg mussten.
Im November 1833 war Rhina mit seinen 272 Einwohnern vom Gemeindeverbund Murg getrennt und eine selbstständige Gemeinde geworden. Genau hundert Jahre danach – am 8. November 1933 – vereinigte die badische Staatsregierung in Karlsruhe das steuerkräftige Rhina mit seinem Industriegebiet mit der benachbarten Stadt Laufenburg, aus den rund 600 Rhinaer Bürgern wurden Laufenburger.

Längere Wege zur Schule
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die örtliche Volksschule geschlossen, die Buben und Mädchen mussten eineinhalb Kilometer zu Fuß in die Hans-Thoma-Schule laufen, hin und zurück. 1946 hatte es deswegen sogar einen Streik der Schüler aus Rhina gegeben, um die Wiedereröffnung der eigenen Schule zu erreichen.
Was geschah nun im Herbst 1948? In seinem Festvortrag zur 700-Jahr-Feier von Rhina 1981 führte der damalige Stadtarchivar Theo Nawrath aus. „Eine Gruppe entschlossener Jungmänner – unter ihnen auch ein junger Hilfsratsschreiber – nämlich der spätere Laufenburger Ratsschreiber Georg, genannt Schorsch, Gerteis – entwarfen eine Denkschrift mit dem Ziele, wenigstens die Rückgabe des Schulhauses – hier hatte der Kreis Säckingen seine Landwirtschaftsschule – und damit die Ausschulung aus Laufenburg zu erwirken.“
Andere gingen weiter und forderten ein „freies Rhina“ durch die Ausgemeindung von Laufenburg und damit eine Wiedergutmachung für ein Unrecht, das ihnen die Nazis zugefügt hätten. Dabei hatte Bürgermeister Alois Häffner den Antrag auf Zusammenlegung schon 1932 gestellt, er war auch schon in Karlsruhe beschlossen worden, bevor ihn die Nazis vollzogen.

Wie auch immer, am 28. Dezember 1948 schickte der Lörracher Rechtsanwalt Schlosser im Auftrag einiger Rhinaer Männer einen Antrag an die badische Staatsregierung in Freiburg, wieder eine selbstständige Gemeinde Rhina zu bilden.
Am 21. Oktober musste auf höhere Veranlassung aus Freiburg der Laufenburger Gemeinderat sich damit in einer nicht-öffentlichen Sitzung beschäftigen, Bürgermeister Ulrich Eggemann und sechs Gemeinderäte. Die vier Laufenburger Räte stimmten gegen den Antrag, die drei Rhinaer votierten so: Eduard Zimmermann und Otto Weber waren dafür, Alois Brenner enthielt sich.
Man war sich aber einig, die ersten vier Schuljährgänge wieder im Ort zu unterrichten und Mittel für den Bau einer Kapelle bereitzustellen.
Mit Holzvergaser zum Kreisrat
Unsere Zeitung berichtete am 9. November 1948 von einer Kreisversammlung in Görwihl unter der Leitung von Landrat Oswald, zu der alle fünfzehn Kreisräte erschienen waren. Wie sind die damals dorthin gekommen? Zu Fuß oder mit dem Fahrrad, denn in der damaligen Notzeit hatte vermutlich nur der Landrat ein Auto, das mit einem Holzvergaser angetrieben wurde.
Es wurde lang und breit diskutiert. Landwirtschaftsrat Schwär war bereit, einen Schulsaal für die Volksschule zur Verfügung zu stellen. Bürgermeister Eggemann stellte einen Kapellenbau in Aussicht.
Ausgemeindung wird abgelehnt
Mit 13:1 wurde dann vom Kreistag die Ausgemeindung abgelehnt. In unserer Zeitung war zu lesen: “Landrat Oßwald schloß mit dem Appell an die Gemeinde Laufenburg, soweit es die Verhältnisse erlauben, den Ansprüchen Rhinas entgegenzukommen, damit gegenseitiges Vertrauen entsteht und alle Bürger Laufenburgs sich zu einem gemeinsamen Gemeinwesen zusammenfinden.“ Der Laufenburger Kreisrat Waßmer warb für Verständigungsbereitschaft beider Seiten: "Unnötige Hetzereien sollen unterlassen werden."
Sichtbarer Ausdruck des Eigenbewusstseins
Wenige Jahre später hat das Rhinaer Eigenbewusstsein seinen sichtbaren Ausdruck gefunden in dem Bau der Marienkirche, der 1955 abgeschlossen war und ein Jahr danach am Rosenkranzfest durch den Missionsbischof Augustin Olbert geweiht wurde. Vorher musste sich noch einiges verändern, denn Rhina gehörte seit jeher zur katholischen Pfarrei Murg, es besaß weder eine Kapelle noch einen Friedhof.

Am 1. April 1952 wurden die rund 450 Rhinaer Katholiken nach Laufenburg "umgepfarrt" und bereits ein Jahr später konnte man den Grundstein für die Filialkirche der Heilig-Geist-Kirche legen. Für den Bau ihrer Marienkirche mit dem freistehenden Turm und für deren Ausstattung haben alle Einwohner von Rhina unglaublich stark gespendet.
Bemühungen weitestgehend vergessen
In der Bevölkerung ist die Tatsache, dass vor 70 Jahren einige Rhinaer versucht haben, ihren Stadtteil wieder von Laufenburg zu lösen, heutzutage weitgehend vergessen. Zudem sind alle Zeitzeugen mittlerweile gestorben.